Jahr für Jahr dasselbe Spiel: In den Sommerferien verabschieden sich zahlreiche Amateurkicker in den Urlaub – und verpassen so große Teile der Vorbereitung auf die neue Saison. Besonders betroffen sind Klubs mit ausländischen Wurzeln, deren Spieler es in Scharen in die Heimat zieht. „Bei uns fehlen in den Ferien mehr als 60 Prozent der Mannschaft. Zwischen acht und zehn Leute kommen noch ins Training“, sagt Almir Sultanic. Der Coach des A-Ligisten FV Sönmez Spor Bietigheim weiß auch um die Folgen: „Gerade in puncto Fitness, Kondition und im koordinativen Bereich haben ausländische Vereine zu Saisonbeginn Probleme. Der Start ist dann oft nicht so erfolgreich.“
Das nehmen er und die Sönmez-Verantwortlichen allerdings billigend in Kauf, zumal die meisten ihrer Fußballer schulpflichtige Kinder haben und eben nur in dem Ferienkorridor weg können. Natürlich gehe es auch in ihrer Liga um Auf- und Abstieg. „Aber ganz so ernst wie in den höheren Klassen nehmen wir den Sport eben doch nicht“, stellt Sultanic fest Der 38-jährige Bosnier selbst bricht am Donnerstag mit seiner Familie in den Heimaturlaub auf und fehlt dann dreieinhalb Wochen. Damit das Bietigheimer Team – oder das, was von ihm noch übrig ist – auf dem Sportplatz in Metterzimmern trotzdem vernünftig weiter trainieren kann, hinterlässt er seinen Spielern entsprechende Trainingspläne.
Vielleicht hat der FV Sönmez Spor auch Glück und darf mit einer Verzögerung in den Punktspielbetrieb einsteigen. Denn wegen des Ferienwaldheims in Metterzimmern sind dort Halle und Umkleidekabinen bis zum Ende der Sommerferien belegt. Darum will der A-Ligist Sultanic zufolge beim Staffeltag am Montag in Hohenhaslach beantragen, das erste Punktspiel später auszutragen. Der Trainer macht sich generell für einen späteren Rundenauftakt stark – nach den Ferien. Stattdessen könne man ohne Probleme bis in den Juli hinein spielen, so seine Überlegung.
Damit ist er auf einer Linie mit George Carter. „Der Verband sollte umdenken. Lieber haben wir mehr englische Wochen und dafür einen späteren Saisonbeginn. Das würde den Vereinen entgegenkommen“, sagt der Übungsleiter des Bezirksliga-Vizemeisters Croatia Bietigheim. Auch ihm fehlen in der Vorbereitung bis zu zehn Akteure gleichzeitig – das Gros weilt in Kroatien. „Das ist ärgerlich, müssen wir aber überstehen. Jeder Spieler hat ein Privatleben“, meint Carter. Der 55-jährige Engländer hat in der Szene aber auch einen Gesinnungswandel registriert: „Früher sind die Spieler im Juni in den Urlaub, heute gehen sie mitten in der Vorbereitung. Das kann jeder ältere Trainer bestätigen.“
Carter gibt den abwesenden Croatia-Kickern für den Urlaub einen Trainingsplan mit, der viermal wöchentlich Intervallläufe, Sprints und Kraftübungen vorsieht – und hofft, dass seine Schützlinge die Aufgaben auch brav erledigen. „Das liegt ja in ihrem eigenen Interesse. Wenn jemand im Urlaub fünf Kilogramm zugelegt hat und im Training plötzlich hinterherhechelt, wird er es schwer haben, in die Mannschaft zu kommen“, sagt der Bietigheimer Coach.
Flitterwochen sind erlaubt
Keine Probleme mit Urlaubern in der Vorbereitung haben dagegen höherklassige Vereine wie der Oberligist FSV 08 Bissingen. „Alle Jungs sind da“, sagt Coach Alfonso Garcia, der mit seinem Team zurzeit ein Trainingslager am Walchsee in Tirol abhält. „Wir hatten fünf Wochen Pause, da konnte jeder in den Urlaub gehen. Wenn jemand in die Mannschaft will, kann er nicht einfach zwei Wochen in der Vorbereitung fehlen.“ Eine Ausnahme gilt für Innenverteidiger Anil Sarak, der vor Kurzem geheiratet hat. Garcia: „Er darf natürlich in die Flitterwochen. Man heiratet ja schließlich nur einmal im Leben.“