Die Vorwürfe sind nicht von Pappe – und sollten sie sich bewahrheiten, dann ist die Karriere des 50-jährigen Kriminalkommissars sehr wahrscheinlich beendet. Die Staatsanwaltschaft legt dem Ulmer Polizeibeamten zur Last, Straftaten in 28 Fällen vereitelt und in 6 weiteren Fällen Geldbeträge, die aus Strafbefehlen und Sicherheitsleistungen stammten, unterschlagen zu haben. Mal in Höhe von 125 Euro, mal in Höhe von 5000 Euro – Geld, „das ihm als Amtsträger anvertraut worden war“, wie Oberstaatsanwalt Stefan Adamski sagte. Der 50-jährige Kommissar, der seit fast drei Jahren vom Dienst suspendiert ist – mit monatlichen Teilbezügen von 2600 Euro netto, wie er auf Nachfrage sagte – , muss sich seit gestern wegen versuchter Strafvereitelung und Diebstahl beziehungsweise Unterschlagung vor Gericht verantworten.
Das Verfahren war schon einmal aufgerollt worden, allerdings nur in Teilen, sprich: bis zum dritten Prozesstag. Dem war der Beamte Anfang Dezember vergangenen Jahres aus gesundheitlichen Gründen ferngeblieben, obwohl ihm ein vom Gericht bestellter Gutachter „volle Verhand­lungs­fähigkeit“ bescheinigt hatte. Der Sachverständige hatte im Gerichtssaal den Verdacht geäußert, dass sich der Angeklagte der Verhandlung entziehen wollte.

Akten verschwunden

Gestern nun der zweite Anlauf, „in körperlich und geistig guter Verfassung“, so der Vater dreier Kinder, der sich auf Anfrage von Richter Alexander Spengler nur zur Person, nicht aber zur Sache äußern wollte. Die Sache? In einem Fall soll der 50-Jährige im Revier West, wo er administrative Arbeiten im Innendienst verrichtete, sieben Ermittlungsakten verschwinden haben lassen – und mit ihnen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 125 Euro, die ein Autofahrer nach einer Verkehrskontrolle hatte entrichten müssen. Wie Oberstaatsanwalt Adamski ausführte, hatte ein Kollege des Kommissars das Geld in einem dafür vorgesehen Kasten deponiert. Als bekannt wurde, dass Geld abhanden gekommen ist, habe der 50-Jährige das Geld zurückgelegt mit der Bemerkung, „versehentlich“ den Betrag an sich genommen zu haben.

Geld für sich behalten

Mal waren es 77 Euro, mal 203 Euro, mal 5000 Euro an Geldbußen oder Sicherheitsleistungen, für die der Polizeibeamte zwar Quittungen ausgestellt habe. Das Geld sei aber nie auf ein Behördenkonto geflossen, so Adamski. „Intern schloss er die Fälle ab, ohne das Geld eingezahlt zu haben. Er behielt es für sich.“ Damit nicht genug: In insgesamt 28 Fällen habe der Kommissar Ermittlungsakten  aus dem Computerprogramm entfernt.
Wie gesagt, zur Sache schwieg der Angeklagte, der bereits in der Vergangenheit zwei Mal disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten war. Einmal waren private Bilder in der Kriminaltechnik verschwunden, ein andermal Geld aus einer Art Kaffeekasse.
Anberaumt sind weitere sechs Verhandlungstage mit insgesamt 23 Zeugen. Fortsetzung ist am kommenden Dienstag, 9 Uhr.

Was das Strafgesetzbuch sagt

Strafvereitelung § 258 Strafgesetzbuch (StGB) geht jeden Bürger an. Wer nämlich absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, dass ein anderer wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, heißt es dort. Ebenso wird bestraft, wer absichtlich oder wissentlich die Vollstreckung einer gegen einen anderen verhängten Strafe ganz oder zum Teil vereitelt.
Strafvereitelung im Amt §258a StGB hebt auf Täter ab, die als Amtsträger die Vollstreckung eines Strafverfahrens vereiteln. Das StGB sieht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor, in minder schweren Fällen eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Für beide Fälle gilt: Der Versuch ist schon strafbar.