Die Sozialwahl ist zugleich bekannt wie unbekannt. Man hat meist schon von ihr gehört, aber der Sinn und Inhalt bleibt oft unklar. Dabei ist die Sozialwahl gemessen an den Wahlberechtigten sogar die drittgrößte Wahl in Deutschland. Alle Infos zu der Sozialwahl hier zusammengefasst.

Was ist die Sozialwahl?

Nicht nur der Bundestag besteht aus einem Parlament,- auch viele andere Institutionen setzen sich teilweise aus demokratisch gewählten Personen zusammen: So auch die gesetzlichen Renten- und Sozialversicherungen. Diese sind in Deutschland für 74 Millionen Menschen zuständig. Die höchsten Entscheidungsgremien werden dabei demokratisch gewählt. Die Parlamente, bei den Krankenkassen „Verwaltungsrat“ und bei den Rentenversicherungen „Vertreterversammlung“ genannt, setzen sich dabei zur Hälfte aus Vertretern der Versicherten und Arbeitgebern zusammen und werden bei der Sozialwahl über Listen gewählt.

Wie wichtig ist die Sozialwahl?

Die Sozialparlamente beschließen den Haushalt der Versicherungen und entscheiden so über die Beiträge der Mitglieder. Bei den Krankenkassen wird auch über Wahltarife oder Bonusprogramme wie zum Beispiel Zuschüsse für Zahnreinigungen oder Reiseimpfungen abgestimmt. Weiterhin berufen sie auch ehrenamtliche Beraterinnen und Berater ein, die den Service der Versicherungen bestimmen. Somit gestalten die Sozialparlamente die Leistungen der Versicherungen maßgeblich mit. Allein bei den Krankenkassen wird dabei über ein Budget von 300 Millionen Euro verhandelt.
Jedoch sind viele maßgeblichen Rahmenbedingungen wie zum Beispiel der Beitragssatz oder die Rentenhöhe bei den Rentenversicherungen staatlich schon vorgeschrieben und auch bei den Krankenkassen sind knapp 95% der Leistungen bereits gesetzlich festgelegt. Auf diese und weitere Variablen haben die Sozialparlamente keinen Einfluss, sodass ihre Bedeutung für die Sozialpolitik wiederum auch nicht sehr groß ist.

Wer ist wahlberechtigt?

Bei der Sozialwahl sind alle Personen wahlberechtigt, die über 16 Jahre alt sind und schon einmal in die Kranken- oder Rentenversicherung eingezahlt haben. Pro Art der Versicherung darf genau eine Stimme vergeben werden. Wer sowohl in die Kranken- als auch Rentenversicherung einzahlt oder eingezahlt hat, kann demnach bis zu zwei Stimmen abgeben. Doch nicht nur das: Es besteht sowohl ein passives als auch aktives Wahlrecht. Wahlberechtigte können sich über Parteien, Gewerkschaften, Arbeitgebervereinigungen oder von einer anderen Organisation, die wahlberechtigt ist, zur Wahl aufstellen lassen. Meist gilt dafür jedoch die Bedingung, eine bestimmte Zeit lang Mitglied der aufstellenden Organisation gewesen zu sein.
Es ist auch möglich, als unabhängiger Kandidat für die Sozialwahl anzutreten. Hierfür muss jedoch eine bestimmte Anzahl von Unterstützungsunterschriften von wahlberechtigten Versicherten und Arbeitgebern gesammelt werden, um als Kandidat zugelassen zu werden. Bei großen Versicherungsträgern sind das bis zu 1000 Unterschriften.

Wer wird gewählt?

Bei der Sozialwahl in Deutschland werden die Vertreterinnen und Vertreter der Versicherten und Arbeitgeber in den Selbstverwaltungsgremien der Sozialversicherungsträger gewählt. Das sind in der Regel die Vertreterinnen und Vertreter in den Verwaltungsräten der gesetzlichen Krankenkassen, Rentenversicherungen, Unfallversicherungen und anderen Sozialversicherungsträgern. Die Vertreter der Versicherten werden von den wahlberechtigten Versicherten gewählt, während die Vertreter der Arbeitgeber von den wahlberechtigten Arbeitgebern gewählt werden. Die Anzahl der Vertreter, die gewählt werden, richtet sich nach der Größe des Versicherten- bzw. Arbeitgeberanteils im jeweiligen Sozialversicherungsträger.

Wie wird bei der Sozialwahl abgestimmt?

Bis zu diesem Jahr wurde die Sozialwahl als reine Briefwahl durchgeführt. Diese Möglichkeit besteht auch 2023 weiter fort. Die Stimmzettel werden dabei in einem ersten Schritt allen Wahlberechtigten automatisch per Post zugeschickt. Auf dem Stimmzettel können die Wahlberechtigten dann ihre Vertreter für die Selbstverwaltungsgremien der Sozialversicherungsträger wählen. In der Regel werden auf dem Stimmzettel verschiedene Listen von Kandidaten aufgeführt, die von den Parteien, Gewerkschaften oder anderen Organisationen aufgestellt wurden. Der unterschriebene Stimmzettel muss dann im Wahlbriefumschlag per Post an die zuständige Stelle geschickt werden. 2023 gibt es allerdings auch eine weitere Möglichkeit an der Wahl teilzunehmen: Bei der TK, Barmer, DAK, KKH und hkk kann dieses Jahr auch online abgestimmt werden.

Bis wann geht die Sozialwahl und wie oft findet sie statt?

Die Vertreterinnen und Vertreter der Beitragszahler bei den Versicherungen werden alle 6 Jahre gewählt. Die Sozialwahl erstreckt sich dabei meist über einen Zeitraum von knapp einem Monat. 2023 beginnt die Wahl am 20. April. Bis zum 31. Mai müssen die Wahlunterlagen beim zuständigen Wahlausschuss oder bei der TK, Barmer, DAK, KKH und hkk auch online eingegangen sein.

Welche Neuerungen gibt es bei der Sozialwahl 2023?

Neben der Möglichkeit bei der Sozialwahl 2023 online abstimmen zu können, wird in diesem Jahr auch erstmalig eine Frauenquote Anwendung finden. Bei den Wahllisten für die Krankenkassen ist ein Anteil von 40% Pflicht, bei den weiteren gesetzlichen Sozialversicherungen wird diese Verteilung als Mindestwert empfohlen. Da Frauen anders krank werden und andere Bedürfnisse haben als Männer, ist es laut Doris Barnett, der stellvertretenden Bundeswahlbeauftragten für die Sozialversicherungswahlen, wichtig, dass dies auch in der Repräsentation in den Entscheidungsgremien der gesetzlichen Sozialversicherungen berücksichtigt wird.

Gibt es eine Wahlpflicht bei der Sozialwahl?

Die Teilnahme an der Sozialwahl ist freiwillig. 2017 lag die Wahlbeteiligung bei knapp 30 Prozent. Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl 2021 waren es 76.6 Prozent.

Gibt es einen Wahl-O-Mat?

Der Wahl-O-Mat ist ein Online-Werkzeug, das im Vorfeld von Wahlen zur Verfügung gestellt wird, um den Wählern dabei zu helfen, ihre politischen Präferenzen mit den Programmen der Parteien abzugleichen. Für die Sozialwahl steht dieses bis jetzt jedoch nicht zur Verfügung. Die aufstellenden Organisationen stellen jedoch Informationen zu ihren Kandidaten, z.B. in Form von Wahlbroschüren oder auf ihren Webseiten bereit.