Pendler und Zug-Reisende müssen sich bald erneut auf weitreichende Einschränkungen im bundesweiten Bahnverkehr einstellen, denn der Konflikt im Tarifstreit zwischen der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und der Deutschen Bahn verschärft sich erneut. Am Dienstagabend, 30.05.2023, wies die EVG das neueste Angebot des Unternehmens als "unzureichend" zurück. Die Bahn lehnte daraufhin weitere Verhandlungen vorerst ab. Und doch wollen Bahn und Gewerkschaft jetzt weiter verhandeln, die Vorbereitungen für einen Streik laufen aber weiter.

Neue Gespräche zwischen EVG und Bahn

Im Tarifkonflikt hat die Gewerkschaft den Bahn-Konzern aufgefordert, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die Bahn nahm das Angebot für ein Gespräch der Verhandlungsspitzen am Donnerstagabend an. „Wir erhoffen uns von diesem Gespräch, dass die EVG mögliche Kompromisse ihrerseits aufzeigt, die dann endlich zu einem Tarifabschluss führen“, sagte eine Sprecherin.
Von der EVG hieß es: „Wir sehen durchaus Möglichkeiten, eine Basis für konstruktive Verhandlungen zu finden. Darüber wollen wir in Ruhe reden.“ Von möglichen Warnstreiks war in der Mitteilung nicht die Rede. Am Mittwoch hatte die EVG solche in der aktuellen Lage als unausweichlich bezeichnet.

Wann wird es wieder zu Streiks bei der Bahn kommen?

Das genaue Datum einer Aktion vonseiten der EVG steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest. Zuletzt standen die Zeichen aber auf einen baldigen Streik: "Kurzfristig wird es mit Sicherheit noch einmal einen Warnstreik geben", sagte die EVG-Ko-Verhandlungsführerin Cosima Ingenschay am Mittwoch. Dies werde nun vorbereitet, die Ankündigung werde in den kommenden Tagen folgen.
Bis einschließlich kommendes Wochenende waren Streiks ohnehin unwahrscheinlich. Zum einen, weil sich die EVG erst in ihren Gremien, etwa der Tarifkommission oder dem Parteivorstand, abstimmen will, zum anderen, weil sich am kommenden Wochenende das Zugunglück von Eschede zum 25. Mal jährt.
Anfang nächster Woche wird es zunächst zu Gesprächen zwischen Bahn und EVG kommen. Die Gewerkschaft hat ihre Streikdrohung vorerst ausgesetzt. Die Deutsche Bahn habe sich zu Gesprächen in kleiner Runde zu Anfang der kommenden Woche bereit erklärt, sagte ein Gewerkschaftssprecher am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Bis dahin werde es auch keine Streiks geben, die Vorbereitungen für einen eventuellen Arbeitskampf "laufen aber weiter".

Zugausfälle und Verspätungen – Wo gestreikt wird

Auch diese Frage ließ die EVG bislang unbeantwortet. Die bisherigen Aktionen der Gewerkschaft ließ allerdings bundesweit Züge stillstehen.

Wird es diesmal zu unbefristeten Streiks kommen?

Laut Ingenschay wird der nächste Arbeitskampf voraussichtlich erneut in Form eines Warnstreiks stattfinden. Dennoch schließt die Tarifvorständin nicht aus, dass später eine Urabstimmung über mögliche unbefristete Streiks stattfinden könnte. Sie betonte, dass dies eine Option sei, die innerhalb der Organisation diskutiert werde. Allerdings gäbe es noch keinen konkreten Plan dafür.
Ein neuer Warnstreik droht. Wie bereits zuvor wird es wahrscheinlich auch dann wieder zu Zugausfällen in ganz Deutschland kommen.
Ein neuer Warnstreik droht. Wie bereits zuvor wird es wahrscheinlich auch dann wieder zu Zugausfällen in ganz Deutschland kommen.
© Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

EVG: Wesentliche Forderungen nicht erfüllt

"Wesentliche Punkte unserer Forderungen sind weiterhin nicht erfüllt", erklärte EVG-Ko-Verhandlungsführer Kristian Loroch. "Die DB AG ist dringend aufgefordert, ihr Angebot umgehend neu auszurichten." Er forderte die Bahn auf, am besten noch am Mittwoch "mit uns weiter zu verhandeln". Der aktuelle Vorschlag, der auf dem Tisch liegt, sei sozial ungerecht, erklärte Loroch die Entscheidung der Gewerkschaft. Die geplante prozentuale Staffelung benachteiligt "gerade die unteren Lohngruppen, für die wir diesmal deutlich mehr herausholen wollen".
Am Donnerstag hatte die Bahn Lohnerhöhungen von zwölf Prozent für niedrigere Einkommen, zehn Prozent für mittlere Einkommen und acht Prozent für höhere Einkommen sowie einen steuerfreien Inflationsausgleich in Höhe von insgesamt 2850 Euro vorgeschlagen. Die EVG hingegen hatte eine zwölfprozentige Erhöhung für alle gefordert, insbesondere aber mindestens 650 Euro mehr. Dies würde für die niedrigeren Einkommen eine prozentual betrachtet deutlich höhere Gehaltssteigerung bedeuten.
In dem Schreiben, in dem die Gewerkschaft der Bahn die Ablehnung des Angebots mitteilte und das der Nachrichtenagentur AFP vorliegt, verweisen Loroch und die Ko-Verhandlungsführerin Cosima Ingenschay insbesondere auf die fehlende Mindesterhöhung im DB-Angebot. Darüber hinaus kritisieren sie die vorgeschlagene Laufzeit von 24 Monaten. Zuvor hatte die Bahn 27 Monate vorgeschlagen, während die EVG jedoch eine Laufzeit von zwölf Monaten fordert.
Leere Bahnsteige wie hier in einem U-Bahnbahnhof am Münchner Hauptbahnhof könnten bald wieder vorkommen.
Leere Bahnsteige wie hier in einem U-Bahnbahnhof am Münchner Hauptbahnhof könnten bald wieder vorkommen.
© Foto: Felix Hörhager/dpa

Diese Rechte haben Fahrgäste und Arbeitnehmer

(mit Material von afp und dpa)