Es war ein wunderschöner Sommertag, als die Ärzte des Ulmer Uniklinikums in das Krankenzimmer von Lisa Gröber kamen. Sie hatten schlimme Neuigkeiten. Schlimmer als alles, was die 23-Jährige zuvor in ihrer über zehnjährigen Krankheitsgeschichte erlebt hatte. Der Krebs in ihrer rechten Brust wachse schnell. Die Mediziner könnten nicht mehr verhindern, dass er sich im Körper ausbreite. Es bestehe keine Möglichkeit zur Heilung. „Sie haben gesagt, sie wollen mir die restlichen Monate noch verschönern“, erinnert sich Gröber. In diesem Moment, dem wahr gewordenen Alptraum jedes Patienten, fasste die 23-Jährige einen bemerkenswerten Entschluss: „Ich habe sofort auf Durchzug gestellt und die Ärzte reden lassen“, erzählt Gröber. Für sie war klar: Sie wird nicht aufgeben, sie wird kämpfen – so wie sie es schon ihr ganzes Leben gemacht hatte. Noch am selben Abend verfasste die Ulmerin einen Facebook-Post. Erstmals machte sie ihre Krankheitsgeschichte öffentlich.
Lisa Gröber: Unbändige Lebensfreude, Kraft und Mut
Es ist eine Geschichte, die geprägt ist von Schicksalsschlägen, aber auch von Stärke, Mut und einer unbändigen Lebensfreude. Dabei begann alles harmlos. Im Jahr 2008 bekommt Gröber Schnupfen. Das damals zwölfjährige Mädchen geht zu einem Arzt. Sie hofft, bald wieder fit zu sein. Doch das Gegenteil tritt ein. Der Arzt bemerkt, dass ihr Herz unnormal vergrößert ist. Die Teenagerin braucht eine Herztransplantation. „Ich habe es damals gar nicht richtig verstanden, was eigentlich los ist. Es war alles ein bisschen viel“, sagt Gröber. Am 16. September 2008 ist es soweit: Acht Stunden operieren Experten die Ulmerin am Herzen. Die OP ist erfolgreich, die Freude darüber aber nur kurz. Nur vier Wochen später erkrankt Gröber am Norovirus, einer hochansteckenden Magen-Darm-Krankheit. Das Virus quält Gröber über mehrere Monate. Doch sie bleibt stark – auch wenn ihr Körper immer schwächer wird. Sie übersteht die Krankheit, übersteht auch die mehrfach auftretenden Probleme am neuen Herzen. Ab 2009 kann Gröber ein halbwegs normales Leben führen. Sie geht zur Schule, trifft sich mit Freunden, besucht Konzerte. Ihre Odyssee – so scheint es – ist endlich vorbei. Doch ihr neu erlangtes Lebensglück zerbricht im Jahr 2016 wieder.
Lisa Gröber bekam erste Krebs-Diagnose im Alter von 20 Jahren
Gröber bekommt Schmerzen in den Schultern und Beinen. Wieder geht sie zu einem Arzt, wieder bekommt sie eine Horror-Diagnose: Tumor in den Lymphknoten – und das im Alter von 20 Jahren. Eine erschütternde Nachricht. Trotzdem macht die junge Frau das, was sie immer macht: nicht aufgeben. „Ich habe es gehört, akzeptiert und mich nicht runter ziehen lassen“, sagt sie. Sie bleibt stark, kämpft und gewinnt. Nur ein halbes Jahr nach der Diagnose ist sie offiziell krebsfrei. Erneut scheint das Ende ihres Leidensweg erreicht.
Kurze Zeit später der Schock: Lisa klagt wegen des Herzens über Atemprobleme, die Ärzte wollen sie erneut auf die Transplantationsliste schreiben. Während der Untersuchung machen sie einen schrecklichen Befund: Gröber hat wieder Krebs. Dieses Mal Leukämie, angesiedelt in der rechten Brust. Es ist der Moment, in dem die Ulmer Ärzte kapitulieren. „Sie sagten, mein Herz und meine Niere seien zu geschwächt“, sagt Gröber. Sie empfehlen eine Strahlentherapie, die die Schmerzen bis zu ihrem baldigen Tod lindern soll. „Danach habe ich gedacht, mir reicht es jetzt. Ich wende mich an die Öffentlichkeit.“ Sie lasse es sich nicht einreden, dass sie in einigen Monaten sterben werde.
Lisa Gröber lebt seit August im Herzzentrum in Berlin
Die Resonanz ist überwältigend: Gröbers Story und ihr Lebensmut berührt zahlreiche Menschen in ganz Deutschland. Ihr Artikel wird über 100.000 Mal geteilt. Die Leute schreiben aufbauende Nachrichten, geben ihr Tipps für geeignete Kliniken. „Es war die beste Entscheidung, an die Öffentlichkeit zu gehen“, sagt Gröber. Im August zog die junge Frau nach Berlin ins Deutsche Herzzentrum um. Hier, inmitten von medizinischen Geräten, Bildschirmen und Ärzten, lebt die 23-Jährige nun. 620 Kilometer von der Heimat entfernt. Wann sie wieder nach Hause darf, weiß sie nicht. Und trotzdem: Gröber ist froh, hier zu sein: „Ich bin mit der Betreuung zufrieden“, sagt sie. Im Krankenhaus macht sie eine Cortison- und Anti-Körper-Therapie gegen den Krebs.
„Es lohnt sich, nicht sofort aufzugeben“
Für sie ist klar: Sie wird weiterkämpfen. Trotz den Schmerzen, trotz der Diagnose, trotz ihrem Schicksal. Die Kraft dafür bekommt sie von ihrer Familie. Ihre Eltern fahren jede Woche von Ulm nach Berlin, wechseln sich ab, damit Lisa nie alleine ist. Auch ihr Freund kommt sie jede Woche besuchen. „Das hilft mir unglaublich“, sagt sie. Zudem hat sie seit neuestem einen Instagram-Account „Life of Lisa“ , auf dem sie ihrem Alltag zwischen Infusionen, Arzt-Visiten und Bestrahlungen mit der Öffentlichkeit teilt. „Ich möchte, dass die Menschen sehen: Es lohnt sich, nicht sofort aufzugeben“, sagt die Ulmerin. Für die Zukunft hat einen großen Wunsch: Sie will die Welt bereisen. „Mein größter Traum ist New York. Da war ich noch nie.“
Dieser Artikel ist in Kooperation mit cityStories Ulm entstanden.
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