Moderatorinnen, Handwerkerinnen oder Maklerinnen: Wer selbstständig arbeitet und schwanger wird, muss schon vor der Geburt mit viel organisatorischem Aufwand rechnen. Zwar haben auch Selbstständige Anspruch auf Elternzeit und Elterngeld. Was auf den ersten Blick positiv wirkt, kann in der Praxis aber mit Hürden verbunden sein.
Fest steht: Selbstständige, die Mutter werden, müssen sich darum kümmern, dass der Betrieb, den sie leiten, weiterläuft. Und zwar dann, wenn sie kurz vor oder nach der Geburt zumindest zeitweise ausfallen. „Dabei kommt es vor allem auf sorgfältige Planung an“, sagt Evelyne de Gruyter vom Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU).
Rechtzeitig um eine Vertretung kümmern
Selbstständige Frauen beginnen am besten, sich nach einer Vertretung umzusehen, sobald sie wissen, dass sie ein Kind bekommen. Dann gilt es, die Vertretung Schritt für Schritt an ihre Aufgabe heranzuführen. „Man muss delegieren und womöglich andere Arbeitsweisen akzeptieren können“, so de Gruyter.
Ebenfalls wichtig: „Auftraggeber, Kunden beziehungsweise Mandaten rechtzeitig über die Schwangerschaft informieren und sie darauf hinweisen, dass man selbst eine Zeit lang nicht den Betrieb leitet, es aber einen Ersatz gibt“, so de Gruyter.
Auch mit dem Partner sollten Schwangere so früh wie möglich Absprachen treffen, wer sich wann um das gemeinsame Kind kümmert. „Elternzeit muss eine selbstständige Frau nicht beantragen, schließlich ist sie ihre eigene Chefin“, erklärt de Gruyter. Sie allein entscheidet, ob und wie lange sie in Elternzeit geht.
Elterngeld als Selbstständige beantragen
Komplizierter wird es meist, wenn es ums Finanzielle geht. Auch Selbstständige können Elterngeld als staatliche Leistung beantragen. Das ist nach Angaben des Bundesfamilienministeriums erst mit dem Tag der Geburt des Kindes möglich - und zwar bei der Elterngeldstelle.
Anspruch auf Elterngeld haben Selbstständige, die ihre Kinder nach der Geburt selbst betreuen und erziehen. Ihren Wohnsitz müssen sie in Deutschland haben oder sich zumindest hierzulande gewöhnlich aufhalten.
Um Elterngeld zu bekommen, müssen Selbstständige nicht unbedingt ihre Erwerbstätigkeit komplett ruhen lassen. „Allerdings dürfen Sie nicht mehr als 30 Stunden pro Woche arbeiten, solange Sie Elterngeld bekommen“, heißt es vom Bundesfamilienministerium.
Elterngeld, ElterngeldPlus und Partnerschaftsbonus
Das Elterngeld gibt es dem Ministerium zufolge in drei Varianten: Basiselterngeld, ElterngeldPlus und Partnerschaftsbonus. Basiselterngeld gibt es für bis zu zwölf Lebensmonate des Kindes. Will auch der Partner eine Auszeit für die Betreuung des Kindes nehmen, haben die Mutter und ihr Partner Anspruch auf insgesamt 14 Monate.
Beim ElterngeldPlus dürfen Selbstständige maximal 30 Stunden in der Woche beruflich tätig sein. Sie erhalten dann Elterngeld abhängig von der Höhe des Einkommens. Das ElterngeldPlus wird für den doppelten Zeitraum gewährt. Das bedeutet, Selbstständige können einen Monat Basiselterngeld in zwei ElterngeldPlus-Monate umwandeln.
Unterm Strich werden also aus bis zu 14 Monaten Basiselterngeld bis zu 28 ElterngeldPlus-Monate. Das heißt, dass der tatsächliche Betrag sich auf zwei Monate verteilt. Bei 28 Monaten Bezugsdauer von Elterngeld Plus werden pro Monat 50 Prozent des Basiselterngelds gezahlt.
Das ElterngeldPlus gibt es vier Monate länger, wenn sich die Selbstständige mit ihrem Partner die Betreuung des Kindes teilt und dafür beide gleichzeitig Teilzeit arbeiten. Dafür dürfen beide vier Monate lang parallel nicht mehr als maximal 30 Stunden die Woche arbeiten - das ist das Modell Partnerschaftsbonus.
Wie hoch das Elterngeld für Selbstständige ausfällt
Das Elterngeld beträgt laut Ministerium höchstens 1800 Euro im Monat. Diejenigen, die 1240 Euro oder mehr verdienen, bekommen 65 Prozent des Einkommens. Wer zwischen 1200 und 1239 Euro verdient, erhält 66 Prozent - und bei einem Einkommen zwischen 1000 und 1199 Euro gibt es 67 Prozent.
Bemessungsgrundlage für das Elterngeld ist das Nettoeinkommen. Bei Selbstständigen ist dies der erzielte Gewinn aus dem letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum, also in der Regel dem letzten Kalenderjahr. Diese Regelung sieht Evelyne de Gruyter kritisch. „Gerade in Krisenzeiten bei Konjunkturschwankungen kann es zu Auftragseinbrüchen und damit zu negativen Einkommensentwicklungen kommen, die sich dann negativ auf die Höhe des Elterngeldes auswirken“, so de Gruyter.
Elterngeld für Selbstständige mit Schattenseiten
Das Elterngeld für Selbstständige hat weitere Schattenseiten: Wer während der Elternzeit maximal 30 Stunden pro Woche arbeitet, muss den Gewinn mit dem Elterngeld verrechnen. Auch Einkünfte, die vor dem Elterngeldbezug erwirtschaftet und erst nach der Geburt als Zahlung eingehen, werden als Zuverdienst auf das Elterngeld angerechnet. „Das heißt also, dass man Teile des erhaltenen Elterngeldes gegebenenfalls zurückzahlen muss“, so de Gruyter.
Nicht zu vergessen: Selbstständige haben während des Elterngeldbezugs weiterhin hohe Fixkosten. Etwa Krankenversicherung, laufende Betriebskosten oder Berufsversicherungen. Solche Ausgaben müssen Selbstständige trotz verminderter Arbeitszeit in voller Höhe tätigen.
„Diese Fixkosten sind mitnichten durch die Sozialversicherungspauschalen, die der Berechnung des Elterngeldes zugrunde liegen, gedeckt“, sagt de Gruyter. Ob das Elterngeld-Modell für Selbstständige also tatsächlich attraktiv ist, hängt stark von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab.
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