Herr Prof. Dr. Best, Sie wollen heute an dieser Stelle über die chronische Kniescheiben-Instabilität sprechen. Weshalb liegt es Ihnen am Herzen, darüber aufzuklären?

Prof. Dr. Best: Mir fällt in meiner Sprechstunde immer wieder auf, dass es besonders bei jungen ­Patientinnen nach einer ersten, frühen Ausrenkung der Kniescheibe oftmals zu weiteren Ereignissen gekommen ist. Mögliche Folgeschäden, z.B. Knorpelschäden, sind dann zusehends schwieriger und mit immer größerem operativem Aufwand für die Patientinnen und Patienten zu behandeln. „Früher“ wurde einfach eine längere Pause verordnet. Heute kennt die medizinische Forschung verschiedenste Risikofaktoren, deren Bestimmung nach dem ersten Vorfall unerlässlich ist und immer fachlich abzuklären wäre. So wird schnell deutlich, ob es voraussichtlich bei einem einmaligen Vorfall bleibt, oder ob die Gefahr wiederkehrender Ausrenkungen besteht.

Was genau kann man sich unter der chronischen Kniescheiben-Instabilität vorstellen?

Zunächst muss man unterscheiden: Kam es durch ein äußeres Trauma oder durch eine „Bagatelle“ (z.B. Hinsetzen) zur Ausrenkung? Ist die Anatomie des Knies, allen voran die Kniescheiben-Gleitrinne, korrekt ausgebildet, erfordert es einer erheblichen Kraft, bis die Kniescheibe herausspringt – vergleichbar mit einem Schlitten, der aus der Bobbahn springt. Ist diese Gleitrinne aber z.B. nicht ausreichend ausgebildet, kann die Kniescheibe schon bei kleinsten Ereignissen herausrutschen. Um im Bild zu bleiben wäre dies der Bob, der auf einer glatten Straße nicht „in der Spur“ bleiben kann. Weitere solcher Risikofaktoren sind etwa das X-Bein oder ein vermehrt nach innen gedrehtes Bein.

Sind aktiv Sportreibende besonders betroffen?

Beim Sport kommt ja immer eine entsprechende Bewegungsdynamik hinzu, doch auch im Alltag kann man sich die Kniescheibe ausrenken, etwa beim Treppe-Hinabsteigen, Tanzen, Aus-dem-Bett-Aufstehen. Das Thema ist also für jeden von Interesse – und ich halte es für wichtig, die öffentliche Wahrnehmung zu schärfen.

Die wichtigste Präventionsmaßnahme ist die von Ihnen empfohlene Frühdiagnostik?

So ist es. Wenn nach dem ersten Vorfall nur das gerissene Halteband der Kniescheibe repariert wird, andere, bereits genannte Risikofaktoren aber keine Berücksichtigung finden, kann es trotz erfolgter Operation immer wieder zu einer Ausrenkung kommen – da das System als Ganzes nicht funktionieren kann. Für die Wahl der richtigen Operation ist diese diagnostische Konsequenz daher unabdingbar.

Sportklinik Stuttgart

Prof. Dr. med. Raymond Best

Zur Person

Prof. Dr. med. Raymond Best ist Chefarzt des Department Sportorthopädie/Sporttraumatologie „Untere Extremität“ und Mannschaftsarzt des VfB-Stuttgart.

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