Eigentlich wäre das Ulmer Zelt bei sommerlichem Biergartenwetter jetzt in die Zielgeraden eingebogen, zum Finale hätten nächste Woche auch noch Element of Crime und Youssou N’Dour in der Friedrichsau die Stimmung angeheizt – aber wegen der Corona-Pandemie ist alles ausgefallen, das Festival im April komplett abgesagt worden. So saß jetzt am Freitagnachmittag ein recht sentimentaler Günther Heiser vom Verein zur Förderung der Kultur im Großen Sitzungssaal des Rathauses, als der Fachbereichsausschuss Kultur über den Antrag beriet, das Ulmer Zelt für weitere drei Jahre institutionell zu fördern: mit jeweils 56 800 Euro.
Mit ganz anderen Beträgen arbeitet das Zelt gewöhnlich: 1,3 Millionen Euro beträgt das Budget des Festivals, aber 93 Prozent davon finanziert der Verein selbst. Den städtischen Zuschuss investiere man vor allem in die Gratis-Auftritte der freien lokalen Szene, sagt Heiser, auch ins Kinderprogramm. Aber jetzt seien diese 56 800 Euro „existenziell – die einzige Einnahmequelle, um die Kosten zu decken, um nicht zuletzt die fest angestellten Mitarbeiter zu bezahlen (die sich zudem in Kurzarbeit befinden).
Der Kulturausschuss war sich schnell einig, das Ulmer Zelt mit dieser Summe weiterhin, bis 2023, zu fördern. Und die 62 900 Euro jährlich für das hoch gelobte Heyoka-Theater beschlossen die Stadträte ebenso. In den fünf Jahren seines Bestehens hat es sich in Kooperation mit dem Roxy, dem Theater Um und der Lebenshilfe Iller-Donau in der Tat als integratives Theater „mit Alleinstellungsmerkmal in Ulm“ etabliert. Das Heyoka-Theater, das wegen Corona verschiedene Projekte umplanen muss, verfügt über ein Budget von rund 100 000 Euro, wovon es zwischen 30 und 40 Prozent selbst finanziert. Ohne städtische institutionelle Förderung also hätte es keine Chance.
Unter Vorbehalt
Gewissermaßen im Kleingedruckten der Sitzungsvorlage steht jedoch der Passus: „vorbehaltlich der Beschlussfassung des Gemeinderats beziehungsweise der Finanzierbarkeit in den jeweiligen Haushaltsjahren“. Und dass der Kulturausschuss sich einstimmig dafür aussprach, die Stelle der Referentin für Kulturmarketing in der Kulturabteilung von 2021 an unbefristet zu besetzen: Klar, aber die Finanzierung kann nur „unter Vorbehalt aller zu erfüllenden Aufgaben im jeweiligen Haushaltsjahr“ erfolgen.
Drohungen ob der finanziellen Folgen der Corona-Pandemie wurden im Rathaus freilich nicht ausgestoßen. Der Kulturausschuss blieb souverän zuversichtlich. Das Thema „Corona“ aber stand auf der Tagesordnung. Kulturbürgermeisterin Iris Mann referierte die Lage in den städtischen Kultureinrichtungen und zeigte sich „stolz“, dass nach dem Lockdown alle wieder tatkräftig am Start seien.
Die Probleme und Schäden aber sind spürbar. Im Museum Ulm etwa halte sich „der Ansturm der Besucher noch sehr in Grenzen“, sagte Iris Mann. Oder das Stadthaus: Die Stornierung der Saalmieten reißt ein Loch ins Budget. Die gute Nachricht: Nach der neuesten Corona-Verordnung dürfen in der Musikschule vom 1. Juli an bis zu 20 Akteure, auch Sänger und Bläser, gemeinsam proben. Ein Hoffnungsschimmer für Ulmer Spatzen wie Junge Bläserphilharmonie.
Kein Goldfisch: Blumen für Iris Mann
„Ich hatte mich schon gefragt, ob jemand heute einen Goldfisch mitbringt“, scherzte Iris Mann am Freitagnachmittag mit Blick aufs Wasserglas. Aber sie war dann „echt gerührt“, als ihr Angela Weißhardt, die Verwaltungsdirektorin des Theaters Ulm, vor der Sitzung des Kulturausschusses im Namen aller städtischen Kultureinrichtungen einen prächtigen Blumenstrauß überreichte: Glückwünsche für die Chefin, die am Mittwoch im Gemeinderat zum zweiten Mal als Kulturbürgermeisterin gewählt worden war. Iris Mann wiederum bedankte sich bei ihrem „richtig tollen Team“.