Während die Golfplätze der Nation nicht unbe­dingt überfüllt sind mit jungem Publikum, über­legen sich nunmehr zahlreiche Jugendliche und junge Erwachsene regelmäßig, wie sie möglichst schnell auf das Green kommen. Die Anzahl der Menschen, die sich erstmals über einen Birdie gefreut hat, dürfte 2006 eine Wachstumskurve vergleichbar mit der Flugkur­ve nach einem gekonnten Pitch erfahren ha­ben.
Hierzu gibt es freilich keine statistischen Erhe­bungen. Die gibt es aber zum Beispiel zur Ent­wicklung der Golferinnen und Golfer in Deutsch­land – und diese Kurve zeigt nach oben. Über 670.000 aktive Golfspielerinnen und Golfspie­ler sind Mitglied im Deutschen Golf Verband (DGV). 2006 – im Veröffentlichungsjahr von Wii Sports - waren hingegen (nur) ca. 505.000 Golferinnen und Golfer im DGV organisiert.
Zugegeben, diesen Anstieg von über 30 % vor­wiegend auf die Verankerung in der Videospiel­industrie zurückzuführen, wäre etwas verkürzt gedacht und dürfte unzutreffend sein. Gescha­det haben wird es gleichwohl nicht, dass Golf auch im Videospielbereich deutlich mehr Prä­senz eingenommen hat.

Das virtuelle Golfspiel wird immer realistischer, was neue Geschäftsfelder und Möglichkeiten eröffnet.

Golf+ nennt sich etwa die Spielreihe, die sich im Virtual Reality (VR)-Bereich etabliert hat und den Abschlag - so das Versprechen der Ent­wickler – so intuitiv und so real wie noch nie an­fühlen lässt. Das hat auch den Verband der Be­rufsgolfer, die PGA überzeugt, weshalb sich Golf+ seit Anfang des Jahres 2023 für mehrere Jahre das „exklusive VR-Golfspiel der PGA-Tour“ nennen darf. Das stärkt zum einen die Marke der PGA-Tour, insbesondere durch Schaffung weiterer attraktiver Werbefläche für Sponsoren, Ausrüster und Pros, sowie die Be­geisterung für den Golfsport nachhaltig. Zum anderen erhält die Vermarktung des Spiels durch die Partnerschaft mit der PGA einen deutlichen Schub. Win/Win auf allen Seiten.
Denkbar ist, dass auch weitere Akteure im Golf­sport hiervon profitieren könnten. Golfschulen etwa könnten VR-Brillen bei der Vermittlung der Grundzüge des Golfens einsetzen. Der Ab­schlag könnte im Clubhaus trainiert werden, wovon Hobbyspielerinnen und Spieler wie ge­standene Golf-Pros gleichermaßen profitieren könnten. Ganz zu schweigen vom Vorteil, dass wild verteilte Golfbälle nicht mehr aufgesam­melt werden müssten. Kreativen Einfällen sind hier keine Grenzen gesetzt.
Als Stolperstein für derartige Überlegungen könnte sich – wie häufig – das Recht zeigen. Selbstverständlich darf eine Golfanlage sich z.B. nicht ohne Weiteres eines Videospiels be­dienen und das Spielen desselben in seinen Räumlichkeiten monetarisieren - es bedürfte vertraglich eingeräumter Nutzungsrechte des Spieleherstellers. Daher ist in der Beratungs­praxis zur Vermeidung böser Überraschungen jeweils für den Einzelfall zu prüfen, unter wel­chen Voraussetzungen die Ideen umgesetzt werden können.

Der eSport hält auch im Golf Einzug – mit vielen rechtlichen Problemen.

Ein weiteres Augenmerk ist in diesem Zusam­menhang auf den eSport zu richten, der in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung ge­nommen hat. Auch im Golf erhält der eSport mehr und mehr Einzug, seitdem die European Tour bereits 2019 die erste eSports Tour veranstaltete. Mit dem eSport gehen auch zahlrei­che rechtliche Fragestellungen einher, die durch die fortschreitende Professionalisierung des eSport nach und nach zur Klärung geführt werden dürften, bislang allerdings vor allem zu Rechtsunsicherheit führen und daher die rapi­de Entwicklung bremsen.
Da wäre die Frage, ob eSport überhaupt tat­sächlich „echter“ Sport sei und damit entspre­chende Sportverbände in den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) aufgenom­men werden, sofern sie die weiteren Vorausset­zungen der Aufnahmeordnung des DOSB ent­sprechen. Es wird zudem etwa diskutiert, ob der eSport einen steuerbegünstigten Zweck im Sinne der Abgabenordnung, etwa zur Förde­rung des Sports, § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 21 AO, dar­stellt oder zumindest darstellen sollte. Ein vom DOSB in Auftrag gegebenes – durchaus um­strittenes – Gutachten kommt derweil zu dem Ergebnis, dass die Gemeinnützigkeitsvoraus­setzungen nicht gegeben sind und eine gesetz­liche Änderung ggf. sinnvoll sei. Diesem Thema hatte sich u.a. die amtierende Bundesregierung im Koalitionsvertrag angenommen und sich zur Aufgabe gemacht, den „E-Sport gemeinnützig“ zu machen. Die Umsetzung lässt dagegen noch auf sich warten.
Diese Rechtsunsicherheit hemmt Sportvereine häufig, eSport innerhalb ihres Vereins anzubie­ten. Angesichts der mannigfaltigen Vorteile der Gemeinnützigkeit, wie der Ertragssteuerbefrei­ung oder des Spendenprivilegs, verwundert es nicht, dass diese Privilegien nicht riskiert wer­den sollen, auch wenn Gestaltungsmöglichkei­ten, wie die Ausgliederung der eSport Abteilung oder Umwege über den Zweck der Jugendar­beit, § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AO, denkbar und mög­lich sind.
Die äußerst komplexe Materie tangiert im Übri­gen zahlreiche weitere Rechtsgebiete, nicht zu­letzt das Urheberrecht, das Medienrecht oder das Arbeitsrecht. Und während sich die Juris­tinnen und Juristen hierüber die Köpfe zerbre­chen, ist zu hoffen, dass sich auch weiterhin zahlreiche Spielerinnen und Spieler über einen Birdie freuen dürfen – real und virtuell.
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Patrick Feser
Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Sport- und Vereinsrecht
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