Wegen Kabelbauarbeiten für den digitalen Bahnknoten in Stuttgart müssen sich Fahrgäste der Deutschen Bahn von Mitte April an auf massive Einschränkungen einstellen. In mehreren Etappen werden Gleise und Strecken gesperrt, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte. Die Arbeiten seien nicht im laufenden Betrieb möglich, weil auch zahlreiche Gleise und andere Bahnanlagen unterquert werden müssten. Deshalb sollen im Bereich Bad Cannstatt/Waiblingen von 21. April bis Ende Juli und im zweiten Halbjahr 2023 im Bereich Vaihingen/Flughafen/Böblingen zeitweise Gleise und Strecken gesperrt werden.
Strecken nach Ulm und Tübingen besonders betroffen
Die ersten Unterbrechungen haben laut Mitteilung insbesondere Auswirkungen auf die Remsbahn und die Murrbahn sowie auf den Bahnverkehr von und nach Tübingen und Ulm. Von den Sperrungen seien Fern- und Regionalzüge sowie S-Bahnen und der Güterverkehr betroffen.
Der Bahnmanager Olaf Drescher, der zugleich Stuttgart 21 verantwortet, sagte, man habe bis zuletzt mit Hochdruck alles versucht, um diese erheblichen Sperrungen zu vermeiden. „Am Ende mussten wir zu dem Ergebnis kommen, dass die gravierenden Eingriffe leider unabwendbar sind.“ Die Bahn arbeite an geeigneten Ersatzkonzepten. Konkrete Angaben dazu wurden zunächst nicht gemacht.
„Riesenärgernis“: Politik reagiert empört über Bahn-Ankündigung
Die geplanten Streckensperrungen sorgen in der Politik für heftige Kritik. Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) sprach am Freitag von einem „Riesenärgernis“. Das sei eine ganz bittere Pille für uns alle, gerade auch für die Pendler und Bahnnutzer. „Wir erwarten, dass die DB die Baumaßnahmen zügig umsetzt und damit die Beeinträchtigungen auf das geringstmögliche Maß reduziert.“ Und man erwarte vor allem auch, dass die Deutsche Bahn einen jederzeit funktionierenden und guten Ersatzverkehr sicherstelle.
Kritisiert wurde vor allem die Informationspolitik der Deutschen Bahn. „Wir sind von der Ankündigung der DB völlig überrascht worden, schon in wenigen Wochen damit zu beginnen, wichtige Zulaufstrecken auf Stuttgart komplett zu sperren“, monierte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und betonte: „Vollsperrung heißt maximale Störung des Schienenverkehrs.“ Das sei ein miserables Management des Projektes und der Kommunikation der Deutschen Bahn über die Fehler und die gravierenden Folgen. Die Sperrungen würden massive Auswirkungen auf den Öffentlichen Personennahverkehr, auf den Fern- und Güterverkehr und vor allem auf die Fahrgäste haben.
1200 Kilometer Kabel für die Digitalisierung
Nach Angaben von Bahnmanager Drescher müssen alleine in einem ersten Schritt im Bereich Waiblingen/Bad Cannstatt für die Digitalisierung rund 1200 Kilometer Kabel verlegt werden, zudem sind mehr als 70 neue Kabelquerungen unter Gleisen und in Bahnhöfen zu bauen. Auch im Bereich Stuttgart-Vaihingen, Flughafen und Böblingen seien Arbeiten notwendig.
Vor diesem Hintergrund wird es neben der bekannten Sperrung der Stammstrecke der S-Bahn in den Sommerferien zwischen Hauptbahnhof und Vaihingen zeitweise weitere Unterbrechungen des Zugverkehrs geben: Über 14 Wochen in unterschiedlichen Phasen zwischen dem 21. April und 29. Juli im Bereich Bad Cannstatt/Waiblingen. Sowie elf Wochen nach Sperrung der Stammstrecke in unterschiedlichen Phasen auf den Strecken Rohr-Flughafen-Filderstadt sowie Stuttgart-Vaihingen-Böblingen zwischen November und Anfang Dezember, wie die Bahn weiter mitteilte.
Im Zuge des Bahnhofsprojekts Stuttgart 21 soll die Region Stuttgart bis Ende 2025 der erste digitalisierte Bahnknoten in Deutschland werden. Vom Fahrplanwechsel im Dezember 2025 an sollen die Züge des Fern-, Regional- und S-Bahnverkehrs dann auf einem mit neuer Technik ausgerüsteten Netz fahren. Es ist dann mit digitalen Stellwerken, dem Zugsystem ETCS und hochautomatisiertem Fahrbetrieb ausgerüstet.