Das Loch im Raumschiff Sojus MS-09, das Alexander Gerst und zwei andere Astronauten am 6. Juni zur ISS gebracht hat, war gefährlich. Das hat Gerst dem britischen BBC Radio 4 gesagt. Auch wenn das Loch klein war: „Es hätte für uns sehr ernst werden können.“
Das Loch in der Außenhülle der Raumkapsel hatten die sechs Astronauten auf der ISS am 30. August entdeckt. Am Morgen hatten ihnen die Raumfahrtagenturen Nasa (USA), Roskosmos (Russland) und Esa (Europa) mitgeteilt, dass es auf der Raumstation einen leichten Druckabfall gebe.
Das Loch maß zwei Millimeter im Durchmesser
Das Loch war Nasa-Angaben zufolge hinter einer Toilette und maß etwa zwei Millimeter im Durchmesser. Eine Aufnahme zeigt Spuren neben dem Loch, die aussehen, als habe jemand einen Bohrer mehrfach angesetzt und sei damit immer wieder verrutscht. Das Loch muss mit irgendetwas (Klebstoff?) verschlossen gewesen sein. Der Pfropfen ist jedenfalls nach dem Flug zur ISS vom Überdruck im Raumschiff herausgedrückt worden, seitdem entwich Luft.
Gerst hat im Interview mit BBC Radio 4 entschieden den Verdacht russischer Medien zurückgewiesen, ein US-Astronaut könne das Loch gebohrt haben. Seiner Ansicht nach ist das Loch das Ergebnis einer verpfuschten Instandsetzungsarbeit, es sei dann von Produktions- oder Wartungspersonal am Boden verschlossen worden.
Was wäre passiert, wenn der Pfropfen früher abgebrochen wäre?
„Es ist offensichtlich, dass das ein von Menschen gemachtes Loch ist“, zitiert der Telegraph Gerst aus dem Interview. „Das Loch war da und nur mit etwas Klebstoff bedeckt. Die Frage ist also, wie es dahingekommen ist.“ – Der Bericht im Telegraph steht hier.
Zwar hat die Nasa immer versichert, für die Astronauten habe keine Gefahr bestanden. Aber Gerst wies in BBC Radio 4 darauf hin, dass die Situation hätte durchaus auch ernst werden können. „Als Astronaut denkst Du: ,Also, was wäre passiert, wenn es ein bisschen früher abgebrochen wäre, als wir auf dem Weg zur Raumstation waren und nur wenig Luft im Raumschiff hatten?’“ Auch wenn das Loch klein war: „Es hätte für uns sehr ernst werden können.“
Beim Rückflug herrscht keine Gefahr
Um das Loch ranken sich seit seiner Entdeckung Spekulationen. Alles zum Loch in der Sojus-Kapsel: hier. Zwei Kosmonauten haben während eines Weltraumspaziergangs die Teile der Hülle der Raumkapsel entfernt, unter der das Loch lag. Ob sie den Pfropfen gefunden haben und was die Roskosmos-Untersuchungskommission beim Hersteller der Sojus-Kapsel und auf dem Raumhafen von Baikonur ermittelt haben (oder nicht), soll im Februar 2019 veröffentlicht werden.
Für den Rückflug zur Erde hat das Loch keine Rolle gespielt. Es war an einem Modul der Sojus-Kapsel, der sowie abgesprengt wird und verglüht. Die Astronauten saßen in einem anderen Modul.
Gerst würde gerne zum Mond fliegen
Ungeachtet dieser Aufregung: Gerst würde gerne zum Mond fliegen, hat er in einem ZDF-Interview gesagt. Wenn er mit einer Mondfahrt zur Forschung beitragen könnte, „dann würde mich das sehr faszinieren.“
„Es ist einfach schön, wieder da zu sein“, sagte Gerst dem ZDF, das einen Teil des Interviews auf seine Homepage gestellt hat. Der Astronaut aus Künzelsau war vom 6. Juni bis 20. Dezember 2018 auf der Internationalen Raumstation gewesen, zuletzt als Kommandant.
Auf der Erde hält es Gerst nicht unbedingt. „Ich würde natürlich sehr gerne, wenn es die Möglichkeit gäb, weiter rauszufliegen zum Mond, ihn mit eigenen Augen von nahem zu sehen, vielleicht darauf gehen“, sagte er dem ZDF. Sein Ziel: „Wissenschaft zu betreiben, über uns selbst zu lernen, von Mondgestein zu lernen, wie die Erde entstanden ist – wenn ich da dazu beitragen könnte, dann würde mich das sehr faszinieren.“
Alles hängt daran, ob die Esa einen Flug zum Mond mitfinanziert
Dass ein Europäer in absehbarer Zeit zum Mond gelangt, steht allerdings in den Sternen. Die Europäische Weltraumagentur Esa sondiert gerade, ob private Unternehmen sich an einem Transport-, Forschungs- und Geschäftsmodell beteiligen können und wollen, das den Mond letztlich als Sprungbrett „für die zukünftige bemannte Erkundung des fernen Weltraums“ nutzbar macht.
Möglicherweise wird im nächsten Jahrzehnt das Deep Space Gateway errichtet, eine Raumstation in der Nähe des Mondes. Die USA und Russland haben sich im September 2017 darauf geeinigt, dass sie die Technik für Transport und Betrieb einer solchen Raumstation entwickeln und bereitstellen.
Falls die Esa sich an diesem Projekt nicht beteiligt, dürfte in den milliardenteuren Flügen allerdings kein Platz für einen deutschen Astronauten sein. Außerdem wirkt sich das frostige Klima zwischen den USA und Russland mittlerweile auf deren Raumfahrtorganisationen Nasa und Roskosmos aus, so dass auch das Deep Space Gateway vorläufig im Modus „Absicht“ bleibt.
Frost statt Tauwetter
Die Zusammenarbeit der Raumfahrtbehörden Nasa und