Untereichen: Ein beschauliches Dorf mit 600 Einwohnern im südlichen Landkreis Neu-Ulm in Bayerisch-Schwaben. Das Örtchen gehört zur Gemeinde Altenstadt und ist seit gut zwei Wochen in heller Aufregung. Denn dort hat sich ein Doppelmord zugetragen. Und nun wird dazu auch in Albstadt ermittelt.
Doch der Reihe nach. Am Samstag, 22. April, werden in dem Dorf die Leichen einer 55-jährigen Frau und eines 70-jährigen Mannes gefunden. Angehörige hatten zuvor erfolglos versucht, das Ehepaar zu erreichen, dann im Wohnhaus nachgeschaut und den grausigen Fund gemacht.
Die Kripo Neu-Ulm und die Staatsanwaltschaft Memmingen übernehmen die Ermittlungen. Am Montag fährt ein weißer Transporter der Spurensicherung vor das Haus. Männer in Schutzanzügen tragen große Metallkoffer hinein. Beamte laufen am Mühlbach entlang und suchen nach Spuren; ein paar hundert Meter weiter ist auch eine Tauchergruppe vor Ort. Gesucht wird nach Beweisen oder einer möglichen Tatwaffe.
Wenig später fahren Einsatzfahrzeuge zum mutmaßlichen Tatort, ein gepflegt wirkendes Haus in einer ruhigen Gegend. Auch Hundeführer mit Hunden sind in der Nähe unterwegs. Die Polizei ermittelt auch im familiären Umfeld der Toten: Beamtinnen und Beamten gehen von Haus zu Haus, um Nachbarn zu befragen. Mehr als 50 Polizistinnen und Polizisten sind im Einsatz.
Zwei Thesen zum Doppelmord von Altenstadt
Mit Unterstützung eines Rechtsmediziners der Uni Ulm gehen die Ermittler rasch von einem Tötungsdelikt aus. Zu dem Zeitpunkt gibt es zwei Thesen. Erstens, dass der oder die Täter aus dem sozialen Nahfeld des Ehepaares stammen. Zweitens, dass ein unbekannter Dritter sich Zugang zum Wohnhaus verschafft hat – trotz der fehlenden Einbruchsspuren. Auch digitale Spurenträger, etwa Smartphones, werden ausgewertet.
Die Ermittler rufen die „Soko Mühlbach“ ins Leben, die am 28. April erste Ermittlungsergebnisse präsentiert. Sie schließen jetzt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus, dass das getötete Ehepaar einen Einbrecher auf frischer Tat ertappt hat und das Geschehen in der Folge eskalierte. Die Soko hat 42 Vernehmungen durchgeführt, rund 130 Ermittlungsspuren bearbeitet und etwa 180 Asservate sichergestellt und bereits teils ausgewertet.
Verhältnisse und Lebensumstände rund um das getötete Ehepaar werden beleuchtet. Soko und Staatsanwaltschaft Memmingen ermitteln Personen aus dem sozialen Umfeld der Getöteten sowohl aus der Gegenwart als auch aus der Vergangenheit, die Motive für die Tat haben können.
Ein „blutiger Tatort“
Der Plan des Täters oder der Täter, das Geschehen wie einen erweiterten Suizid aussehen zu lassen, ging demnach nicht auf. Da es sich um einen „blutigen Tatort“ handelt, haben die Ermittler mit Unterstützung der Bereitschaftspolizei weitere Absuchen in einem entsprechend großen Radius um den Tatort vorgenommen. Unter anderem standen mögliche Fahrtstrecken potenzieller Täter zum Objekt und von diesem wieder weg im Fokus. Details zum konkreten Tatablauf können zu dem Zeitpunkt noch immer nicht bekannt gegeben werden, sagt Kriminaloberrat Robert Graf, Leiter der Soko.
Nun haben die Ermittlungen einen noch größeren Radius erhalten. Das Polizeipräsidium Reutlingen teilt auf Anfrage mit: „Aktuell sind in diesem Fall auch Überprüfungen in Albstadt notwendig.“ Die beiden Orte liegen gut 100 Kilometer – mehr als eineinhalb Autostunden über Landstraßen – voneinander entfernt. Details zu den Ermittlungen im Zollernalbkreis kommunizieren die Behörden nicht. Oberstaatsanwalt Thorsten Thamm, Sprecher der Staatsanwaltschaft Memmingen, sagt, er wolle „aus ermittlungstaktischen Gründen“ Angaben weder bestätigen noch dementieren.
Holger Stabik vom Polizeipräsidium Schwaben Süd/West bestätigt, dass im Rahmen der Ermittlungen der Soko „Überprüfungen in Albstadt notwendig geworden sind“. Mehr als das „können, wollen und sollen wir nicht sagen“.