Nächster Halt: Stuttgart Schwabstraße. Ausstieg in Fahrtrichtung links. Diese Sätze hören Pendler jeden Tag, wenn sie mit der Stuttgarter S-Bahn unterwegs sind. Normalerweise kommt die Ansage vom Band, doch manchmal muss der Lokführer sie übernehmen. Einer der Stuttgarter S-Bahn-Fahrer wollte das kürzlich sogar unbedingt tun. Doch er sagte nicht nur die nächste Haltestelle an, sondern schimpfte auch über seinen Arbeitsplatz.
Über das Bordmikrofon beschwerte er sich lautstark und für alle Fahrgäste hörbar, dass er die S-Bahn nicht richtig beschleunigen könne. Doch er beließ es nicht dabei, sondern reagierte sich ab, indem er diverse Schimpfwörter und Kraftausdrücke losließ: Die fehlende Beschleunigung liege daran, „dass wir hier nur noch mit dem allerletzten Dreck rumfahren“. Die neuen Fahrzeuge der S-Bahn Stuttgart seien „einfach nur noch Schrott. Und mit diesem Scheiß hier dürfen wir rumfahren.“
🚝➡️ S-Bahn Stuttgart, Richtung Schwabstraße
— GeorgeOrwell3 (@george_orwell3) February 20, 2023
Deswegen sind zehn Minuten Verspätung bei der S2 normal geworden. Man müsse „mit dem allerletzten Dreck rumfahren“, und „neue Fahrzeuge sind nur noch Schrott“, gestand ein wagemutiger Lokführer in der Durchsage. 😅😂🤣 pic.twitter.com/gyf5Gh72jY
Das hat gesessen. Ein breites Publikum erreichte der Vorfall nur, weil ein Video davon in den sozialen Medien hochgeladen wurde. Auf Tik Tok wurde es schon 127.000 Mal geklickt, auf Twitter 6000 Mal.
Wobei sich die S-Bahn wohl kaum beleidigen ließ, sondern stur weiterfuhr, wenn auch mit einigen Mängeln. Doch die Deutsche Bahn fand den Wutausbruch des Lokführers gar nicht lustig. „Die Durchsagen des Lokführers überschreiten eindeutig eine Grenze. Wir arbeiten den Fall intern aktuell auf“, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit. Zu möglichen arbeitsrechtlichen Schritten äußerte sich die Bahn nicht.
Bahn gibt Probleme mit neuen S-Bahn-Wagen zu
Doch warum war der Lokführer so wütend? Schuld sind die neuen Fahrzeuge der S-Bahn Stuttgart, die Baureihe 430. Der Stuttgarter S-Bahn-Chef Dirk Rothenstein habe nach Angaben des Bahn-Sprechers schon eingestanden, dass die Fahrzeuge störanfällig sind. „Etwa ein Fünftel dieser Triebwagen stehen derzeit in der Werkstatt in Plochingen und können nicht eingesetzt werden. Für die Einschränkungen entschuldigen wir uns nochmals ausdrücklich bei unseren Fahrgästen.“
Doch auch für die Lokführer ist die Situation unbefriedigend. Die S-Bahn-Stuttgart habe für sie eine Hotline geschaltet, die rund um die Uhr besetzt sei. Die Experten würden am Telefon helfen, kurzfristige Störungen zu beheben. Lokführer würden in die Fehlerbeseitigung eingebunden.
Nach Angaben des Bahn-Sprechers sei unter anderem ein Software-Update nötig, um die Störungen zu beheben. Von den 58 bestellten Fahrzeugen des Herstellers Alstom seien bisher 47 ausgeliefert worden. In der S-Bahn-Werkstatt in Plochingen können Fahrzeugbauteile sowie technische Systeme korrigiert werden. Laut Bahn begleiten Mitarbeiter des Herstellers diesen Prozess während der Inbetriebnahme.
Linie S3 nach Backnang nur alle 30 Minuten
Für die Fahrgäste versucht die Bahn, die Folgen der Fahrzeugprobleme möglichst kleinzuhalten. Doch Fahrgäste zwischen Stuttgart und Backnang müssen derzeit länger auf die S-Bahn warten: Auf der Linie S3 wurde der Takt von 15 auf 30 Minuten ausgedünnt.