Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer unterstützt die Forderung der Klimabewegung „Letzte Generation“ nach einem Gesellschaftsrat, der Konzepte für ein klimaneutrales Deutschland erarbeiten soll. „Ihr Anliegen, den Klimaschutz ernsthaft zu betreiben und die politischen Entscheidungen den physikalischen Notwendigkeiten anzupassen, teile ich“, schreibt Palmer in einem Post auf Facebook. „Daher unterstütze ich auch Ihren Vorschlag, eine Bürgerbeteiligung auf Bundesebene für ein Klimaschutzpaket mit dem Ziel der Klimaneutralität 2030 durchzuführen. Mir scheint dafür der im Koalitionsvertrag als Instrument genannten Bürgerrat das richtige Instrument zu sein“, heißt es weiter.
Letzte Generation spricht von „Meilenstein“
Die Klima-Aktivisten, deren umstrittene Klebe-Proteste immer wieder für heftige Diskussionen sorgen, verbuchen die Unterstützung Palmers als großen Erfolg. „Dass nach dem Oberbürgermeister Hannovers sich nun auch der Oberbürgermeister Tübingens öffentlich für einen Klima-Gesellschaftsrat ausspricht, ist ein großer Meilenstein für uns“, sagt Sprecherin Carla Rochel laut einer Mitteilung.
Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) hatte vor gut zwei Wochen mit der „Letzten Generation“ eine Kooperation vereinbart. Onay sandte einen offenen Brief an den Bundestag und bat darin die Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen, FDP, CDU und der Linkspartei, die klimaschutzpolitischen Forderungen der „Letzten Generation“ parlamentarisch zu beraten. Im Gegenzug sicherten die Klimaschützer der Stadt zu, sie würden „die zunächst ausgesetzten Proteste in Hannover vollständig einstellen“. Die Vereinbarung zwischen dem Oberbürgermeister und den Aktivisten stieß teilweise auf heftige Kritik, teilweise war von „Erpressung“ die Rede.
Palmer weist Vorwurf der „Erpressung“ zurück
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) lehnt ein Gespräch mit den Aktivisten der „Letzten Generation“ ab und nannte die Festklebe-Aktionen der Klimaaktivisten „höchst kritikwürdig“. Auch die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey lehnte einen Deal mit den Klimaschützern ab. „Wer meint, für mehr Klimaschutz einzutreten, indem er Bäume fällt, den Flugverkehr gefährdet oder wichtige Straßen durch Ankleben blockiert, ist für uns kein potenzieller Verhandlungspartner“, sagte Giffey dem Nachrichtenportal T-Online. In Ulm hatte das ignorierte Gesprächsangebot der Klima-Aktivisten ebenfalls für Diskussionen gesorgt.
Palmer hält von diesen Argumentationen wenig – auch vom Erpressungs-Vorwurf. „Ich bin nicht erpressbar und im Gespräch waren Blockaden kein Thema“, sagte er auf Anfrage der „Südwest Presse“. Es seien weder für das Gespräch noch im Gespräch Bedingungen genannt worden. Die Einwände, dass der geforderte „Gesellschaftsrat“ für den Klimaschutz demokratisch nicht legitimiert seien, gingen ins Leere: „Für mich kommt es darauf an, dass die Prinzipien des Parlamentarismus respektiert werden. Das bedeutet, dass Parlament und Regierung aus eigenem Entschluss einen solchen Rat einsetzen müssen und sich selbst verpflichten sollten, die Ergebnisse ernsthaft zu betrachten und in politische Beschlüsse zu übersetzen“, schreibt Palmer. Nach den Vorstellungen der „Letzten Generation“ soll ein solcher Gesellschaftsrat aus zufällig ausgelosten Menschen Maßnahmen erarbeiten, wie Deutschland bis 2030 kein klimaschädliches CO2 mehr ausstößt.
Letzte Generation fühlt sich bestätigt
„Das sind Erfolge unseres Protestes, denn dieser lenkt wie ein Brennglas die Aufmerksamkeit auf die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. Sie zeigen, dass der friedliche bestimmte Weg, den wir gewählt haben, der richtig ist. Wir rufen die Bundesregierung dazu auf, dem Beispiel der beiden Oberbürgermeister zu folgen und endlich mit Gesprächen zu beginnen“, sagte Letzte-Generation-Sprecherin Rochel weiter.
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