Michael Hilbert war ein absoluter Glücksfall fürs Münster und für Ulm.“ Mit diesen Worten teilt der evangelische Dekan Ernst-Wilhelm Gohl den Tod des Münsterbaumeisters mit, der am Karfreitag im Alter von 58 Jahren einer schweren Krebserkrankung erlegen ist. Hilbert starb in seinem Heimat- und Wohnort Reutlingen im Kreis seiner Familie.
Vor einem Dreivierteljahr hatte Hilbert die Diagnose erhalten und war sehr offen mit seiner Krankheit umgegangen. So oft es möglich war, arbeitete er. „Er war bis zuletzt hochaktiv“, sagt Gohl. 2013 war der Architekt – der bis dahin Gründer und Teilhaber eines großen Büros in Stuttgart war – zum 20. Baumeister in der Ulmer Geschichte gewählt worden. Hilbert hat die gotische Kirche nicht nur als Bauwerk, sondern auch als Identifikationspunkt der Ulmer verstanden. Und auch eine „große Liebe zu den Menschen entwickelt“ und sich in der Gesellschaft gut vernetzt, so Gohl.

Gohl: Er hat das Münster „auf tolle Weise vorangebracht“

Fachlich versiert in der Planung und Organisation moderner Großbaustellen, hat sich Hilbert mit großer Sachkenntnis in die mehr als 600-jährige Baugeschichte der Kirche und ihrer Besonderheiten eingearbeitet. Und das Münster damit „auf tolle Weise vorangebracht“, lobt Gohl.
Dabei legte er Wert darauf, dass die Bauhütte vieles aus eigener, fachlich fundierter Kraft erledigt. „Das sparte viel Zeit und Geld“, sagt Hüttenmeister Andreas Böhm über seinen verstorbenen Chef, der auch eine Restaurierungsabteilung aufgebaut hat. Für die Mitarbeiter der Hütte war Hilbert „der beste Chef, den man sich wünschen kann. Er hatte großes Interesse am Handwerk und alle seine Wertschätzung spüren lassen“, so Böhm weiter.

Hohe Arbeitsenergie und kreative Lösungsansätze

Kollegen und Mitarbeiter staunten immer wieder über die hohe Arbeitsenergie und die kreativen Lösungsansätze von Michael Hilbert. „Er hat es nicht nur fertiggebracht, die Sanierung der Chordecke kurzfristig zu organisieren, sondern auch die Reinigung von Wänden und Chorgestühl mit reinzupacken“, berichtet Ernst-­Wilhelm Gohl.
Hilberts Begeisterung fürs Münster war spürbar. Er war ein nahbarer Münsterbaumeister, ein Freund flacher Hierarchien und stets offen für Gespräche. Dabei hatte er durchaus seinen eigenen Kopf, und wenn ihm etwas wichtig war, konnte er stur und streitbar in der Sache sein.
Ein Herzensanliegen war ihm, dass die Münsterbauhütten zum immateriellen Kulturerbe der Unesco ernannt werden. Hilbert hat 2015 den ursprünglichen Antrag für Ulm auf den Weg gebracht, der dann auf alle deutschen Hütten erweitert wurde. Die internationale Entscheidung fällt im Herbst.
Michael Hilbert hinterlässt seine Frau und zwei erwachsene Kinder. Beerdigt wird er in Reutlingen, in Ulm soll es eine Trauerfeier geben. Wann und wie sie in Zeiten von Corona stattfinden kann, wird derzeit geprüft. „Theologisch formuliert, war Michael Hilbert ein Segen fürs Münster“, sagt Dekan Gohl.