Januar und Februar haben Hollywood in diesem Jahr das Fürchten gelehrt. Natürlich geht es um Geld. In dem Fall: um zu wenig Geld. Denn seit Weihnachten haben fast alle potenziellen Kassenhits deutlich weniger als erhofft eingespielt. Die drei erstaunlichsten Beispiele: Das „Lego Movie“ hat in den USA vor fünf Jahren 258 Millionen Dollar eingenommen – „Lego Movie 2“ schafft es jetzt gerade über die 100-Millionen-Marke. M. Night Shyamalans Horrorhit „Split“ spielte vor zwei Jahren 138 Millionen ein, von der Fortsetzung „Glass“ wurde allemal mehr erwartet; nun sind es 111 Millionen geworden. Selbst der dritte Teil der von Groß und Klein geliebten Serie „Drachenzähmen leicht gemacht“ bleibt in Amerika unter den Vorgängern.

Sehr gut, aber kein Hit

Branchenkenner blicken daher mit Sorge auf den Blockbuster-­Sommer, der mittlerweile ja bereits im März beginnt. Denn wenn Fortsetzungen kommerziell enttäuschen, lag das bislang meist an der mäßigen Qualität und der schlechten Mund-zu-Mund-Werbung. Fast alle Zuschauer aber finden „Lego Movie 2“ ziemlich gut, und das US-­Kritiker-Baro­meter „Rotten Tomatoes“ verzeichnet 86 Prozent positive Besprechungen. Der dritte „Drachenzähmen“-Film wird sogar von 91 Prozent der Kritiker und sehr vielen Zuschauern als toller Abschluss der Trilogie gerühmt. Gewiss spielt die quantitative und qualitative Offensive der Streaming-Dienste Netflix, Amazon Prima & Co. eine Rolle: Die Menschen können auf ihrem Sofa so viel gute Filme und Serien sehen, dass sie sich immer weniger zum Kinobesuch aufraffen. So genannte Event-Filme sollten aber die Ausnahme sein und trotz Konkurrenz von Netflix die Massen anziehen. Doch als echtes Kino-Ereignis werden offenbar nur noch wenige Streifen wahrgenommen. Denn der Markt wird mit immer mehr vom immer gleichen übersättigt. Was hat zum Beispiel das Warner-Studio mit seinem Lego-Film­universum angerichtet? Das erste „Lego Movie“ war ein Hit: ein geistreicher Spaß mit Tempo und Herz. „Lego Movie 2“ ist nun keine lieblose Fortsetzung aus dem Baukasten geworden – doch in der Zwischenzeit hat Warner eben auch ein „Lego Batman Movie“ und ein „Lego Ninjago Movie“ herausgebracht, dazu etliche Video-Produktionen. Das Erfrischende, das Besondere des Konzepts ist verschwunden. Originalität gilt in Hollywood als riskant. Doch wer nur auf Nummer sicher setzt und das am laufenden Band, sollte sich nicht wundern, wenn das Publikum irgendwann gleichgültig wird. Der erste Lego-Film war ja originell, umso ärgerlicher, wie schnell der Kredit verspielt wurde.
Disney hat es sogar geschafft, der größten Filmmarke der Welt viel von ihrem Zauber zu nehmen: „Star Wars“. Seit der Maus-­Konzern Lucasfilm gekauft hat, entstanden eben nicht nicht nur „Episode VII“ (2015) und „Episode VIII“ (2017), sondern auch die Einzelfilme „Rogue One“ (2016) und „Solo“ (2018). Bei „Solo“ geschah das bislang bei „Star Wars“ Undenkbare: Der Film war kein Hit. Weltweit nahm er 393 Millionen Dollar ein. Das klingt zwar auch nach viel Geld, aber zum Vergleich: „Episode VII“ machte mehr als zwei Milliarden! Nun kann man sich viele Gründe dafür denken: Negativ-PR durch die krisengeschüttelte Produktion von „Solo“, eine uninspirierte Werbestrategie und etliche von „Episode VIII“ enttäuschte Fans. Aber: Früher lagen eben stets drei Jahre zwischen Star-Wars-­Abenteuern (und zwischendurch auch mal mehr als ein Jahrzehnt), nun gibt es jedes Jahr einen Film. Konkret lagen zwischen „Episode VIII“ und „Solo“ sogar nur fünf Monate. Und so ist „Star Wars“ jetzt Alltag statt Event.

