Vier Wochen vor der bayerischen Landtagswahl steht im Parlament ein offener und wohl heftiger Schlagabtausch über die Flugblatt-Affäre rund um Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bevor. Auf Antrag von Grünen, SPD und FDP kommt der sogenannte Zwischenausschuss zu einer Sondersitzung zusammen. Das Gremium ist in der Zeit kurz vor Landtagswahlen für die Beratung dringender Angelegenheiten zuständig, ihm gehören aktuell 51 Abgeordnete an.
Aiwanger und auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) haben angekündigt, an der Sondersitzung teilzunehmen. Söder plante dort aber zunächst keine Wortmeldung. „Ein Redebeitrag ist nicht vorgesehen: Der Ministerpräsident hat die Beweggründe seiner Entscheidung bereits ausführlich dargelegt und die gesamte Öffentlichkeit an seinem Abwägungsprozess umfangreich teilhaben lassen“, sagte eine Sprecherin.

Flugblatt-Affäre: Heftige Kritik an Aiwanger

Aiwanger hatte vor zwei Wochen zunächst schriftlich zurückgewiesen, zu Schulzeiten ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben, über das die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet hatte. Gleichzeitig räumte er ein, es seien „ein oder wenige Exemplare“ in seiner Schultasche gefunden worden. Kurz darauf erklärte sich sein Bruder zum Verfasser des Pamphlets. In der Folge wurden immer mehr Vorwürfe zu Aiwangers damaligem Verhalten erhoben. Nach mehreren Tagen entschuldigte er sich, ging aber zugleich zum Gegenangriff über und beklagte eine politische Kampagne gegen sich. Söder hält aber an ihm fest: Eine Entlassung wäre nicht verhältnismäßig, erklärte der Regierungschef am Sonntag.
Die Freien Wähler machen inzwischen Tag für Tag in teils scharfen Worten mit dem Vorwurf einer Schmutzkampagne Wahlkampf. Aiwanger sagte in dem Zusammenhang in einem Interview sogar: „In meinen Augen wird hier die Schoah zu parteipolitischen Zwecken missbraucht.“ Auf Kritik des Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, der fehlende „Reue und Demut“ bei Aiwanger beklagt hatte, war der Freie-Wähler-Vorsitzende zuletzt auf Nachfrage nicht eingegangen.

Vor Landtagswahl: Söder möchte Koalition mit Freien Wählern fortsetzen

Die Fronten im Landtag sind klar: CSU und Freie Wähler wollen ihre Koalition auch der Wahl am 8. Oktober fortsetzen. Söder hatte auch auf dem Höhepunkt der Affäre um seinen Vize keine Gelegenheit ausgelassen, sich zu den Freien Wählern zu bekennen. Ein mögliches schwarz-grünes Regierungsbündnis schließt er weiter kategorisch aus.