„Ich bin – ahahaha, ohohoho – a Mann für Amore“, singt DJ Ötzi in der Fernsehshow „Starnacht aus der Wachau“. Und neben ihm geben seine Tänzerinnen alles. „Amore“ steht auf ihren schwarzen Trikots, sie strahlen und schütteln ihre blonden Mähnen zum Gutelaune-Takt des Schlagers. Eine dieser Tänzerinnen ist die Neu-Ulmerin Verena-Rosa Kraus, sie absolviert jedes Jahr 40 bis 50 Auftritte mit der beliebten österreichischen Unterhaltungsgröße.
Auch in dieser Woche wird man sie nicht in ihrem Tanz-Studio in der Glacis Galerie antreffen, sie ist auf der „Aida“ im Mittelmeer unterwegs. Urlaub macht sie nicht – sie tritt jeden Tag mit DJ Ötzi auf. Die 27-Jährige wird international für Shows gebucht.
Tanz stand bei ihr immer an erster Stelle. In Nersingen aufgewachsen, tanzt sie, seit sie drei ist. Zuerst klassisches Ballett bei Dansarts in Ulm, dann HipHop in den Studios Step to Dance und TenDance. Sogar einen Kurs in „Go Go Dance“ machte sie mit 14, aber sie betont lachend: „Nichts mit Ausziehen, dagegen hätten auch meine Eltern was gehabt.“
Der schulische Weg führte sie von der Hauptschule Straß über die Valckenburgschule bis zur Fachoberschule Neu-Ulm. „Aber eigentlich war ich nur in der Tanzschule.“ Schon früh gab sie Kurse, auf das Fachabitur folgte ein Jahr Praktikum bei TenDance. Statt zu studieren „blieb ich da hängen“. Sie machte eine Ausbildung zur Sport- und Fitness-Kauffrau, kam in Kontakt zu Detlef D! Soest.
Der Tanz-Guru lockte sie mit 20 nach Berlin, sie arbeitet in D!s Dance School, pendelte an den Wochenenden aber nach Ulm. „Das war echt heavy, ich hab mich im Nachtzug geschminkt und bin direkt zur Arbeit.“
Irgendwann zog sie ganz nach Berlin. Sie wurde Mitglied der Dance-Crew Team Recycled, mit der tanzte sich sich bis ins Finale der TV-Show „Got to Dance“. Sie gehörte zu den Organisatoren des Benefiz-Musicals „I Am Jonny“, holte es auch vor 3000 Zuschauer in die Ratiopharm-Arena. Und sie zeichnete bei der Jini Dance Agency, einer Agentur, die sie seit Jahren für Acts vom „Echo“ über Carmen-Nebel-Shows bis DJ Ötzi bucht. Klar, weshalb sie besonders in der Schlagerszene geeignet ist: „Weil ich groß und blond bin.“
Highlights waren das Champions-League-Finale 2015 im ausverkauften Berliner Olympiastadion („extrem geil, das war sooo groß“), auf der Silvester-Partymeile am Brandenburger Tor, Auftritte mit Felix Jähn und der Blue Man Group. Als Choreografin und Coach war sie bei allen „Bibi und Tini“-Kinofilmen dabei.
Ihren Lebensmittelpunkt hat sie heute wieder an der Donau. Über „I Am Jonny“ und die Tanz-Abteilung des Fußball Kultur Vereins (FKV) hatte sie wieder mehr in Neu-Ulm zu tun. Die Tanz-Abteilung, zunächst in einem Fitnessstudio eingemietet, wuchs derart, dass sie eine neue Bleibe brauchte. Die fand sich im Februar in der Glacis Galerie.
Eine Win-Win-Situation: Während Eltern shoppen, können die Kids dort tanzen – und durch die vielen tanzenden Kinder und Jugendlichen kommt mehr Publikum ins Center. Mittlerweile hat das Studio, das Kraus leitet, fast 600 Mitglieder. Schwerpunkt ist HipHop, es gibt auch Zumba-, Pilates und Breakletics-Kurse.
Verena-Rosa Kraus wohnt in Elchingen, ist aber vor allem auf Achse. Am häufigsten gebucht wird sie von DJ Ötzi, „eigentlich bin ich fast jede Woche mit ihm unterwegs“, zuweilen auch mit seinem Privatjet. Die zahlreichen Gigs sichern ihr ein „gutes Auskommen“. Und „der Gerry“ – Ötzi heißt eigentlich Gerhard Friedle – sei ein angenehmer Kerl.
„Ein dickes Fell“
Überhaupt hat sie in der Branche gelernt: „Die wirklich Großen sind viel offener, netter, nahbarer.“ DJ Bobo etwa sei „meganett und supersympathisch“. Nervig und arrogant seien dagegen die halbgaren Möchtegern-Stars.
Über ihre Rolle auf der Bühne gibt sie sich keinen Illusionen hin. Gerade in Deutschland seien Tänzer nur „Accessoires der Sänger“, sagt sie. „Man reißt sich alle Beine aus, und es kümmert keinen.“ Man schaut hübsch aus, sorgt für Action – ja, das ist auch Fleischbeschau. Ob auf der Skihütte oder auf Malle, „da muss man ein dickes Fell haben“. Die Bühnensituation sorge immerhin für Distanz, es gebe Security, „im Übrigen muss man professionell sein“.
Aber es gibt „schlimme Auftritte“, keine Frage. Vor allem, wenn private Firmen, etwa aus dem Finanzsektor, solche Show-Acts buchen. „Durch den Alkohol werden manche Leute wirklich distanzlos, unangenehm.“ Auch Skihütten-Parties sind kein reines Vergnügen, aber im Tanz-Team sind die gut auszuhalten: „Wir Mädels haben unseren Spaß!“
Tänzerisch sei das mal mehr, mal weniger anspruchsvoll, aber konditionell fordern die Auftritte ihr alles ab. „Das sind 60 Minuten nonstop Up-Tempo-Nummern. Wir sind durchgehend am Hüpfen, Strampeln, Tanzen.“
„Hey Baby“, „Ein Stern“, „A Mann für Amore“: Musikalisch sind Show-Acts wie DJ Ötzi keine Feinkost, und Verena-Rosa Kraus hört privat lieber HipHop und ist Britney-Fan. Doch kann sie den Schlagern und Utz-Utz-Unterhaltungshits etwas abgewinnen: „Mit der Zeit kommt die Liebe. Und es gibt Gründe, warum diese Musik so erfolgreich ist. Das macht einfach Laune.“
Wie es weitergeht? „Bis Mitte 30 kann man den Job locker machen“, weiß sie. 2018 wird das Studio im Glacis Center erweitert und professionalisiert. Und mit DJ Ötzi steht eine große Europa-Tour an. Verena-Rosa Kraus tanzt im Leben voran.
Choreografien für Filmhits
Kino Verena-Rosa Kraus hat auch schon an Filmen mitgearbeitet. Für alle „Bibi und Tina“-Streifen – der erste kam 2014 in die Kinos, der vierte in diesem Februar – hat sie eine Tanzszene choreografiert und mit den Hauptdarstellern einstudiert. Und das sei keine einfache Sache: „Nicht alle Schauspieler sind geborene Tänzer.“