Der britische Premierminister Boris Johnson ist zuletzt wegen immer neuer Skandale massiv unter Druck geraten. Eine ganze Reihe von Sex-Vorwürfen erschütterten seine konservative Regierungspartei. Hinzu kam der Skandal um alkoholgeschwängerte Partys am Regierungssitz während des Corona-Lockdowns. Nun zogen zwei hochrangige Minster die Konsequenzen: Aus Protest gegen Johnsons Amtsführung reichten Finanzminister Rishi Sunak und Gesundheitsminister Sajid Javid ihren Rücktritt ein. Beide sind erfahrene Politiker und wurden noch Anfang des Jahres als mögliche Nachfolger Johnsons gehandelt.

Zu Finanzminister Rishi Sunak

Der erste hinduistische Finanzminister Großbritanniens trat sein Amt 2020 an - eine Schlüsselposition inmitten der Corona-Pandemie. Mit seinen mutigen Maßnahmen zum Erhalt der durch den Lockdown gefährdeten Arbeitsplätze verschaffte sich der 42-jährige Brexit-Befürworter Anerkennung.
Er ist ein guter Redner und Kommunikator, sein Stil stets tadellos. Der Kontrast zwischen dem höflichen Ex-Finanzminister und dem auf Krawall gebürsteten Premier könnte kaum größer sein. Sunak arbeitete unter anderem als Analyst bei Goldman Sachs, bevor er 2015 ins Parlament gewählt wurde. Er ist mit der Tochter eines indischen Milliardärs verheiratet.
Gegen Sunak war in der "Partygate"-Affäre selbst ein Bußgeld wegen der unzulässigen Feiern in Corona-Zeiten verhängt worden. Nun trat er von seinem Amt zurück. Die Öffentlichkeit erwarte "zu Recht, dass die Regierung ordentlich, kompetent und seriös geführt wird", schrieb er in seinem Rücktrittsschreiben an Johnson.

Zu Gesundheitsminister Sajid Javid

Sajid Javid, Sohn eines aus Pakistan stammenden Busfahrers, hat schon viele Ressorts geleitet: unter anderem Finanzen, Inneres und Wohnen. Seit Sommer 2021 war der 52-Jährige Gesundheitsminister. Beim Brexit-Referendum 2016 stimmte er aufgrund der wirtschaftlichen Vorteile für den Verbleib in der EU, wechselte danach jedoch die Seiten. Bis zu seinem Eintritt in die Politik war Javid Manager bei der Deutschen Bank.
Javid hatte sich Anfang Juni in der Kontroverse um Partys am Regierungssitz während des Corona-Lockdowns noch hinter Johnson gestellt. Danach folgte der Sex-Skandal um den stellvertretenden Parlamentarischen Geschäftsführer der Tory-Partei, Chris Pincher, der zwei Männer sexuell belästigt haben soll. Nun erklärte Javid in seinem Rücktrittsschreiben an Johnson, ihm sei "klar, dass sich die Situation unter Ihrer Führung nicht ändern wird, und Sie haben deshalb mein Vertrauen verloren".