Der aktuelle Ebola-Ausbruch im Kongo ist der zweitschwerste insgesamt und der schwerste für die Demokratische Republik Kongo. Die Experten sind sich nicht darüber einig, ob die Epidemie demnächst eingedämmt werden kann.
Die bisherige Erfahrung mit dieser hochansteckenden Krankheit ist eine Statistik des Leides. Im Kongo erlagen bislang nach offiziellen Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO 225 Menschen der Krankheit Ebola. Bei weiteren 48 Menschen wird Ebola als Todesursache vermutet. Hinzu kommen die Dunkelziffern in der von bürgerkriegsähnlichen Zuständen heimgesuchten Region. Trotzdem ist die Epidemie noch weit entfernt von den 11 000 Ebola-Toten der Jahre 2014/15 in Westafrika. Der jüngste Ebola-Ausbruch könnte aber auch erst der Beginn einer Katastrophe sein, warnen Experten.
„Ein langwieriger Ausbruch ist sehr wahrscheinlich, und das Ende ist einfach nicht in Sicht.“ So warnt Michelle Gayer, Senior-Direktorin der Internationalen Rettungsorganisation ICR (International Rescue Committee). „Der Ausbruch ist noch lange nicht unter Kontrolle, und wird es sehr wahrscheinlich auch nicht in den nächsten sechs Monaten sein. Wir befürchten, dass hunderte weitere Menschen ihr Leben verlieren werden.“
Auf Hilfe von außen angewiesen
Das habe nicht zuletzt mit der „Dynamik von Konflikten“, in der Region zu tun, heißt es der vom ehemaligen britischen Außenminister David Miliband geführten Nichtregierungsorganisation. Der Osten Kongos ist seit Jahrzehnten im permanenten Ausnahmezustand. Mehr als 100 Milizen operieren in den Provinzen Nordkivu, Südkivu und Ituri. Bewaffnete Konflikte, Überfälle, Massaker an der Zivilbevölkerung, systematische Vergewaltigungen, Entführungen und eine Million Binnenflüchtlinge stehen dem weitgehenden Zusammenbruch staatlicher Kontrolle, der Kollaboration der Regierungssoldaten mit den Rebellengruppen und einem Gesundheitswesen gegenüber, das auf ausländische Hilfe existenziell angewiesen ist.
Hinzu kommt ein tiefes Misstrauen der Bevölkerung auch gegenüber angebotener medizinischer Hilfe. „Diese Kombination aus mangelnder Sicherheit, Widerstand der Gemeinschaft und zerstörten Gesundheitsdiensten schafft die optimalen Bedingungen für die Ausbreitung der Krankheit“, heißt es beim ICR. Bei der WHO ist man dagegen etwas optimistischer. Notfall-Chef Peter Salama glaubt zwar, „dass es sicher noch sechs Monate dauern kann“, aber dann werde man die Lage unter Kontrolle haben.
Die Gefahr einer Ausbreitung von Ebola über den Kongo hinaus, stuft man bei der WHO als „gering“ ein. Auf nationaler und regionaler Ebene sei sie allerdings „hoch“. Und auch bei der WHO sieht man mit Besorgnis auf die bewaffneten Kämpfe und vor allem auf die permanenten Überfälle der ADF-Nalu-Rebellen, einer äußerst brutalen, islamistisch geprägten Miliz, die ihre Wurzeln in Uganda hat. Die ADF (Allied Democratic Forces) greifen immer wieder die Stadt Beni an, die als Zentrum der Ebola-Epidemie gilt. „Alles, was einen Ausbruch der Krankheit noch komplizierter machen könnte, findet sich hier“, sagt Tarik Jasarevic, Sprecher der WHO. Hinzu kommt die Präsidenten- und Parlamentswahl am 23. Dezember. Im Vorfeld kommt es immer wieder zu Gewalt.
Das sind „Zeiten besonderer Anspannung im Kongo“, meint Jasarevic. Man werde die Lage beobachten. Ansonsten würde an Maßnahmen helfen, was immer gegen Ebola geholfen hat: Viel Hygiene und keinen Kontakt zu Erkrankten oder Toten. Außerdem gebe es mittlerweile Medikamente, die bei rechtzeitigem Erkennen der Erkrankung helfen.
Besondere Hoffnungen verbinden sich mit rVSV-ZEBOV. So heißt der neue Impfstoff, dessen Wirkung die WHO für bahnbrechend hält. Es handelt sich um einen sogenannten „experimentellen Impfstoff“. Offiziell ist er noch nicht zugelassen. Die WHO und die kongolesische Ethikkommission machen von der Möglichkeit Gebrauch, den Impfstoff aus humanitären Erwägungen einzusetzen. Laut WHO-Sprecher Jasarevic wurde der Impfstoff schon 2015 erfolgreich an 16 000 Freiwilligen getestet.
Die WHO hat weitere Impfkampagnen angekündigt, die über die weltweit agierende privat-öffentliche Impfallianz Gavi finanziert werden sollen. Das Bundesentwicklungsministerium fördert die Impfallianz allein 2018 mit 120 Millionen Euro. Deutschland ist viertgrößter Geldgeber für Gavi. „Eine Lehre aus der letzten Ebola-Krise war, dass wir entschlossen handeln müssen“, sagt Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU). Es müsse alles getan werden, damit Ebola nicht auf die Nachbarländer des Kongo übergreift. „Deswegen stellt das Bundesentwicklungsministerium 650 000 Euro an Unicef zur Verfügung, um eine Ausbreitung in den Südsudan zu verhindern“, so der Minister. Außerdem wurden zehn Millionen Euro als Soforthilfe über die Pandemieversicherung der Weltbank überwiesen. „Damit unterstützen wir die Ausstattung von Krankenhäusern, etwa mit Quarantänestationen, und die Notversorgung der Infizierten.“
Ebola-Verbreitung im Kongo