Jugendliche Rucksackträger in der Regionalbahn, die mit dem 9-Euro-Ticket nach Sylt fahren – das weckt Erinnerungen: an Interrail-Reisen. An schwere Reiserucksäcke, die man Anfang der 2000er durch mit Menschen vollgestopfte Zugflure drückte. An Ravioli am Zelt in Frankreich und den ersten Beziehungskrach. An Blasen an den Füßen, verknitterte Länderkarten und lauthalses Singen mit italienischen Jugendlichen, die unter einer Laube eines Pariser Hostels die Gitarre ausgepackt haben. Oder in Spanien an Wüstenlandschaften, die vorbeiziehen – und die plötzlich unendlich weit scheinende Entfernung zwischen der Südküste und Madrid, die einen die Route nochmal überplanen lässt.

Räubermasken in Barcelona

Es waren vor allem Überraschungen und Zufälle, die den Zauber ausmachten: ein Straßenumzug bei der Ankunft in Barcelona, am nächsten Tag eine Demo mit Räuber-Masken und Luftballons gegen überteuerte Mieten, oder ein lautes Stadtfest in Saragossa. Die frittierten Churros waren wider Erwarten nicht unser Ding. Auch nicht die Feierei in den Straßen von Murcia nachts um drei. Denn es musste immer zeitig weitergehen. Und dann die Panik Mitte der 2010er Jahre, als selbst außerhalb von Valencia, wo man falsch ausgestiegen ist, der richtige Bus gefunden werden muss und man auch mit drei weiteren Sprachen nicht weiterkommt. Nach zwei Wochen wurde der Weg zum Ziel, man wäre am liebsten immer weiter gefahren.
Während die älteren Generationen noch mit einem günstigen Ticket (235 Mark) durch ganz Europa reisten, war Interrailen Anfang der 2000er schon viel teurer – und für Studenten nur in Sektionen wie Frankreich-Benelux-Staaten oder Spanien-Portugal erschwinglich.
2022 wird Interrail 50, und wir wollen auch Ihre Erinnerungen hören und sehen! Leser können diese – gerne mit Foto – einsenden: Per Mail an [email protected] oder an die SÜDWEST PRESSE Lokalredaktion in die Frauenstraße 77, 89075 Ulm. Bitte immer mit Wohnort und Telefonnummer für Rückfragen.