In Deutschland kennt man den Namen Dag Wirén kaum, das nach ihm benannte Wirén Quartet (original: Wirénkvartetten) noch gar nicht. Jetzt hat man eine tolle Gelegenheit, den in seiner Heimat Schweden angesagten Komponisten (1905–1986) und mit ihm das 1994 gegründete Ensemble (Roger Olsson und Hans Elvkull, Violine, Linn Elvkull, Viola, Hanna Thorell, Cello) kennen und lieben zu lernen. Auf ihrer De­büt-CD (Naxos) präsentieren sie Wiréns Streichquartette 2 bis 5 (Quartett Nr. 1 gilt als verschollen) – und sie tun das auf eine Art und Weise, die einfach nur begeistert. Die moderat-modernen und zumeist tonal empfundenen Quartette, zwischen 1935 und 1970 entstanden, erfinden das Rad nicht neu, machen aber so viel (Entdecker-)Freude, dass man die wunderbar warm klingende Scheibe gar nicht mehr aus dem Player nehmen möchte.

Frau Elvkull, was können Sie uns als Schwedin über Dag Wirén sagen?

Er ist bekannt für seine „Serenade für Streicher“, die Teil des schwedischen Musikvermächtnisses ist. Schon seit jungen Jahren spielen wir dieses Stück immer wieder. Wir alle musizieren im Swedish Chamber Orchestra in Örebro und weil Wirén in dieser Region geboren und aufgewachsen ist, wollten wir mehr über ihn erfahren. Seine herausfordernden Quartette, deren Themen immer sehr sorgfältig entwickelt werden, nehmen uns mit auf eine spannende Reise.

Was zeichnet Wiréns Musiksprache aus?

Sowohl in seinen frühen, vom Neoklassizismus geprägten und zumeist optimistisch klingenden Stücken, als auch in seiner späteren oft minimalistischen und eher introvertierten Musik findet man viel rhythmische Energie und eine wunderschöne tonale Komplexität. Seine Quartette bauen auf kleinen Themen auf, die sich über die gesamten Stücke hinweg entwickeln. Die Linien in den verschiedenen Teilen sind stark ausgeprägt und sehr individuell. Zusammen bilden sie ein anspruchsvolles, schönes und harmonisch raffiniertes Muster mit einer warmen menschlichen Stimme.

Wie entwickelt sich die Tonsprache vom zweiten zum fünften Quartett?

Das zweite Quartett beginnt mit „Thema und Variationen“. In dieser klassischen Form wurde Wirén von Bach und Mozart inspiriert. Er erforscht die Variationsform weiter und verwendet in seinem vierten Quartett, in dem man auch Jazz-Anklänge hört, das für ihn typische Prinzip der Metamorphose: Jeder Satz verarbeitet dasselbe Thema. Im fünften Quartett sind das Thema und seine Behandlung dann fast minimalistisch zu nennen.