Die Direktbank ING bietet nicht nur Neukunden, sondern auch diejenigen, die bereits ein Tagesgeldkonto bei dem Institut haben, auf neu eingezahlte Gelder ab sofort für sechs Monate 3 Prozent Zinsen. Seit der Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) im Juli müssen Banken keine Zinsen mehr zahlen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken, sondern verdienen daran. Daher locken Geldhäuser Neukunden, denn mit neuen Einlagen lässt sich Geld verdienen. Auch Bestandskunden bekommen bei vielen Instituten wieder Zinsen auf Tagesgeld, in der Regel aber weniger als Neukunden.
Zinsen haben sich teilweise verdreifacht
Insgesamt kämen die EZB-Zinserhöhungen endlich bei Sparern an, sagte jüngst der Geschäftsführer des Vergleichsportals Verivox, Oliver Maier: „Je nach Laufzeit und Marktsegment haben sich die Sparzinsen in wenigen Wochen teilweise verdoppelt oder sogar verdreifacht.“
So hohe Tagesgeldzinsen wie bei der ING erhielten Sparer aktuell bei keiner anderen Bank in Deutschland. Das neue Angebot dürfte nach Maiers Einschätzung den Wettbewerb um Spargelder weiter anheizen. „Vor allem Sparer, die bereit sind, ihr Geld gelegentlich umzuschichten, können von solchen Werbeangeboten profitieren. Sobald die Aktionszinsen auslaufen, wechseln sie einfach zum nächsten Kreditinstitut mit einem Neukunden-Sonderangebot.“
Gleiche Konditionen für Bestands- und Neukunden sind selten. Eine Ausnahme: Die Direktbank DKB. Dort bekommen alle Kunden seit April 1 Prozent Zinsen auf Tagesgeld. Die DKB habe sich „bewusst gegen temporäre Lockangebote, begrenzte Anlagebeträge und ungleiche Behandlungen“ von Kundinnen und Kunden entschieden, erklärte DKB-Chef Stefan Unterlandstättner. „Stattdessen bieten wir faire Bedingungen für alle.“
2 Prozent direkt auf dem Girokonto
Die C24 Bank, die Bank des Vergleichsportals Check24, zahlt auf dem Girokonto seit dem 1. April 2023 bis zum Jahresende 2 Prozent Zinsen auf Guthaben bis 50 000 Euro, sowohl für Neu- als auch für Bestandskunden. Der Vorteil an diesem Modell: Geld muss nicht auf ein gesondertes Konto überwiesen werden, sondern wird direkt auf dem Girokonto verzinst, wo es jederzeit für eventuelle Ausgaben zur Verfügung steht.
Aufgrund der Zinswende sind auch festverzinsliche Wertpapiere attraktiver geworden. Brachten zehnjährige Bundesanleihen Ende 2021 eine Rendite von -0,31 Prozent, so sind es derzeit mehr als 2,2 Prozent. „In der Tat sind Anleihen wieder attraktiv und hier insbesondere kurzlaufende deutsche Staatspapiere, die aktuell rund 2,5 Prozent bieten“, sagt Vermögensverwalter Stefan Eberhardt. Das gilt jedoch nicht für Bankeinlagen, betont er. Viele Kreditinstitute geben die gestiegenen Zinsen aber noch nicht an ihre Kunden in Form höherer Zinsen für Tagesgeld oder das Sparbuch weiter“, sagt Vermögensexperte Claus Walter. Man dürfe auch nicht vergessen, dass die Inflation noch deutlich über der Verzinsung liegt, „weshalb das so angelegte Geld trotzdem noch an Kaufkraft verliert.“
Im Zinstief der vergangenen Jahre kosteten überschüssige Einlagen Banken Geld. Die ING Deutschland, die zuvor jahrelang unter dem Namen ING-Diba Kunden mit relativ hohen Sparzinsen gelockt hatte, setzte daher verstärkt auf Hausbankkunden. Solche Kunden parken im besten Fall nicht nur Geld, sondern sorgen über Baufinanzierung, Verbraucherkredite oder Wertpapiersparen für Erträge.
ING strebt nach Wachstum
Im Oktober hatte ING-Deutschland-Chef Nick Jue für sein Haus die Zinswende angekündigt: „Wir werden als erste Großbank in Deutschland die Tagesgeldzinsen für alle zurückbringen.“ Am 6. Dezember startete die ING mit 0,3 Prozent Zinsen auf dem Tagesgeld für Bestandskunden, seit 8. März waren es 0,6 Prozent. Neukunden lockte die ING zunächst mit 1 Prozent für vier Monate, zuletzt waren es 2 Prozent. Bei der ING Deutschland gibt es die 3 Prozent Zinsen auf neuen Tagesgeldkonten für Einlagen bis 50 000 Euro ab dem Zeitpunkt des Geldeingangs für sechs Monate. Bestandskunden bekommen den höheren Zins für jeden Euro Neueinlage bis 25. April – ebenfalls bis maximal 50 000 Euro. Das ehrgeizige Ziel: Die Direktbank strebt nach einem Gewinnrückgang 2022 wieder ein deutlich stärkeres Kundenwachstum an.
Angebot meist nur für Neuverträge
Eine Drei vor dem Komma – das gab es beim Tagesgeld schon lange nicht mehr. Die zur spanischen Santander gehörende Suresse Direkt Bank hatte kürzlich als erstes Geldinstitut diese Marke aufgerufen, wie das Verbraucherportal Biallo berichtete. Dort gelte das Angebot allerdings nur für Neukunden und sei auf vier Monate begrenzt. Ab dem fünften Monat gebe es „immer noch überdurchschnittliche“ 1,75 Prozent pro Jahr, referierte Biallo. Gleiche Konditionen für Bestands- und Neukunden finden sich ebenfalls selten im Markt. dpa