Der Zinsanstieg und die hohe Inflation haben dem langen Immobilienboom in Deutschland ein jähes Ende gesetzt. Im Schlussquartal 2022 verbilligten sich Wohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser so stark wie seit 16 Jahren nicht mehr, wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden mitteilte. Experten erwarten, dass sich der Preisrückgang dieses Jahr fortsetzt. Die Preise für Wohnimmobilien gingen demnach im vierten Quartal durchschnittlich um 3,6 Prozent zum Vorjahresquartal zurück. „Ausschlaggebend für den Rückgang der Kaufpreise dürfte eine gesunkene Nachfrage infolge gestiegener Finanzierungskosten und der anhaltend hohen Inflation sein“, so die Statistiker. Gegenüber dem dritten Quartal 2022 war der Preisrückgang zum Jahresende mit minus 5,0 Prozent noch deutlicher.
Sowohl in den Städten als auch in ländlichen Regionen gab es im Schlussquartal 2022 größtenteils Preisrückgänge. Dabei verbilligten sich Ein- und Zweifamilienhäuser stärker als Eigentumswohnungen. So fielen die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser in kreisfreien Großstädten etwa um 5,9 Prozent zum Vorjahresquartal, während die Preise für Eigentumswohnungen um 1,0 Prozent sanken. Insgesamt verteuerten sich 2022 Wohnimmobilien zwar noch um 5,3 Prozent. 2021 war das Plus aber mit 11,5 mehr als doppelt so groß gewesen.
Monatsraten für Zins und Tilgung um Hunderte Euro höher
Grund für das Ende des Booms sind die Leitzinserhöhungen der großen Notenbanken im Kampf gegen die hohe Inflation. In der Folge haben sich die Bauzinsen bei Krediten mit zehnjähriger Zinsbindung binnen gut eines Jahres von knapp einem Prozent auf fast vier Prozent vervierfacht. Das führt dazu, dass die Monatsraten für Zins und Tilgung um Hunderte Euro höher liegen als zuvor. Der Immobilienkauf ist daher für viele Menschen nicht mehr leistbar.
Ohnehin ist wegen der Inflation das Geld bei vielen Menschen knapp, und Banken prüfen Finanzierungen kritischer. Makler berichten von viel weniger Anfragen für Immobilien als früher. Fachleuten zufolge dürfte sich der Trend sinkender Immobilienpreise fortsetzen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hält 2023 einen Rückgang um bis zu zehn Prozent für möglich, die DZ Bank erwartet Nachlässe von vier bis sechs Prozent.
Immobilienmarkt war überhitzt
Unstrittig ist, dass der Immobilienmarkt zuletzt überhitzt war. Ende 2022 lagen die Immobilienpreise in den Städten um 20 bis 45 Prozent über dem gerechtfertigten Niveau, wie die Bundesbank errechnete.
Experten bezweifeln aber, dass Deutschland vor dem Platzen einer Immobilienblase steht. Der Wohnungsmarkt gilt als robust selbst in Wirtschaftskrisen, denn Immobilien werden oft konservativ und langfristig finanziert. Selbst wenn die Preise über einen längeren Zeitraum in Summe um 15 Prozent nachgäben, stünde der Markt auf dem Niveau von Anfang 2020, sagte Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer beim Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp), kürzlich. Die Zinsen für Baukredite und damit die Kosten für die Käufer sind jedoch weit über dem Niveau von 2020.
Zugleich lag die Zuwanderung nach Deutschland auch im Zuge des Ukraine-Kriegs auf Rekordniveau. Der Bedarf an Wohnungen dürfte daher weiter zunehmen, erklärte Michael Voigtländer, Immobilienexperte am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW). „Die Preisrückgänge werden moderat bleiben“, erwartet er.
Wohnungen bleiben weiter knapp
Dazu kommt, dass Wohnungen knapp bleiben, denn der Baubranche machen niedrige Zinsen und teure Materialien zu schaffen. Im Januar brach der Auftragseingang im Bauhauptgewerbe weiter ein, vor allem der schwache Neubau belastet. Das dürfte die Immobilienpreise stützen.
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