Dieser Cocktail macht zugleich blau und wach, sagen seine Fans: Konzentrierter Kaffee trifft auf Wodka. Es geht um Espresso Martini. Fachleute zählen ihn zu den After-Dinner-Drinks, was jedoch manche nicht daran hindert, ihn als Aperitif zu nehmen. Das Mixgetränk hat eine bewegte 40-jährige Geschichte und den Ruf, das neue Trendgetränk zu sein – quasi als Gegenprogramm in einer Welt voller Aperol Spritz, Gin Tonic oder Hype um Tequila.

Süß, stark, befriedigend

Wer heutzutage ein Trendgetränk ausruft, hört rasch, dass dieser Drink doch schon lange angesagt sei. Ist natürlich auch beim Espresso Martini so. Die „New York Times“ schrieb im Juni 2021: „Der Espresso Martini ist (wieder) überall.“ Das Süße, Starke, Befriedigende sei nun mal Zeitgeist: „In seiner klassischsten Form besteht das Getränk aus frisch gebrühtem Espresso, Kaffeelikör und Wodka, geschüttelt und wird in einem gekühlten Martiniglas mit drei gerösteten Kaffeebohnen als Garnitur serviert.“
In Deutschland sagt der Chefredakteur des Fachorgans „Mixology – Magazin für Barkultur“, Nils Wrage, erste Anzeichen der Renaissance habe es schon Ende der 2010er Jahre in den USA gegeben, als der Espresso Martini in mehreren Fernsehformaten vorgekommen sei. „Eine Form der Re-Popularisierung älterer Drinks haben wir ja schon öfter erlebt, am bekanntesten sicherlich beim Cosmopolitan, der um das Jahr 2000 durch „Sex And The City“ auf die große Bühne gehoben wurde.“
Dick Bradsell gilt als Erfinder des Espresso Martini. Er starb 2016 mit nur 56 Jahren und war in den 80ern und 90ern eine stilistisch prägende Figur der Londoner Bar-Szene. Während seiner Zeit in der Bar „The Pharmacy“ sei der Drink „Pharmaceutical Stimulant“ genannt worden, dann wieder „Vodka Espresso“.

Ein Drink im Martiniglas – daher der Name

Drinks entwickelten ein gewisses Eigenleben, wenn sie erst einmal populär geworden seien, meint der Londoner Barkeeper Terry Cashman. „Und die Tendenz in den späten 90er Jahren, allem, was in einem Martiniglas serviert wurde, ein „Martini“ anzuhängen (Chocolate, Watermelon, Apple) führte dazu, dass er schon bald als Espresso Martini ins öffentliche Bewusstsein einging.“
Dennoch geriet der Drink jahrelang fast in Vergessenheit, wie „Mixology“-Chef Wrage sagt. „Seinen Boost hat er während der Hochphase von Pandemie und Lockdowns erfahren, als viele daheim begannen, Cocktails zu mixen. Und: „Viele Leute haben eine Espresso-Maschine, und ansonsten braucht man ja nicht viel.“ Der Drink sei „fancy, aber auch zugänglich“.

Einfache Zubereitung und gut für Experimente

Auch im deutschsprachigen Raum habe die Bar-Szene den Trend aufgenommen, sagt Wrage. Espresso Martini lasse sich unkompliziert zubereiten und in größeren Mengen vorbereiten. Außerdem biete er Barkeepern die Möglichkeit zum Experimentieren, indem die Spirituose verändert werde. „Mit Rum oder Tequila kann er mehr Spaß machen, weil er dann eine komplexere Aromatik bietet.“ Espresso Martini passe gut in unsere Zeit und zum Lebensgefühl, meint Wrage. Der Drink mit seiner Kombination aus Alkohol und Koffein symbolisiere auch eine Verschmelzung von Rausch und Performance-Druck, unter dem sich heutzutage viele Leute sehen.“

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Geschichte des Cocktail mit Kaffee

Terry Cashman, Londoner Barkeeper, beschreibt in einem Fachportal des Spirituosenkonzerns Diageo die Entstehung des Drinks wie folgt: „Dick Bradsell erfand ihn 1983 während seiner Zeit in der Soho-Brasserie und nannte ihn ursprünglich „Vodka Espresso“. Die Cocktail-Legende besagt, dass ein junges, künftiges Supermodel an die Bar kam und Dick bat, einen Cocktail mit Kaffee für sie zuzubereiten. Er mixte ihr einen Drink aus Wodka, Zucker, Kaffeelikör und einem Schuss Espresso direkt aus der Kaffeemaschine neben seiner Station.“ dpa