Als der Anruf ihn erreicht, ist Wolfgang Beck an der Messe. Halle 4, normalerweise Trainings- und Wettkampfheimat der Leichtathleten des SSV Ulm 1846. „Wir räumen gerade alles aus und dann wird abgeschlossen“, sagt der Abteilungsleiter. Wo bis Anfang der Woche noch Hoch- und Weitsprung-Anlagen aufgebaut waren, Ende Februar beim letzten Event, den Württembergischen Mehrkampfmeisterschaften, Hürdenläufe absolviert wurden, ist weder an Training noch an Wettbewerbe zu denken.
Sportverbot im Donaustadion bis mindestens 19. April
Um die Coronavirus-Epidemie einzudämmen, wurden verschiedene Notfallverordnungen erlassen: Das Land Baden-Württemberg hat die Schließung aller Sportstätten und Sporteinrichtungen angeordnet. Weshalb bis mindestens 19. April im Ulmer Donaustadion weder trainiert noch gespielt werden darf. Auch der Alltag der Regionalliga-Profis des SSV Ulm 1846 Fußball ist unterbrochen, die Liga pausiert bis auf Weiteres.
Die Konsequenzen für die Leichtathleten des SSV 46, zu denen unter anderem vier Zehnkämpfer des deutschen Bundeskaders gehören, formuliert Beck salopp: „Wir können uns im Prinzip unsere Saison in die Haare schmieren“, sagt der langjährige Sportfunktionär, „aber wir haben natürlich Verständnis für die Gesamtsituation.“ In der Leichtathletik geht nichts mehr – auf nicht absehbare Zeit. Deshalb räumen Wolfgang Beck und Cheftrainer Veit Rauscher die blauen Matten weg, der Lastwagen fährt sie von der Messe ins Stadion, wo sie auf unbestimmte Zeit gelagert werden. Das Landratsamt wird auf dem Messegelände eine „Drive-in-Station“ für Testabstriche einrichten.
Für die hauptamtlichen Trainer heißt es: Füße still halten
Beim SSV 46 stellen sich nicht nur für die Spitzenathleten die Fragen, wie sie weiter trainieren und ob es überhaupt ein Ziel geben wird, auf das sie hinarbeiten. Auch für die beiden hauptamtlichen Trainer ist die Situation undurchsichtig. Beim Verein sind im Bereich der Leichtathletik Rauscher mit einer vollen Stelle und Brigitte Hanses mit einer Teilzeit-Stelle als Trainerin für die Jugend angestellt. Statt Trainings zu leiten, heißt es für sie Füße still halten und Trainingspläne erstellen.
Kritik am Internationalen Olympischen Komitee wird immer lauter
Währenddessen wird die Kritik am Internationalen Olympischen Komitee (IOC) immer lauter. Viele Athleten halten es fragwürdig, dass das IOC weiterhin an der Ausrichtung der Olympischen Spiele im Sommer in Tokio (24. Juli bis 9. August) festhält. Zu groß seien mittlerweile die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Sport weltweit. SSV-Abteilungsleiter Beck sagt: „Es wäre doch unfair, wenn man die Olympischen Spiele unter diesen unterschiedlichen Qualifikations- und Trainingsbedingungen stattfinden ließe.“ Die Leistung der Sportler aufgrund des mangelnden Trainings leidet außerdem.
Ausnahmegenehmigung für Leipziger Olympia-Sportler?
Anfang der Woche hatten die Ulmer noch Hoffnung, dass möglicherweise ihre Kaderathleten Ausnahmegenehmigungen fürs Stützpunkttraining bekommen könnten. Diese hat sich nun vorerst zerschlagen. „Der Württembergische Leichtathletik-Verband hat am Mittwoch alles zu gemacht“, sagt Beck. Anders gestaltet sich die Situation in Leipzig. Dort bleiben zwar ebenfalls alle Sportstätten geschlossen, doch die rund 30 Leipziger Sportler und Sportlerinnen, die sich auf Olympia vorbereiten, sollen vom Verbot ausgenommen werden. Dazu würden Gespräche mit dem Olympiastützpunkt Leipzig, dem Bundesstützpunkt und dem sächsischen Innenministerium laufen, berichtet die Deutsche Presse-Agentur.
Stefanie Dauber und Alina Reh aus Trainingslager in Südafrika zurück
Zwei gute Nachrichten gibt es allerdings trotzdem: Spitzenläuferin Alina Reh ist nach dem vorzeitigen Abbruch des Trainingslagers in Südafrika mittlerweile zurück auf der Schwäbischen Alb. Auch Stabhochspringerin Stefanie Dauber, die Beck trainiert, ist am Mittwoch in Südafrika in den Flieger gestiegen. Eine der ersten Fragen, die die 33-Jährige nach ihrer Ankunft an Beck stellte: „Wann kann ich trainieren?“
Spindelsprint verschoben – Zuversicht für Marathon
Als Konsequenz aus der Corona-Pandemie haben Markus Ebner, Veranstalter des Einstein-Marathons und sein Team beschlossen, den Spindelsprint (25. April) sowie den Firmenlauf (27. Mai) zu verschieben. Für beide Läufe wollen die Organisatoren im Herbst beziehungsweise im Spätsommer Ersatz-Termine finden. Das Trainingsprogramm und -läufe sind erst einmal ausgesetzt: „Wir hoffen, dass wir nach den Osterferien mehr wissen.“ Ebner sagt. „Ich gehe mal davon aus, dass der Einstein-Marathon stattfinden kann.“ dine