Da lief Bernhard Trares, auf und ab – erst am Rande des Spielfelds, dann dort, wo ein Coach während eines Spiels eigentlich nichts verloren hat: auf demselben. Als wolle er, wie früher, noch einmal das eigene Tor verteidigen.
Der Ex-Profi (früher 1860 München, Werder Bremen) diskutierte mit Schiedsrichter Cristian Ballweg – mal im Strafraum, mal an dessen Rand. Und genau um diese schmale Grenze zwischen Elfmeter und Freistoß war es Trares gegangen.
Denn kurz zuvor, in der 13. Minute, hatte Marcel Seegert den Balinger Marc Pettenkofer umgerissen. Der Mannheimer hatte das Tackling außerhalb des „Sechszehners“ begonnen, Pettenkofer fiel aber in diesen hinein.
Als Ballweg auf Elfmeter entschied, platze Trares der Kragen. Doch der Unparteiische blieb bei seiner – wohl falschen – Entscheidung. Kaan Akkaya versenkte den Strafstoß für die TSG und der ersatzgeschwächte Underdog führte daheim plötzlich 1:0 (14. Minute). Und das bis dahin verdient.
Eine kuriose Szene – und eine, welche die Partie vor der Balinger Rekordkulisse von 3012 Zuschauern zu entscheiden schien. Denn fast eine Stunde kaufte der Außenseiter dem souveränen Spitzenreiter aus der Quadratstadt mit einer disziplinierten Defensivleistung den Schneid ab, hatte in der ersten Hälfte zwar kaum den Ball, aber dennoch die besseren Chancen – etwa als der erneut überragende Lukas Foelsch direkt vor der Führung das Auge für den besser positionierten Akkaya hatte, der im Strafraum an Waldhof-Keeper Markus Scholz scheiterte (12.).
Oder in der 39. Minute, als Foelsch auf dem linken Flügel lange wartete, um dann den in den Strafraum eingelaufenen Sascha Eisele mit einer weiche Flanke zu bedienen – Eisele schoss Scholz an. Spätestens in der 54. Minute hätten der Aufsteiger den Coup perfekt machen können: Da leitete Foelsch ein hohes Akkaya-Zuspiel akrobatisch zu Pettenkofer weiter, der den Ball aus elf Metern ebenso athletisch knapp über den Waldhof-Kasten zirkelte.
Dass der schwäbische Außenseiter, der zuvor daheim nur eine Partie verloren hatte, den Mannheimern dennoch unterlag, hatte sich die Mannschaft von Trainer Ralf Volkwein selbst zuzuschreiben.
Erstens wegen der Chancenverwertung, vor allem aber, weil sich die Kreisstädter nach dem nicht unverdienten 1:1-Ausgleich, den SVW-Torjäger Valmir Sulejmani per Kopf markierte (58.), selbst schwächten: Fabian Kurth, in der 24. Minute für den schwer verletzten Adrian Müller (Wadenbeinbruch) als Rechtverteidiger gekommen, säbelte in der 70. Minute Marco Schuster um, gab dem am Boden liegenden Mannheimer anschließend einen mit, bekam dafür Gelb und legte sich dann noch mit Waldhof-Captain Kevin Konrad an: Gelb-Rot für Kurth, eine unnötige Aktion.
In Überzahl spielte der Tabellenführer, der auswärts noch kein Spiel verloren hat, seine Klasse schließlich meisterlich aus. Gian-Luca Korte mit einem platzierten Flachschuss zum 2:1 (73.) und Maurice Deville per Abstauber zum 3:1 (77.) sorgten für die Entscheidung.
Trares hatte sich all dies aus der Ferne angesehen. Denn nachdem er sich in der 63. Minute mal wieder mit dem „Schiri“ in die Haare bekommen hatte, schickte dieser den 53-Jährigen diesmal weit weg vom Feld: auf die Tribüne.
TSG Balingen: Binanzer; Schmitz, Fecker, Eisele, Müller (24. Kurth), Pettenkofer, Schuon, Schreyeck, Akkaya, Foelsch (76. Seemann), Scherer (67. Vogler).
Tore: 1:0 Akkaya (14./Elfmeter), 1:1 Sulejmani (58.), 2:1 G. Korte (73.), 3:1 Deville (77.).
Schiedsrichter: Cristian Ballweg (Bickenbach).
Besondere Vorkommnisse: Gelb-rote Karte für Kurth (B./70),Trainer Bernhard Trares (M.) auf die Tribüne geschickt (63.).
Zuschauer: 3012.
„Ein fürchterlich zu bespielender Gegner“
Das größte Lob für Balingen kam am Samstag vom Gegner. Als Bernhard Trares nach dem Mannheimer 3:1-Sieg sagte, die TSG sei „ein fürchterlich zu bespielender Gegner“ meinte der Waldhof-Trainer dies als Kompliment. „Es ist wahnsinnig schwer gegen diese Balinger“, so Trares weiter, „wir haben lange Zeit die Lücken nicht gefunden.“
Auch hätten die „Buwe“ Glück gehabt, nicht schon zur Pause mit 0:2 zurückzuliegen. „Am Ende brauchst du in einem solchen Spiel einen Dosenöffner“, analysierte Trares – und meinte das 1:1 nach dem Seitenwechsel und vor allem die gelb-rote Karte gegen Balingens Fabian Kurth.
„Am Ende haben wir unsere Klasse gezeigt. Die Mannschaft hat das Spiel in der Schlussphase in fantastischer Manier gedreht“, urteilte der 53-Jährige. Sein Konterpart Ralf Volkwein war stolz auf seine Truppe. „Wir waren 60 Minuten lang drauf und dran, die Mannheimer Serie zu knacken“, urteilte der TSG-Coach.
Der Ex-Erstligist feierte in Balingen seinen achten Sieg in Folge – hat auswärts noch keine Partie verloren. Wenn seine Elf so weiter mache, gehe er davon aus, dass der Aufsteiger den Klassenerhalt erreichen werde – und den Mannheimer wünsche er den Drittliga-Einzug. „Bernhard, ich will euch nächstes Jahr nicht mehr hier sehen“, sagte Volkwein süffisant. „Da liegt mir auch persönlich etwas dran.“ Volkwein ist nämlich Fan des SV Waldhof.MAS