Es sollte ein Abend mit viel Tanzen, Spaß und unter guten Freunden werden. Letztendlich endete das Ringtreffen der Narrenzunft Horig in Gammertingen für zahlreiche Besucherinnen und Besucher im Erste-Hilfe-Zelt des Deutschen Roten Kreuzes und im Krankenhaus. Der Grund: Ihnen wurden K.-o.-Tropfen verabreicht – so zumindest die Vermutung. Eine 26-jährige Betroffene war vor wenigen Tagen mit ihrer Geschichte des Abends an die Presse gegangen. Sie war bereits die Zweite, die den Verdacht eines Blackouts äußerte, denn vor ihr meldete bereits eine 59-Jährige den Vorfall.

Ko Tropfen in Gammertingen: Drei Anzeigen wegen versuchter Körperverletzung

„Inzwischen hat sich eine dritte Person gemeldet“, meldet der Pressesprecher der Polizei Ravensburg Christian Sugg gegenüber unserer Zeitung. Insgesamt wurden deshalb im Zuge dieses Abends drei Anzeigen „wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung eingereicht.“
Der Zunftmeister der Narrenzunft Horig, Harry Vojta, hat inzwischen mit allen Betroffenen gesprochen, die sich bei ihm gemeldet haben, und ihnen sein Bedauern ausgedrückt. „Alle Beteiligten sind sich einig, dass solche Straftaten überhaupt nicht toleriert werden dürfen und zukünftig präventiv absolut vermieden werden müssen“, sagt er auf Nachfrage der SÜDWEST PRESSE Zollernalbkreis. Weitere Auskünfte konnte der Zunftmeister aufgrund laufender Ermittlungen nicht geben.
Der Vorfall in Gammertingen ist kein Einzelfall. Immer wieder kommt es in ganz Deutschland zu sogenannten Blackout-Vorfällen, bei denen Party-Gästen ohne ihr Wissen K.-o.-Tropfen verabreicht werden. Speziell zur Fasnetszeit warnen die Beamten davor. „Besondere Vorsicht ist beim Feiern in Bars oder Diskotheken geboten, denn immer häufiger werden Feiernden sogenannte K.-o.-Tropfen ins Glas gemischt“, heißt es vonseiten der Präventionsabteilung der Polizei. Die Polizei Ravensburg ist deshalb vor den Fasnetsfeiertagen in Austausch mit den Landkreisen – auch um generelle Sicherheitskonzepte zu erarbeiten. „Wir schauen uns die Örtlichkeiten an und passen entsprechend unsere Präsenz an“, sagt Sugg.

K.o.-Tropfen: Welche Symptome gibt es?

Denn die große Gefahr bei K.-o.-Tropfen ist, dass niemand ihre Einnahme merkt. Die Tropfen sind farb- und geruchslos und daher nicht herauszuschmecken. Schon kleine Mengen reichen hier aus, um zu wirken. Schnell seien diese, nach Auskunft von Pressesprecher Sugg, in ein Glas gegeben. Rund 20 Minuten dauere es dann im Durchschnitt, bis die Opfer erste Reaktionen in Form von Übelkeit, Schwindel und plötzlicher Schläfrigkeit empfinden und somit zum leichten Opfer werden – vor allem für Sexualtäter.

Ko-Tropfen in Gammertingen: Amphetamine im Blut festgestellt

Der Vorfall der Betroffenen in Gammertingen ist vergleichsweise glimpflich ausgegangen. Alle haben Hilfe im Versorgungszelt des Deutschen Roten Kreuzes vor Ort bekommen, das 26-jährige Opfer wurde zur weiteren Behandlung ins Krankenhaus gefahren, bei ihr konnten per Blut- und Urintest Amphetamine festgestellt werden. Ein anwesender Arzt vermutet die Droge Crystal Meth.
Darüber hinaus wurde bei der 26-Jährigen ein Blutalkoholwert von 1,4 Promille gemessen. Warum er so hoch war, kann sie sich nicht erklären. Nach einem ersten schwach gemixten Getränk bestellte sie sich an dem Abend nur ein zweites. Danach hat sie eine Gedächtnislücke, ist erst im Krankenhaus wieder zu sich gekommen. Unterwegs war sie an dem Abend mit ihrem Bruder und weiteren Freunden. Auch den Barkeeper kannte sie, weshalb sie nicht vermutet, dass ihr etwas ins Glas gemischt wurde.

K.o.-Tropfen nachweisen ist sehr schwer

Ob bei den übrigen Betroffenen K.-o.-Tropfen im Spiel waren, kann die Polizei derweil nicht bestätigen. „Die Tropfen sind insgesamt sehr schlecht nachweisbar“, sagt Sugg. Oftmals sei auch nur viel Alkohol im Spiel. Das bestätigt auch das Zollernalb Klinikum. Etwa einmal im Monat führen Ärzte dort bei Personen Tests auf K.-o.-Tropfen durch. „Die toxikologische Untersuchung ist aufwändig, sensitiv und sehr spezifisch. Dennoch gelingt ein Nachweis nur dann, wenn die Probe rechtzeitig entnommen wird, weil die Substanzen relativ schnell (…) wieder aus dem Blutkreislauf eliminiert werden“, heißt es von der Pressestelle.

Test auf K.o.-Tropfen gibt es nur teilweise

Per Drogen-Screening „können unter anderem Benzodiazepine, Opioide und Barbiturate nachgewiesen werden, K.-o.-Tropfen im engeren Sinne jedoch nicht“, heißt es weiter. Ein spezifischer Test für die K.o.-Substanzen gamma-Hydroxy-Butyrat (GHB) und gamma-Butyrolacton (GBL) sei nicht verfügbar.
Seit einigen Jahren gibt es dafür bei Apotheken, Drogerien und im Internet Armbänder, die GHB-Tropfen erkennen sollen. Dabei träufeln Partygäste einfach eine kleine Menge ihres Getränks auf das Armband, das sich daraufhin verfärbt. Experten und Toxikologen warnen jedoch vor dem Gebrauch solcher Tests, da sie nicht immer zuverlässig sind.
Deshalb rät die Polizei dazu, schon vorher entsprechende Maßnahmen zu beachten, um die Gefahr für K.-o.-Tropfen möglichst zu minimieren. Konkret rät sie folgendes:
  • Die wichtigste Regel dabei ist, keine Getränke von Unbekannten anzunehmen.
  • Im besten Fall sollten Partygäste immer selbst das Getränkt beim Barkeeper bestellen und es nicht aus den Augen lassen.
  • Bei einem aufkommenden Unwohlsein rät die Polizei, sich an Freunde, Bekannte oder Servicepersonal zu wenden.

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Stunden beträgt die Nachweisdauer von K.-o.-Tropfen im Blut. 12 Stunden sind es im Urin. Entsprechend schnell muss ein Drogentest erfolgen. Dieser wird entweder im Krankenhaus oder von der Polizei durchgeführt.