Albstadt hat sein Soll in Sachen Solar bereits erfüllt. Beziehungsweise wird sein Soll erfüllen, sobald der geplante Solarpark in Lautlingen (Lautlingen Süd und Lautlingen) seinen Betrieb aufnimmt und somit erneuerbare Energie liefert. Auf einer Fläche von 28,45 Hektar werden Solarpanele die Kraft der Sonne in Strom umwandeln – das sind mehr als die 27 Hektar, die Albstadt laut Berechnung des Regionalverbands Neckar-Alb für erneuerbare Energien bereitstellen muss.
Doch die Suche nach geeigneten Flächen für erneuerbare Energien geht weiter. Zwei Prozent der Fläche in der Region Neckar-Alb müssen laut Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg für Solar- und Windenergie gesichert werden – in den Landkreisen Reutlingen, Tübingen und Zollernalbkreis bedeutet das insgesamt mindestens 4500 Hektar für Windenergieanlagen und mindestens 500 Hektar für Freiflächensolaranlagen (FF-PVA).
Suchraumkarten zeigen potenzielle Flächen
Konflikte sind dabei vorprogrammiert. Agrarwirtschaft, Landschafts- und Naturschutzgebiete müssen sich die raren Flächen teilen, ganz abgesehen von Siedlungsflächen und kulturellen Denkmalen. „Ich bin auch nicht glücklich über diese Vorgaben, aber wir müssen sie eben einhalten“, sagte Oberbürgermeister Klaus Konzelmann am Dienstagabend im Technischen- und Umwelt-Ausschuss. Dort stellte Axel Mayer, Leiter des Stadtplanungsamts, die neuen Suchraumkarten des Regionalverbands Neckar-Alb vor; sowohl für Freiflächen-Photovoltaikanlagen als auch für Windenergie.
Mayer weiß: Diese Themen werden oft emotional diskutiert. Ihm war daher wichtig: „Die Suchraumkarten zeigen nur, wo Flächen potenziell für Solar- oder Windkraft genutzt werden können.“ Das bedeute nicht, dass auf allen Flächen Panele oder Windräder aufgestellt werden – im Gegenteil: Aktuell sind auf 11,5 Prozent der 13 442 Hektar Fläche Albstadts erneuerbare Energien möglich, nur auf 0,2 Prozent müsste Albstadt seinen Anteil liefern (was allein durch den Solarpark in Lautlingen abgedeckt ist). „Die potenziellen Flächen werden im Laufe der Untersuchungen immer kleiner, weil Flächen aus unterschiedlichen Gründen ausgeschlossen werden.“
Alle Stadtteile im Überblick
Ausschlusskriterien gibt es zahlreich. In der Nähe von Wohngebieten, auf hochwertigen Ackerböden, in der Nähe von Kulturdenkmalen und nahe von Waldflächen sind PV-Anlagen im Freien und Windräder ausgeschlossen. „In Albstadt haben wir große Landschaftsschutzgebiete“, betonte Mayer. Ebenso werden viele Böden für die Landwirtschaft genutzt. „Agri-PV-Anlagen, also Photovoltaikanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen, könnten daher eher ein großes Thema in Albstadt sein.“
Alex Mayer gab anschließend noch eine Übersicht über die einzelnen Stadtteile:
- Burgfelden, Solarenergie: Im Osten Burgfeldens beim Eschenbach wären Flächen „grundsätzlich vorstellbar“, so Mayer. Allerdings sind viele Bereiche als Landschaftsschutzgebiet gekennzeichnet oder werden in der Landwirtschaft genutzt. Windenergie: Ein kleiner Bereich Richtung Pfeffingen wäre vorstellbar, jedoch werden auf diesen Flächen viele Arten geschützt.
- Ebingen: Sowohl für Solar- als auch für Windkraft gibt es kaum zusammenhängende Flächen. Selbst bei den auf den Karten aktuell als möglich ausgezeichneten Bereichen ist laut Axel Mayer die militärische Nutzung nicht berücksichtigt – diese verhindert sehr sicher eine Ansiedlung von Solarpanelen und Windrädern für erneuerbarer Energie.
- Laufen, Solarenergie: In den Randbereichen des Stadtteils sind Flächen für erneuerbare Energien vorstellbar. Windenergie: „Richtung Tieringen gibt es Flächen“, sagte Mayer. „Aber diese liegen hoch am Hang und wären nach Süden ausgerichtet – und hätten damit erhebliche Auswirkungen auf das Siedlungsgebiet.“ Weil zudem der geologische Untergrund, teilweise brauner Jura, nicht berücksichtigt ist, hält Mayer diese Fläche für nicht geeignet.
- Lautlingen, Solarenergie: Im Süden Lautlingens, im Bereich Oberer Berg, sind Flächen für Freiflächen-Photovoltaikanlagen möglich. Auch im Norden des Stadtteils sind Flächen in der Suchraumkarte ausgeschrieben. Windenergie: Kleine Flächen sind möglich, jedoch kaum wahrscheinlich.
- Margrethausen, Solarenergie: Das Kugelbergle ist eine der möglichen Flächen, jedoch wäre hier der Vogelschutz zu beachten. Ebenso, dass das Kugelbergle relativ nah am Ort und somit nah an den Bürgerinnen und Bürgern liegt. Windenergie: Windräder in Margrethausen? Unwahrscheinlich; nicht einmal in diesem Stadium der Planung sind Flächen ausgezeichnet.
