Zwischen dem Landkreis Starnberg und Gelsenkirchen liegen Welten. Zumindest was das Einkommen angeht, das jeder Bürger zur Verfügung hat: In der wohlhabendsten Gegend Deutschlands am Starnberger See unweit von München hatte jeder Einwohner 2016 im Schnitt fast 35 000 Euro zur Verfügung. In der Ruhrpott-Metropole Gelsenkirchen wohnen dagegen die ärmsten Schlucker: Sie kommen mit 16 200 Euro nicht mal auf halb so viel. Von „gleichwertigen Lebensverhältnissen“, wie sie im Grundgesetz als Ziel festgeschrieben sind, ist Deutschland noch weit entfernt. Das zeigt eine Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.
 

Wie wurde untersucht?

Die WSI-Forscher haben für alle 401 Kreise und kreisfreien Städte die durchschnittlichen verfügbaren Pro-Kopf-Einkommen der privaten Haushalte errechnet. Basis dafür waren Zahlen des Statistischen Bundesamts. Von den Bruttobeträgen wurden Steuern und Sozialabgaben abgezogen sowie Sozialtransfers dazugezählt, also beispielsweise Renten und Hartz-IV-Leistungen sowie die Grundsicherung. Zudem errechneten die Forscher den realen Zuwachs seit dem Jahr 2000, also nach Abzug der Inflation. Die Ergebnisse sagen allerdings nichts über die Kaufkraft in der Region aus. So müssen beispielsweise die Münchner Rekord-Mieten zahlen. Um auch das zu berücksichtigen, fehlten die Daten, begründet das Studien-Autor Eric Seils.

Generelles Ergebnis:

Im Schnitt hatte jeder Bundesbürger 2016 genau 21 952 Euro verfügbares Einkommen. Das waren real, also nach Abzug der Preissteigerung, 9,7 Prozent mehr als im Jahr 2000. In Ostdeutschland war der Zuwachs mit 13,9 Prozent deutlich höher als im Westen. Allerdings war das Ausgangsniveau erheblich niedriger.
 

Regionale Tendenzen

Im Osten sind die Bürger immer noch deutlich schlechter dran als im Westen. Dieser Eindruck drängt sich beim ersten Blick auf die Landkarte auf. Allerdings holen sie auf: Zur Jahrtausendwende erreichte der Osten erst 81,5 Prozent des Westniveaus. 2016 waren es knapp 85 Prozent. Im Osten kommen nur 6 der 77 Kreise auf mindestens 20 000 Euro im Monat. Im Westen liegen nur 40 der 324 Kreise und kreisfreien Städte unter dieser Schwelle. Bayern und Baden-Württemberg stehen besonders gut da, wobei es auch hier Ausreißer gibt, etwa das bayerische Augsburg. Arm dran sind zudem Teile des Ruhrgebiets, des Saarlands und von Niedersachsen.
 

Reichste Regionen

Die höchsten Pro-Kopf-Einkommen gibt es im Landkreis Starnberg mit genau 34 987 Euro. An zweiter Stelle steht Heilbronn mit 32 366 Euro, gefolgt vom Hochtaunuskreis im Umfeld von Frankfurt am Main mit 31 612 Euro.
 

Ärmste Regionen

Schlusslicht ist, wie erwähnt, Gelsenkirchen mit 16 203 Euro. Aber auch Duisburg (16 881 Euro), Halle an der Saale (17 218 Euro), der Landkreis Vorpommern-Greifswald (17 303 Euro) und Frankfurt an der Oder (17 381 Euro) erreichen nach Angaben der WSI-Forscher nur etwa das Niveau von Italien, das im Schnitt auf 17 200 Euro kommt.
 

Aufsteiger

Den größten Sprung machte die Stadt Heilbronn, wo die privaten Haushalte 43 Prozent mehr in der Tasche haben als zur Jahrtausendwende. Das WSI erklärt sich das teilweise damit, dass in der schwäbischen Stadt mehrere Superreiche gemeldet sind, darunter der Milliardär Dieter Schwarz, dem der Handelskonzern Lidl/Kaufland gehört. Bei 125 000 Einwohnern kann sich das schnell durchschlagen. In Nordfriesland gab es gleichzeitig 30 Prozent Zuwachs auf 24 384 Euro, in Ulm 28 Prozent auf 29 641 Euro. Damit gehört die Stadt an der Donau zu den reichsten Regionen.

 
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Berlin

Absteiger

In 33 der 401 Kreise sind die realen Durchschnittseinkommen gesunken. Am dramatischsten war das in Offenbach, wo es ein Minus von 8,7 Prozent auf 17 687 Euro gab. Damit wurde der hessische Kreis eine der ärmsten Regionen Deutschlands. Deutlich zurückgefallen sind auch die bayerische Stadt Ansbach sowie Pforzheim in Baden-Württemberg.
 

Großstädte

Mit Abstand am reichsten ist München mit 29 685 Euro, gefolgt von Stuttgart (25 012 Euro) und Düsseldorf (24 882 Euro). Schlusslichter unter den 15 großen Städten sind Duisburg (16 881 Euro) und Leipzig (17 770 Euro). Auffällig ist, dass sich die Einkommen in den Großstädten deutlich schwächer entwickeln als im Bundesdurchschnitt.
 

Schlussfolgerungen

Mit Wertungen hält sich der WSI-Forscher Seils zurück: Die Ergebnisse zeigten die großen Herausforderungen für den Staat, aber auch, dass niemand die Flinte ins Korn werfen sollte. „Was der Staat macht, ist Mist ­ – dieser Schluss wäre falsch“, sagte Seils dieser Zeitung. Der Kampf um vergleichbare Lebensverhältnisse lohne sich, auch wenn keine schnellen Wunder zu erwarten seien.

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