Sebastian Hoeneß joggte beim Abpfiff mit einem breiten Grinsen auf den Platz, 5000 Stuttgarter Fans sangen in ihrer Kurve „Oh, wie ist das schön“. Der VfB-Jubel nach dem 4:1 (1:1) beim FSV Mainz 05 fühlte sich an, als wäre der Klassenerhalt schon geschafft. Das ist er noch nicht – aber der VfB ist in höchster Not ans rettende Ufer geklettert und nimmt das Schicksal wieder selbst in die Hand.
„Es ist einfach mega“, sagte Chris Führich, es purzelten hörbar die Steine nur so von der Seele: „Dieser Sieg ist enorm wichtig. Wir freuen uns sehr, haben einen wichtigen Schritt getan und werden in der kommenden Woche alles dafür tun, um es fix zu machen.“
Herzschlagfinale droht
Marcus Ingvartsen (23.) hatte Mainz in Führung gebracht. Doch dank der Treffer von Kapitän Wataru Endo (41.), Serhou Guirassy (64.), Führich (78.) und Tanguy Coulibaly (90.+1) reicht gegen Hoeneß‘ Ex-Klub TSG Hoffenheim dann ein Sieg sicher zum Klassenerhalt – und dennoch droht ein Herzschlagfinale.
Nach den Ergebnissen der Konkurrenz war bereits klar, dass das Horrorszenario Abstieg für die Schwaben am Sonntag noch nicht eintreten konnte. Seine Mannschaft, betonte Hoeneß, sehe er für den Endspurt gewappnet. Doch der Druck war den Stuttgartern zu Beginn anzumerken. Die Abwehr stand zwar zunächst stabil, die Schwaben leisteten sich vor der Pause aber immer wieder leichte Fehler.
Rückstand wird zum Weckruf
Als die Mainzer sich steigerten, bekam Stuttgart gleich Probleme. Torhüter Fabian Bredlow rettete stark gegen Karim Onisiwo (22.), bei der folgenden Ecke schlief die gesamte VfB-Defensive jedoch – und Ingvartsen schob aus kurzer Distanz ein. Der Rückstand wirkte wie ein Weckruf. Die Stuttgarter bemühten sich, suchten deutlich aktiver den Weg nach vorne. Bis auf eine brenzlige Szene, in der FSV-Keeper Finn Dahmen vor Serhou Guirassy (29.) zur Stelle war, blieben die Abschlüsse zunächst harmlos. Nach einem Konter über den schnellen Silas vollendete Endo aber sehenswert aus vollem Lauf.
Führich bringt Schwung
In den zweiten Durchgang startete Stuttgart verhalten, steigerte sich dann von Minute zu Minute. Bredlow war zunächst gegen Edimilson Fernandes (59.) gefordert, für eine kurze Druckphase belohnte sich der VfB aber umgehend. Guirassy köpfte freistehend nach einer Ecke ein.
Die rund 5000 mitgereisten Anhänger trieben ihr Team weiter nach vorne, der eingewechselte Führich brachte nochmals Schwung in die Offensive – und genau er war es, der mit dem dritten Treffer für großen Jubel im Fanblock sorgte. Defensiv warfen sich die Schwaben in der Schlussphase in jeden Ball, dann traf auch noch Coulibaly und zeichnete ein Herz in die Luft.
Ende der FSV-Träume
Der FSV kassierte die vierte Niederlage nacheinander. Sie bedeutete für den Tabellenneunten auch das Ende vom Traum an einer Europapokal-Teilnahme in der kommenden Saison. „Das tut uns als Team sehr, sehr weh“, sagte Sportdirektor Martin Schmidt. Ihn wurmt, dass die vierte Niederlage in Serie die gute Saisonbilanz trübt. „Am Ende bleibt, dass eigentlich mehr möglich gewesen ist, dass mit dem ein oder anderen Sieg Europa oder Dinge möglich gewesen wären, von denen wir am Beginn nicht zu träumen gewagt haben. Die Freude über den neunten oder achten Platz ist ein bisschen weg“, sagte er.
Erster Dreier ohne Sosa
Anders die Stimmunglage beim VfB: Hoeneß, der Anfang April auf den glücklosen Bruno Labbadia gefolgt war, hatte vor der Partie angekündigt, er wolle sich nicht mit den Ergebnissen der Konkurrenten befassen. „Die Marschroute ist klar. Wir fahren dorthin, um zu gewinnen und die drei Punkte zu holen. Das ist mein Mindset und das habe ich auch so an die Spieler weitergegeben“, hatte der Coach gesagt. In Mainz musste er ohne Borna Sosa auskommen. Der zuletzt in der Kritik stehende kroatische Nationalspieler fiel nach Klubangaben wegen einer „Infektion im Mund-/Rachenraum“ aus. Ohne Sosa hatten die Stuttgarter in dieser Saison bei acht Anläufen noch keinen Dreier einfahren können – das sollte sich ändern.
Die Mainzer allerdings starteten besser und hatten vor 33 305 Fans die klareren Möglichkeiten. Zunächst scheiterte Onisiwo an Bredlow. Beim folgenden Eckball gelang Ingvartsen das 1:0. Die Antwort ließ eine Viertelstunde auf sich warten. Nach einem ruhenden Ball geriet Endo allerdings in Rücklage.
FSV-Trainer Bo Svensson konnte bis dahin mit der Leistung seines Teams über weite Strecken zufrieden sein. Doch dann leitete Endo die Wende ein: Nach einem Konter gelang ihm der sehenswerte Ausgleich. Der Japaner hatte schon in der Vorsaison mit seinem Tor in der vierten Minute der Nachspielzeit am letzten Spieltag die späte Rettung des VfB ermöglicht.
Schlüsselspieler verlängert bis 2026
Bundesligist FSV Mainz 05 hat mit Angreifer Karim Onisiwo verlängert. Der neue Vertrag des österreichischen Nationalspielers läuft bis 2026. Das teilten die Rheinhessen kurz vor der Partie gegen den VfB mit. Onisiwo war Anfang 2016 nach Mainz gewechselt.
Der 31-Jährige, der in 197 Pflichtspielen für den FSV bislang 33 Tore erzielte, gilt als einer der Schlüsselspieler von Trainer Bo Svensson.