Mit bloßen Händen räumen die Menschen Stein für Stein beiseite. Rettungskräfte und Anwohner arbeiten Seite an Seite. Noch immer werden lebende Kinder unter dem Berg von Zement und Stahl vermutet, der einmal eine Schule war. Ein Schäferhund hat ein Mädchen in den Trümmern entdeckt. „Es hat den Arm bewegt!“, ruft ein Feuerwehrmann. Die Helfer schöpfen Hoffnung und graben weiter.
Die Schule Enrique Rébsamen im Süden von Mexiko-Stadt ist zu einem Symbol für das Leid geworden, das das Erdbeben vom Dienstag über die Metropole gebracht hat. Mindestens 21 Schüler sind hier gestorben. „Es ist schrecklich, ganz besonders, weil es noch Kinder waren“, sagt Gilberto Bazán, der den Einsturz der Schule miterlebt hat.
Mexiko-Stadt kann hart sein. Eine Mega-City, in der jeder zuerst an sich denkt, wo in der Metro geschubst und an der Kasse gedrängelt wird, in der viele Menschen ihre Nachbarn nicht kennen. In der Katastrophe allerdings rücken die „Chilangos“, wie die Hauptstadtbewohner genannt werden, enger zusammen.
Tausende Freiwillige kommen zu den eingestürzten Häusern, um Schutt beiseite zu räumen und bei der Suche nach Verschütteten zu helfen. Präsident Peña Nieto sagt im Fernsehen: „Dieses Erdbeben ist eine harte Probe und sehr schmerzhaft für unser Land, aber wir Mexikaner haben gelernt, mit dem Geist der Solidarität zu antworten.“
Spendeannahmestellen füllen sich mit Wasser, Konserven, Kleidung und Decken. „Wir haben heute 10 000 Sandwiches gemacht und an Erdbebenopfer und Rettungskräfte verteilt“, erzählt Emiliano Robles. Er und seine Freunde aus dem Viertel haben zwei Dutzend Lastwagen, Geländewagen und Motorräder organisiert. Nun verteilten sie Lebensmittel, fahren Bauschutt ab und bringen Freiwillige zu ihren Einsatzorten. „Die Solidarität ist unglaublich.“
Auf den Trümmerbergen recken die Rettungskräfte immer wieder ihre Fäuste gen Himmel. Kein Zeichen der Wut, sondern die Aufforderung an alle, still zu sein, damit man hört, wenn ein Verschütteter ruft oder klopft.
Der 29-jährige Roberto Goméz ist auf dem Weg zum Einsatz. Mit Atemschutzmaske, einem Bauarbeiterhelm auf dem Kopf und einer Spitzhacke zwischen den Beinen sitzt er auf der Ladefläche eines Pickup-Trucks. „Wir fahren zu einem eingestürzten Haus. Wir sollen dabei helfen, den Schutt von der Straße zu räumen.“
„Schon wenige Stunden nach dem Erdbeben sind die ersten Leute mit Thunfischdosen, Wasser und Brot gekommen“, erzählt Sandra Avila, die Spenden in einer Annahmestelle entgegennimmt. „Alle wollen helfen.“ Nachbarn sperren Straßen oder kochen eine Mahlzeit für Helfer.
„Ich bin stolz auf unsere Nachbarschaft“, sagt Abel Rosas, der an der Schule Enrique Rébsamen mithilft. „Es waren junge Leute, Studenten, Nachbarn, die als Erste geholfen haben.“ Rosas räumt Trümmer beiseite, verteilt Schaufeln und Spitzhacken an andere Freiwillige. „Ich musste einfach helfen. Das war das Einzige, an das ich gedacht habe.“