Wenn nicht der Sieger eines Wettkampfs im Rampenlicht steht, sondern der Zweite, dann muss es sich um besondere Umstände handeln. Das war am Wochenende bei den deutschen Mehrkampf-Meisterschaften im Bietigheimer Sportpark Ellental der Fall. Mit Felix Hepperle verabschiedete sich ein Großer der hiesigen Leichtathletik-Szene vom Leistungssport. Viele Fans, Freunde und (frühere) Mitstreiter waren gekommen, um dem 29-jährigen Zehnkämpfer aus Bönnigheim beim letzten Auftritt im Trikot der LG Neckar-Enz die Daumen zu drücken. Das half: Hepperle erfüllte sich tatsächlich seinen Medaillenwunsch. Die 7341 Punkte bedeuteten Silber. Den Titel holte Florian Obst vom SSV Ulm 1846 mit 7413 Zählern, Dritter wurde Nico Beckers (7317) von der Aachener TG, der bis zur vorletzten Disziplin noch geführt hatte. Die beste Punktzahl erreichte allerdings ein Talent, das bei den Junioren antrat: Alexander Jung sammelte 7452 Zähler (siehe Kasten).
„Mit der Medaille bin ich absolut zufrieden und glücklich, mit der Punktzahl weniger. 7500 hatte ich mir eigentlich schon zugetraut“, sagte Hepperle, der 2016 und 2017 jeweils Deutscher Meister war. In seiner Laufbahn wurde der LG-Athlet oft durch Blessuren zurückgeworfen. Auch bei den Titelkämpfen in seiner Heimat blieb das Verletzungspech zäh an ihm haften und verhinderte ein noch besseres Abschneiden. Bei den 110 Meter Hürden platzte am letzten Hindernis ein Blutgefäß an der linken Wade. Die letzten vier Disziplinen musste Hepperle mit einer dicken Bandage bestreiten. Dieses Handicap habe auch bei seiner Paradedisziplin, dem Stabhochsprung, im Hinterkopf gesteckt, wie er später zugab. 4,60 Meter schaffte er, 4,70 Meter ließ er aus, und an den 4,80 Metern scheiterte er dreimal. Dabei hatte der Lokalmatador kürzlich beim Mehrkampf-Meeting in Ratingen noch fünf Meter überquert, von seiner Bestleistung von 5,30 Metern aus dem Jahr 2014 ganz zu schweigen. „Ich habe mich vielleicht auch selbst zu sehr unter Druck gesetzt, denn ich wollte vor meinem Publikum noch mal richtig Gas geben. Gut möglich, dass das auch eine Rolle gespielt hat“, meinte Hepperle, der nun am 14. und 15. September in Filderstadt-Bernhausen beim Thorpe Cup für Deutschland startet. Der Ländervergleichskampf mit den USA wird sein letzter Wettkampf sein.
Dort wird Hepperle gemeinsam mit Obst starten. Der 26-jährige Bayer absolvierte nach einer längeren Verletzungspause den ersten Zehnkampf in dieser Saison und gewann dank einer Aufholjagd auf Anhieb seinen ersten DM-Titel. „Das macht Lust auf mehr“, sagte Obst und zeigte sich begeistert von der Stimmung und den vielen Besuchern im Stadion – an beiden Tagen verfolgten insgesamt gut 2000 Zuschauer die Wettkämpfe, so die Schätzung des stellvertretenden LG-Vorsitzenden Michael Joos. „Wenn hier wieder mal ein Zehnkampf stattfindet, werde ich der Erste auf der Meldeliste sein“, versprach Obst.

Bayer-Duo dominiert

Den Siebenkampf der Frauen dominierte wie erwartet das favorisierte Duo des TSV Bayer 04 Leverkusen: Anna Maiwald knackte als einzige Athletin die 6000-Punkte-Marke und sicherte sich mit 6106 Zählern die Goldmedaille. Ihre Teamkollegin Mareike Arndt folgte mit einem Abstand von 302 Punkten und 5804 Zählern auf Rang zwei. Die beiden Baden-Württembergerinnen – Maiwald ist in Heidelberg geboren, Arndt in Göppingen – belegen in der DLV-Jahresbestenliste den dritten und den vierten Rang. „Es ist toll, wenn man jemanden im Verein hat, der auf dem gleichen Niveau ist. Das ist fürs Training förderlich und hilft auch im Wettkampf, weil man sich da immer gegenseitig unterstützen kann“, sagte Siegerin Maiwald.
Nach dem 100-Meter-Hürdenrennen zum Auftakt hatte Arndt noch mit einem Zähler vorne gelegen. Bereits mit dem Hochsprung, der zweiten Disziplin, übernahm dann Maiwald die Führung und baute den Vorsprung kontinuierlich aus. „Ich hätte gerne noch ein paar Punkte mehr gemacht, aber am ersten Tag haben das die Wetterbedingungen mit dem Gegenwind verhindert“, bilanzierte die 29-jährige Kurpfälzerin. Sie freute sich besonders, dass sie im Weitsprung mit 6,08 Metern eine neue Bestmarke erreichte. „Dafür war das Kugelstoßen richtig Mist. Sonst wäre es wahrscheinlich eine Bestleistung geworden“, kommentierte Maiwald ihre 13,30 Metern mit der Kugel. Hier liegt ihr Topwert bei 14,40 Metern aus dem Jahr 2018.

Geburtstagskind Alexander Jung triumphiert bei den Junioren

Seinen 20. Geburtstag wird Alexander Jung nicht so schnell vergessen, denn an diesem Tag sicherte sich das Zehnkampf-Talent des LC Rehlingen den deutschen Meistertitel bei den Junioren (U23). Jung setzte sich mit einer persönlichen Bestleistung von 7452 Punkten locker vor Niklas Kretschmer und Marius Laib durch. Nach dem 1500-Meter-Lauf bekam er im Zielbereich noch ein Ständchen der Zuschauer und der anderen Athleten. „Dieser Wettkampf mit dem tollen Publikum war für mich das tollste Geburtstagsgeschenk. Einen schöneren Geburtstag kann man sich nicht wünschen“, sagte der junge Saarländer.
Bei den Juniorinnen holte Vanessa Grimm (22) vom Königsteiner LV den zweiten DM-Titel ihrer noch jungen Karriere. 2016 hatte sie bereits bei der U20 triumphiert. Nach Platz drei 2017 und Platz zwei 2018 schaffte sie in ihrem letzten U23-Jahr den Sprung aufs oberste Siegertreppchen. „Das ist für mich jetzt vor dem Sprung zu den Aktiven ein schöner Abschluss“, sagte Grimm. Die Zehntplatzierte der diesjährigen U23-EM gewann mit 5738 Punkten und einem großen Vorsprung vor Janina Lange (5523) und Abigail Adjei (5250). Außerdem stellte sie im Hochsprung mit 1,74 Metern eine persönliche Bestleistung auf.  ae