In Baden-Württemberg bahnt sich ein neuer Polizei-Skandal an. Das Landeskriminalamt Stuttgart und die Staatsanwaltschaft Ulm ermitteln gegen insgesamt 70 Polizisten – es geht um die Verbreitung verfassungswidriger Kennzeichen und um den Verdacht der Volksverhetzung.
Das teilten die beiden Ermittlungsbehörden am Donnerstagabend mit. Den Beamten wird vorgeworfen, in Chatgruppen rechtsextreme Inhalte ausgetauscht zu haben. Ein Polizist wurde inzwischen suspendiert.

Hakenkreuze in Chatgruppen: Ermittlungen begannen in Ulm

Ausgangspunkt der Ermittlungen war laut der Mitteilung ein Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Ulm im Oktober dieses Jahres, im Visier war ein 28-jähriger Polizist, der über einen Messengerdienst Abbildungen von Adolf Hitler und Hakenkreuzen verbreitet haben soll. Bei der Recherche in verschiedenen Chatgruppen habe sich ein Verdacht gegen fünf weitere Polizisten ergeben, danach übernahm das Landeskriminalamt Baden-Württemberg die Ermittlungen – die sich offenbar immer weiter ausweiteten.
Insgesamt seien 6000 Chatgruppen auf beschlagnahmten Polizei-Handys geprüft worden, in 13 davon seien strafrechtliche Inhalte gefunden worden, insgesamt seien die Ermittlungen auf 70 Polizeibeamtinnen und -beamte ausgeweitet worden. Einer der Beschuldigten sei suspendiert worden, gegen weitere Beteiligte liefen Disziplinarverfahren. Die Auswertungen der Mobiltelefone dauerten noch an, heißt es in der Mitteilung, die Ermittlungen seien noch nicht beendet.

Minister Strobl spricht von „Null-Toleranz-Strategie“

Innenminister Thomas Strobl (CDU) sprach am Abend von einer „starken Ermittlungsgruppe“, die die Umtriebe aufgedeckt habe. „Wenn wir auch nur den leisesten Verdacht haben, dass sich eine Polizistin oder ein Polizist auf Abwegen befindet, dann gehen wir dem unverzüglich und vollumfänglich nach, mit allen strafrechtlichen und disziplinarischen Konsequenzen“, sagte Strobl laut einer Mittelung seines Ministeriums.
In der Polizei im Südwesten gebe es eine „klare Null-Toleranz-Strategie“ im Umgang mit rechtsextremen und verfassungsfeindlichen Vergehen. „Bei rechtsextremen Vorfällen haben wir bereits jüngst Beamte mit härtester Konsequenz sofort endgültig aus dem Dienst entfernt. Das Fehlverhalten sehr Weniger darf die Polizei und alle Beschäftigten nicht zu Unrecht und pauschal in ein falsches Licht rücken und diskreditieren“, sagte Strobl weiter.
Die Polizei Baden-Württemberg hat derzeit ohnehin mit einem Skandal zu kämpfen, seit gegen den Inspekteur der Polizei wegen sexueller Nötigung ermittelt wird: Weil er einer Untergebenen Karriere-Vorteile gegen Sex versprochen hatte, wurde gegen den obersten Polizisten des Landes im November Anklage erhoben. Der Beschuldigte hatte persönlich eine Imagekampagne namens „Nicht bei uns“ verantwortet, mit der Sexismus und Rassismus bekämpft werden sollte. Zuletzt hatte außerdem für Schlagzeilen gesorgt, dass die Polizei in Baden-Württemberg sich (neben Hamburg) als einziges Bundesland nicht an der bundesweiten Studie über politische Einstellungen bei Polizisten beteiligt. Die ursprünglich als „Rassismus“-Studie bezeichnete und von Innenminister Horst Seehofer (CSU) beauftragte Untersuchung wurde vom Personalrat im Südwesten boykottiert. Rainer Wendt von der Deutschen Polizeigewerkschaft hatte die Studie hart kritisiert. „Die Polizei hat die Nase gestrichen voll von diesen ganzen Rassismus-Studien, die nichts anderes als den Zweck verfolgen, die ohnehin bei vielen vorhandene Auffassung zu bestätigen, dass die Polizei eine rassistische Schlägerbande sei.“