- Onstmettingen, Solarenergie: In Onstmettingen zeigt sich besonders, was auf ganz Albstädter Gemarkung zutrifft. Es sind zwar einige Flächen für PV-Anlagen im Freien vorstellbar, doch die meisten davon werden aktuell landwirtschaftlich genutzt. Daher müsste man eine Kombination schaffen oder einen Kompromiss finden. „Es gab bereits in Vergangenheit Anfragen für Flächen auf dem Heuberg und beim Zitterhof“, sagt Mayer. Und: Die Traufgänge als hochwertige Wanderwege und touristisches Aushängeschild sind kaum mit PV-Anlagen vereinbar. „Ob man da in der Planung überhaupt weitergeht, ist fraglich“, sagt Mayer. Windenergie: Auch für Windräder ist Onstmettingen interessant, gerade im Osten besteht eine große zusammenhängende Fläche auf guter Höhenlage. Die Ausrichtung gen Osten ist positiv, das Siedlungsgebiet wäre kaum vom Windrad gestört. Das große Aber: Die Fläche liegt teilweise im geschützten 7,5-Kilometer-Radius rund um ein Kulturdenkmal, die Burg Hohenzollern. „Das schließt eine Nutzung für Windkraft nicht gänzlich aus, erfordert aber eine detailliertere Prüfung“, sagt Mayer.
- Tailfingen, Solarenergie: Der Bereich Schafbühl könnte für Freiflächen-Photovoltaikanlagen interessant sein. Doch auch hier gelten die meisten Bereiche als „Vorranggebiet für Landwirtschaft“. Windenergie: Im Südosten gibt es potenzielle Flächen, allerdings liegen diese nahe beim Flugplatz in Truchtelfingen.
- Truchtelfingen, Solarenergie: Unterhalb des Flugplatzes wären Agri-PV-Anlagen vorstellbar. Windenergie: „Ein Flugplatz und Windräder vertragen sich nicht unbedingt“, sagte Axel Mayer und sorgte damit für zustimmendes Gelächter im Ausschuss. Die Wahrscheinlichkeit für Windkraft in Truchtelfingen ist gering.
Axel Mayer betonte zudem, dass die Stadt ihre Flachlandmähwiesen besonders schützen möchte. „Diese sind einzigartig, artenreich und typisch für die Alb“, betonte der Amtsleiter. Erste konkrete Flächenkulissen sollen laut Vorgabe des Landes Ende 2023 vorliegen und die Verfahren bis Ende 2025 abgeschlossen werden. Die Suchraumkarten werden nun immer konkreter bearbeitet, indem Flächen ausgeschlossen werden. In Albstadt wird das Stadtplanungsamt die Suchraumkarten weiterhin in den Ortschaftsratssitzungen und im Gemeinderat vorstellen und die Anregungen und Meinungen aus den Gremien aufnehmen.
Info Welche Flächen unter welche Kategorie fallen, ist für die Region Neckar-Alb unter suchraumkarte-solar.de sowie unter suchraumkarte-wind.de einsehbar. Auch Bürgerinnen und Bürger können ihre Meinung bis zum 22. Mai bei der informellen Beteiligung äußern: www.rvna.de/Startseite/Regionalplanung/informelle+beteiligung.html
Investoren unerwünscht? Gremium äußert Kritik
Die Suchraumkarten für Solar- und Windenergie in Albstadt waren für den Technischen und Umweltausschuss lediglich zur Kenntnis zu nehmen. Die Verwaltung hatte zudem vorgesehen, dass sie mit Investoren, die Interesse an Freiflächen-Photovoltaikanlagen zeigen, Kontakt aufnehmen darf. Das kam beim Gremium jedoch nicht gut an: Sowohl Jürgen Kiefer (Grüne), Thilo Fritzenschaf (WSA), Friedrich Pommerencke (CDU) und Martin Frohme (SPD) äußerten Bedenken. Ihr Gegenvorschlag: Die Stadt soll vorrangig mit den Albstadtwerken und mit Bürgerenergiegesellschaften verhandeln. Wenn man schon Flächen hergebe, soll der Ertrag auch in der eigenen Stadt bleiben. Die Stadtverwaltung wurde damit beauftragt, eigene Betreibermodelle zu entwickeln und wird diese dem Gemeinderat vorstellen.
Erste Untersuchung – keine konkreten Pläne
Weil die Themen PV-Anlagen und Windräder häufig für emotional geführte Diskussionen und teils für Befürchtungen in der Bürgerschaft führen, ist an dieser Stelle noch einmal wichtig: Die Suchraumkarten stellen den ersten Schritt auf dem Weg zur Identifizierung geeigneter Flächen für Windenergie- und Solarenergie-Gebiete dar – sie zeigen noch keine konkreten Flächen auf, sondern stellen die Gebiete in der Region dar, in denen derzeit keine harten Ausschlussgründe bekannt sind und damit derzeit nichts vorliegt, was grundsätzlich gegen eine Festlegung von Flächen im Regionalplan spricht. Der Gemeinderat der Stadt Albstadt hat mehrfach die Möglichkeit, in die Planungen einzuwirken. Ohne Aufstellungsbeschluss und Bebauungsplan werden keine Freiflächen-Photovoltaikanlagen oder Windräder aufgestellt.