Die Auswärtsreise nach Bremen wurde der erwartet schwere Gang für das Haller Schachbundesligateam. In den beiden Matches gegen die traditionsreichen Vereine Hamburger SK sowie den Gastgeber Werder Bremen ging es jeweils eng zu. Chancen hatten die Haller durchaus, gegen Hamburg waren die Süddeutschen am Drücker, gegen Bremen war ein Unentschieden drin. Am Ende reichte es nur zu einem 4:4 gegen die Erstgenannten, gegen die Hausherren musste man sich nach sechs Stunden zähem Ringen knapp mit 3,5:4,5 geschlagen geben.
Die Punktverluste kosteten Hall auch den zweiten Rang in der Tabelle. Die Konkurrenten Hockenheim und Solingen zogen vorbei und verwiesen den SK für den Moment von den Medaillenrängen. Beim Saisonfinale in Berlin darf Hall dennoch auf den Sprung aufs Treppchen hoffen.

Spielort Weserstadion

Werder Bremen trägt die Heimspiele stilecht in den Logen des Weserstadions aus. Ein tolles Ambiente für einen Schachkampf mit Blick auf die Arena. Viele Zuschauer verirrten sich trotzdem nicht zu der Veranstaltung. Am Eingang unten an der Straße war nur ein kleines Schild angebracht, das leicht zu übersehen war. Nur die Insider, die bereits gezielt hierherkamen, wurden darauf aufmerksam. Dafür verfolgten tausende Zuschauer die Partien von zuhause aus im Internet.
Vor Spielbeginn wurde David Smerdon verabschiedet. Smerdon ist der beste Spieler Australiens, einer der wenigen Großmeister, die es in Down Under gibt. Er wohnte einige Jahre in Europa und spielte für Bremen, wo er mit seinem umgänglichen Wesen und seiner attraktiven Spielweise viele Fans hatte. Smerdon kehrt wieder in die Heimat zurück. Gegen Hall sollte er seinen letzten Einsatz für Werder haben.
Hall hatte zwar mit Ernesto Inarkiew einen Weltklasse-Spitzenspieler an die Weser mitgebracht, lief aber ansonsten mit einem bodenständigen Team aus deutschen und französischen Spielern auf, das in dieser Zusammensetzung bereits den Stamm in der 2. Liga bildete.
Deshalb waren ihre beiden Gegner auch leicht favorisiert. Die Begegnungen verliefen allerdings sehr ausgewogen, am Ende waren es Feinheiten sowie die Konzentrationsfähigkeit nach mehr als fünf Spielstunden, die den Ausschlag gaben. Gegen Hamburg gingen drei Partien in die Verlängerung, alle sahen die Haller Spieler im Vorteil. Doch die Hamburger hielten stand, letztlich mussten sich alle drei Haller mit einem Unentschieden begnügen und der Mannschaftskampf endete auch mit einer Punkteteilung.
Am Sonntag wurde es gegen die Hausherren noch ein wenig enger, weil diese wie erwartet viel Druck entwickelten. Eine Partie ging für Hall verloren, dafür zeigte Weltklassemann Inarkiew, was in ihm steckt. Er spielte den Franzosen Laurent Fressinet, der ebenfalls zur erweiterten Welt-
spitze gehört, schwindlig und fuhr einen Punkt ein.

Australier mit letztem Match

Auch gegen Bremen ging es in die Verlängerung, wieder befanden sich die Konkurrenten gleich auf. Beim Stand von 3:3 waren noch zwei Deutsche in den Haller Reihen übrig: Mathias Womacka hatte seinem holländischen Gegner Jan Werle einen Bauern abgeluchst und bemühte sich, einen Sieg herauszuquetschen. Doch der Bremer verteidigte sich umsichtig. Dagegen musste Frank Zeller ums Remis kämpfen, ausgerechnet gegen Smerdon, der seine allerletzte Partie für Werder bestritt. Von Beginn an sah sich Zeller in die Defensive gedrängt. Das ging auch fünf Stunden gut. Dann beging Zeller doch einen Fehler, als Zeit und Energie schwanden. Der aufmerksame Australier nutzte das aus.
Nun musste Womacka unbedingt gewinnen. Der Mosbacher bemühte sich lange, doch sein Gegner Jan Werle brach nicht ein.  Werle hielt den entscheidenden halben Punkt fest. Womacka, ein gebürtiger Chemnitzer, besaß in beiden Partien gegen nominell überlegene Gegner einen Vorteil, konnte aber die Verteidigung letztlich nicht knacken.
Smerdon sagte, dass er unbedingt seine letzte Partie für Bremen erfolgreich gestalten wollte. Es war zugleich der wichtige Sieg zum Matchgewinn. Lange feiern konnte er aber nicht, er musste schnell los, um den Flug nach Mailand zu erwischen.
Die Haller sind vom zweiten auf den vierten Tabellenrang abgerutscht. Die Meisterschaft hat Baden-Baden schon für sich entschieden, um Silber und Bronze werden sich bei der zentralen Endrunde in Berlin vom 29. April bis zum 1. Mai Hockenheim, Solingen und Hall streiten. Noch haben es die Hohenloher in der eigenen Hand: In Berlin steht die direkte Begegnung gegen Hockenheim an, Solingen muss noch gegen Baden-Baden antreten.