In deutschen Apotheken sind im vergangenen Jahr 145 000 Mal Cannabis-Zubereitungen über die Ladentheke gegangen – mehr als dreimal so viel wie im Jahr 2017, wo seit 10. März erstmals überhaupt Verordnungen erlaubt waren. Das sei „eine bemerkenswerte Steigerung“, sagt Ursula Sellerberg, Sprecherin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Das Interesse der Patienten am Thema Cannabis sei „enorm groß“. Allerdings relativiere sich die Zahl der verordneten Einheiten des Hanfproduktes, wenn man bedenke, dass die rund 20 000 Apotheken im Vorjahr insgesamt etwa 740 Millionen Packungen rezeptpflichtiger Arzneimittel ausgegeben hätten.
Die Begeisterung der Krankenkassen hält sich angesichts der Entwicklung in Grenzen. So betonen TK und AOK unisono, dass es wegen fehlender Studien an Belegen zur Wirksamkeit mangele. Cannabis könne Patienten nur im Einzelfall helfen, etwa bei der Behandlung von Schmerzen bei Multipler Sklerose und Rückenmarksverletzungen.
AOK-Sprecherin Christine Göpner-Reinecke verweist darauf, dass die seit zwei Jahren mögliche Verordnung von Cannabis politisch gewollt gewesen sei. Es bestehe aber weiterhin eine große Unklarheit darüber, wem Cannabis tatsächlich helfen könne. Im AOK-Bereich habe es 2018 rund 19 000 Anträge auf Kostenerstattung gegeben, zwei Drittel davon seien genehmigt worden. Deutlich weniger Anträge, nämlich 2200, registrierte die TK. Aber auch hier wurden zwei von drei Anträgen genehmigt. Dass bundesweit die Cannabis-Verordnungen spürbar zunehmen, führt TK-Sprecherin Kerstin Grießmeier auch darauf zurück, dass es sich um ein „lernendes System“ handele: Innerhalb von zwei Jahren konnten „verschreibende Mediziner Erfahrungen sammeln, bei welchen Patienten ein Antrag sinnvoll und aussichtsreich ist“.
Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vor zwei Jahren war es lediglich möglich, mit einer Ausnahmegenehmigung Cannabis zu nutzen. Dies betraf damals laut AOK exakt 1061 Fälle. Und die mussten die Behandlung aus eigener Tasche bezahlen. Nun fällt bei einer Genehmigung durch die Krankenkasse nur noch die Zuzahlung an, die auf maximal zehn Euro pro Medikament begrenzt ist.