Bei einer Razzia im baden-württembergischen Boxberg (Main-Tauber-Kreis) wegen des Verdachts auf illegalen Waffenbesitz ist am Mittwoch ein Polizist angeschossen worden. Das betroffene Gebäude ist außerdem abgebrannt. Es gab mehrere Festnahmen. Laut mehreren Medienberichten geht es um eine Razzia bei „Reichsbürgern“ – dass es entsprechende Hinweise aus der Bevölkerung gebe, bestätigte der Heilbronner Polizeipräsident Hans Becker inzwischen.
Nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft wurden kurz nach der Durchsuchung durch das Sondereinsatzkommando (SEK) mehrere Menschen „widerstandslos und unverletzt“ festgenommen. Der Einsatz galt demnach einem Anwesen, auf dem ein Gebäude im Laufe des Einsatzes in Feuer geriet und abbrannte. Ein politischer Hintergrund sei „nicht ausgeschlossen“, erklärten die Ermittler.
Polizist wurde angeschossen und Gebäude ist abgebrannt
Wie die Behörden in Mosbach und Heilbronn weiter mitteilten, wurde bei dem Einsatz ein Polizist auf nicht näher genannte Art und Weise verletzt. Das Anwesen, das während des laufenden Einsatz in Flammen aufging, ließen die Einsatzkräfte demnach kontrolliert abbrennen. Wie das Feuer ausgelöst wurde, müsse zunächst ermittelt werden, hieß es. Löscharbeiten seien wegen möglicher akuter Gefährdungen nicht möglich gewesen. Polizei und Staatsanwaltschaft verwiesen unter anderem auf etwaige Munitionsbestände sowie freilaufende große Hunde.
Razzia wegen illegalen Waffenbesitzes in Boxberg
Der Einsatz galt den Angaben zufolge einem Anwesen im Boxberger Ortsteil Bobstadt, dessen Bewohner illegal Waffen besitzen soll. Aufgrund der Umstände waren Spezialkräfte der Polizei beteiligt. Zu Beginn der Razzia gegen sechs Uhr morgens seien „mehrere Schüsse auf die Einsatzkräfte abgegeben“ worden, hieß es in der Mitteilung zu dem Einsatz. Kurz darauf später seien dann „mehrere Personen“ festgenommen worden, die sich in dem Anwesen aufgehalten hätten.
Munitions- und Sprengstoffexperten des Landeskriminalamts sollten das betroffene Gebäude demnach „zeitnah“ durchsuchen, um weitere Ermittlungen zu ermöglichen. Weitere Details zum Einsatz und den Ermittlungen gegen den Besitzer teilten die Behörden unter Verweis auf „ermittlungstaktische Gründe“ zunächst noch nicht mit.
Strobl: Brutaler Schusswaffen-Angriff
Am Abend reagierte der Innenminister und Vize-Ministerpräsident Thomas Strobl (CDU) auf den Vorfall – und sprach von einem „massiven Schusswaffenangriff“ auf den Polizeibeamten. Es gebe Hinweise, dass der mutmaßliche Täter der Reichsbürgerszene nahestehe oder ihr angehöre. „Dieser brutale Schusswaffen-Angriff belegt, wie wichtig unser sehr konsequentes Vorgehen gegen jegliche Extremisten, darunter auch die Reichsbürger, in Sachen Schusswaffen ist“, sagte Strobl. „Wer unsere Regeln des Zusammenlebens derart verachtet und sich gegen den Staat militant auflehnt, muss mit aller Härte des Gesetzes zur Rechenschaft gezogen werden.“ Seit fünf Jahren gelte in Baden-Württemberg: Keine Waffen in Händen von Extremisten, diese Haltung werde konsequent „auch und gerade gegen sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter“ durchgesetzt.
3300 „Reichsbürger“ in Baden-Württemberg
Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, sagte: „Seit Jahren beschäftigt die Polizei die zunehmende Gefahr, die von ,Reichsbürgern’ ausgeht.“ Die Tötung eines SEK-Beamten 2016 in Bayern komme in Erinnerung und zeige, mit welchem Gefahrenpotenzial man zu rechnen habe. Immer da, wo Waffen im Spiel seien, müssten die Alarmglocken läuten.
Laut dem Verfassungsschutz gibt es etwa 3300 Personen in dieser Szene in Baden-Württemberg. „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ leugnen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und ihres Rechtssystems, sprechen Politikern und Staatsbediensteten die Legitimation ab und verstoßen immer wieder gegen Gesetze.