Kein schlauer Kurs

Wahrscheinlich wird „Star Wars: Episode IX“ an Weihnachten trotz allem ein Mega-­Blockbuster, denn damit wird die Skywalker-Saga zu Ende erzählt. Aber ob die Disney-Strategen darüber hinaus einen schlauen Kurs mit ihren Strernenkriegern fahren? Derzeit lassen sie zwei neue Star-Wars-Kino-Trilogien und mindestens zwei Star-Wars-­TV-Serien entwickeln. Ob auch der zweite Film-Kosmos im Disney-Portfolio bald an Übersättigung leiden wird? Bislang zeigt das „Marvel Cinematic Universe“ (MCU) mit seinen Comic-Adaptionen keine Schwäche. Seit „Iron Man“ (2008) sind es 21 Filme in elf Jahren, die weltweit unfassbare 18 Milliarden Dollar eingespielt haben. Der vor wenigen Wochen gestartete „Captain Marvel“ läuft hervorragend: der erste Blockbuster des Jahres, der die Erwartungen sogar übertrifft. Und wenn es am 24. April mit „Avengers: Endgame“ zum erneuten Mega-Showdown im Marvel-Universum kommt, dürften Kassen-Rekorde gebrochen werden. Mit „Spider-Man: Far From Home“ beginnt dann im Juli die „Phase vier“ des MCU.

„Avengers: Endgame“

Ob sie irgendwann dann doch kommt, die Superhelden-Müdigkeit? Um bei Disney zu bleiben: Das Studio produziert seit einigen Jahren Realfilm-Versionen seiner Animationsklassiker. Doch jetzt kommen in fünf Monaten gleich drei solcher Neu-Verfilmungen heraus: „Dumbo“ (28. März), „Aladdin“ (23. Mai) und „Der König der Löwen“ (18. Juli). Die Regisseure – Tim Burton, Guy Ritchie und Jon Favreau – sind namhafte Könner, aber dennoch stellt sich die Frage: Ist das nicht zu viel?

Der König der Löwen

Auch das Animationsstudio Pixar gehört längst zu Disney. Im August kommt mit „Toy Story 4 – Alles hört auf kein Kommando“ eine Fortsetzung auf den Markt, die Fans mit Bauchschmerzen erwarten. Denn mit „Toy Story 3“ wurde die Geschichte um die lebendigen Spielzeuge vor neun Jahren absolut wundervoll zu Ende erzählt. Was soll auf dieses Meisterwerk folgen?

„Toy Story 4 – Alles hört auf kein Kommando“

Ob sich die Fans der „Eiskönigin“ fragen, wie Geschichte weitergeht? Auch der Animationsfilm – natürlich von Disney – hatte eine auserzählte Story. Aber da er vor gut fünf Jahren ein solcher Monsterhit war, passiert das Unvermeidliche: Im November kommt „Die Eiskönigin 2“.

Noch viele weitere Sequels

Die oben genannten Filme sind nur ein paar der zahlreichen aufwendigen Fortsetzungen und Neuauflagen, die in diesem Jahr ins Kino kommen. So wird Keanu Reeves in „John Wick: Chapter 3“ (17.5.) wieder zulangen, und die berühmteste japanische Leinwand-Kreatur bekommt in „Godzilla 2: King of Monsters“ (30.5.) Gesellschaft; dieser Film ist zugleich eine Fortsetzung von „Kong: Skull Island“.
Es folgen Streifen wie „X-Men: Dark Phoenix“ (7.6.), „Pets 2“ (7.6.) und  „Men in Black ­International“ (14.6.). Horrorfans sind gespannt auf „Es: Kapitel 2“ (5.9.), und Sylvester Stallone lässt mit mittlerweile 72 Jahren in „Rambo V“ (19.9.) ein weiteres Mal die Fäuste spielen.
In Sachen Terminator wird mit „Dark Fate“ (Oktober) ein neuer Anlauf gestartet, sogar wieder mit den beiden Original-Stars Arnold Schwarzenegger und Linda Hamilton. Es folgt eine Neuauflage der „Addams Family“ (Oktober), und der berühmteste Batman-­Schurke darf in „Joker“ (Oktober) wieder faszinierend böse sein, diesmal verkörpert von Joaquin Phoenix. Im Dezember gibt es dann nicht nur „Star Wars: Episode IX“, sondern auch „Jumanji: Willkommen im Dschungel 2“.