Der kontrovers diskutierte Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer hat es wieder mit umstrittenen Äußerungen in die Schlagzeilen geschafft. Der 50-Jährige war als Gast der Konferenz „Migration steuern, Pluralität gestalten“ zur Goethe-Universität in Frankfurt am Main gereist. Im Vorfeld und während der Veranstaltung versetzte er aber zahlreiche Studierende und andere Anwesende in Aufruhr. Der Grund: Er sprach mehrfach das N-Wort aus. Da dieser Begriff in der Vergangenheit dafür verwendet wurde, Menschen mit dunkler Hautfarbe herabzusetzen, gilt der Ausspruch des Wortes heute in der Allgemeinheit als gleichbedeutend mit Rassismus bzw. der Verbreitung von rassistischem Gedankengut.

Palmer zieht mit Verwendung des N-Worts Kritik auf sich

Der Tübinger OB musste deshalb in Frankfurt heftige Kritik einstecken - unter anderem in der Diskussion mit Studierenden vor der Veranstaltung, wie Videos im Netz belegen. Im Streitgespräch sowie bei der Konferenz versuchte Palmer zu erklären, wann und warum er den Begriff verwendet - und dass die Aussprache des Wortes nicht zwangsläufig rassistisch sei.
„Der simple Sprechakt gibt keinerlei Auskunft darüber, ob die Person ein Nazi ist oder nicht“, so Palmer. Stattdessen komme es auf den Kontext an, in welchem das Wort benutzt werde. Spreche man demnach eine Person mit dem N-Wort an, handele es sich um eine justiziable Beleidigung. Wenn man aber stattdessen über Astrid Lindgrens Roman „N-Wort-König“ diskutiere und den Begriff ausspreche, dann sei das „eine vollkommen legitime Verwendung des Wortes“.

Kritiker bezeichnen Palmer als „Rassist“ und „Nazi“

Diese Argumentation überzeugte viele Kritiker nicht - weshalb dem Oberbürgermeister unter anderem „Nazis raus“-Parolen entgegengerufen wurden. Während Palmer mit dem Inhalt der Aussage an sich übereinstimmte, wehrte er sich dagegen, als „Rassist“ oder „Nazi“ bezeichnet zu werden - und ging in die Offensive. „Ihr beurteilt Menschen anhand von einem einzelnen Wort. Das ist nicht anderes als der Judenstern", sagte Palmer in den Aufnahmen. Dies wiederum kam für viele einer Verharmlosung der Judenverfolgung im Dritten Reich gleich - und sorgte für weitere Kritik.
Das Forschungszentrum „Globaler Islam“ hatte die Konferenz organisiert. Der Psychologe Ahmad Mansour und der stellvertretende Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Manuel Ostermann waren weitere Gäste neben Palmer.
Die linke Hochschulgruppe SDS organisierte am Vormittag eine Gegendemonstration, der allgemeine Studierendenauschuss Asta veranstaltete unter dem Titel „Migration entkriminalisieren, Pluralität leben“ eine eigene Konferenz im Nebengebäude.

Oberbürgermeister äußert sich auf Facebook zu den Ereignissen

Nach der Veranstaltung äußerte sich Boris Palmer auf Facebook noch mal zu den Ereignissen: „Die Theorie, dass schon ein Sprechakt an sich rassistische Strukturen reproduziere, teile ich nicht. Das hoch umstrittene Wort gehört im Übrigen gar nicht zu meinem aktiven Wortschatz. Ich benutze es nur, wenn darüber diskutiert wird, ob man schon ein Rassist ist, wenn man es verwendet. Darüber entscheidet für mich der Kontext.“

Uni-Präsident fordert Entschuldigung von Palmer

Auch der Präsident der Goethe-Universität, Prof. Dr. Enrico Schleiff, meldete sich am Tag danach zu Wort - und stellte sich auf die Seite der Palmer-Kritiker. „Palmers Rechtfertigungsversuche der Verwendung des von ihm gewählten Wortes während der Tagung verurteile ich aufs Schärfste und akzeptiere ich sowohl persönlich sowie als auch als Präsident nicht.“ In seiner Stellungnahme forderte er von dem Tübinger OB eine öffentliche Entschuldigung an die betroffenen Personen, die jüdische Gemeinschaft und die Universität.