Die Funktions-Tasten F1 bis F12 sind auf Computer-Tastaturen Standard, mit ihrer Hilfe können Nutzer etwa Texte speichern (F12) oder löschen (F4). Für die Landesverwaltung gibt es nun eine neue Funktion, die zwar keine eigene Taste belegt, dafür aber alle anderen Funktionen in den Schatten stellt: Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) soll die Landesverwaltung modernisieren. Dazu hat das beim Staatsministerium angesiedelte Innovationslabor InnoLab_bw das Heidelberger Start-up-Unternehmen Aleph Alpha mit der Konzeption eines KI-Assistenzsystem beauftragt, das seit März 2022 entwickelt wird. Das Ergebnis ist der Prototyp „F13“, dessen Name deutlich machen soll, dass das System eine weitere Hilfsfunktion für Textarbeit anbietet. Allerdings eine, die nach Ansicht von Florian Stegmann, Staatsminister und Amtschef von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (beide Grüne), die Landesverwaltung in ein neues Zeitalter katapultieren kann: „Wir werden damit die Servicequalität der öffentlichen Verwaltung revolutionieren.“
Andere Bundesländer signalisieren bereits Interesse
Was also kann „F13“? „Der Prototyp hat drei Anwendungsbereiche: eine Recherche-Assistenz mit einer quellennahen und einer kreativen Variante, die Zusammenfassung von Dokumenten in Blitzgeschwindigkeit und die Erstellung von Vermerken“, erklärt der Leiter von InnovLab_bw, Jan Seifert. „Wir sprechen hier von einer völligen Neuentwicklung, dafür gab es keine Blaupause.“ In der Entwicklungsphase habe man mit rund 50 Testnutzern gearbeitet, „die waren oft begeistert“. Seit wenigen Tagen steht der F13-Prototyp allen Bediensteten der Landesverwaltung zum Testen zur Verfügung, in einem aktuellen Schreiben bittet Stegmann die Amtschefs der Fachministerien, die Mitarbeitenden ihrer Ressorts „über die Vorzüge von F13 offensiv zu informieren und zum Verwenden der Text-Assistenz einzuladen“. Stegmann wie Seifert sind zuversichtlich, dass sich das Werkzeug durchsetzen wird. „Akzeptanz“, sagt der Vize-Präsident von Aleph Alpha, Hans-Jörg Schäuble, „gibt es nur, wenn die Anwendung Spaß macht, die Arbeit erleichtert und die Nutzer damit umgehen können. Da sind wir bei „F13“ auf einem hervorragenden Weg.“ Bis Ende des Sommers sollen die Rückmeldungen gesammelt werden und in die Weiterentwicklung einfließen. Danach steht die Organisation des Weiterbetriebs an. Andere Bundesländer und Bundesbehörden haben bereits Interesse signalisiert. Etwas Vergleichbares, sagt Schäuble, gebe es in der Verwaltung nicht. „Mit dem F13-Prototyp kommen wir bei unserem Ziel der Verwaltungsmodernisierung einen entscheidenden Schritt voran“, schwärmt Stegmann in seinem Rundschreiben.
Blitzschnell fasst der KI-Assistent eine 50seitige Kabinettsvorlage auf zwei Seiten zusammen
Mögliche Vorbehalte versucht der Staatsminister im Gespräch zu entkräften: Der Text-Assistent, der etwa die wesentlichen Inhalte einer 50seitigen Kabinettsvorlage in Blitzgeschwindigkeit auf zwei Seiten zusammenfassen kann, ersetze nicht das Denken und schon gar keine Jobs. „F13 schafft Freiräume für die eigentliche Arbeit wie die politische Bewertung von Projekten, weil es den Landesbediensteten zeitintensive Aufgaben abnimmt, die die KI schneller erledigen kann.“
Die KI-Befürworter in der Landesregierung könnten das Momentum auf ihrer Seite haben: Seit Monaten sorgt der kostenfrei zugängliche Chatbot ChatGPT der US-amerikanischen Firma Open AI für Furore und weckt die Neugier breiter Massen. Anders als ChatGPT ist „F13“ speziell auf die Bedürfnisse der Verwaltung zugeschnitten und kann auch Quellenangaben mitliefern. Zudem werden die Daten im Land und gemäß der hierzulande geltenden Datenschutzregeln verarbeitet. Das wäre bei ChatGPT, wo die Server in den USA stehen, nicht der Fall.
Signal für den Standort
Stegmann und Schäuble sehen das Projekt aber auch als Signal für den Standort. „Wir kommen in Europa nur voran, wenn wir den Mut haben, neue Dinge auszuprobieren“, sagt Schäuble. Der Staatsminister sieht „F13“ zudem als Ausweis dafür, dass sich das Land als attraktiver, innovativer Arbeitgeber präsentieren kann. „Man muss nicht zu einem Start-up gehen, um am Puls der Zeit zu sein.“
Auf Augenhöhe mit Open AI
Dem Heidelberger Start-up-Unternehmen Aleph Alpha bescheinigen Experten bei generativen Sprach- und Textsoftwaremodellen Augenhöhe mit den dominanten US-Techkonzernen wie Open AI. Letzteres sorgt mit seinem frei zugänglichen KI-Modell ChatGTP weltweit für Furore. Aleph Alpha, 2019 vom ehemaligen Apple-Manager Jonas Andrulis gegründet, gilt als einer der größten Hoffnungsträger für eine eigenständige europäische KI.