Schweinefilet im Speckmantel mit Paprika-Lauchgemüse und Hanf-Nocken, steht auf der Speisekarte der Ulmer Hanf-Kneipe Hemperium in der Zinglerstraße. Hanf-Nocken sind kurz geschabte, dicke Knöpfle aus schwäbischem Dinkelmehl und einem kleinen Anteil an Hanfmehl. „Sonst werden die Nocken oder Hanf-Spätzle zu grau“, sagt Stefan Oberdorfer, dem das Hemperium und zwei Hanf-Läden, genannt Hanf-Lager, gehören. Der geringe Hanfmehlanteil hat also nur etwas mit der Farbe, nichts mit dem berauschenden Inhaltsstoff Tetrahydrocannabinol (THC) zu tun. Denn heutige Faserhanfsorten weisen mit weniger als 0,2 Prozent einen niedrigen THC-Gehalt gemäß der EU-Vorgaben auf und sind nicht zu verwechseln mit dem Hanf für die Drogen-Produktion.
Aus den neuen Nutzsorten werden nicht nur Fasern gewonnen für die Textilindustrie (Hanfkleidung), Chemieindustrie (Pflanzenölfarben) oder Autoindustrie (Türverkleidungen), sondern bei der schnellwüchsigen Pflanze werden wertvolle Samen geerntet für hanfhaltige Lebensmittel, die immer beliebter werden. Auch Oberdorfer bekommt in seiner Kneipe zu spüren, dass immer mehr Menschen jeden Alters, darunter viele Vegetarier und Veganer, Gefallen finden an diesen Lebensmitteln.
„Heuer wurden im Biergarten oft Linsen mit Hanf-Spätzle bestellt, weil die keine Eier enthalten, kernig schmecken und richtig satt machen“, weiß er aus eigener Erfahrung. Wer will, bekomme natürlich auch Wienerle dazu, aber eigentlich enthalte Hanf schon viel Protein. Jetzt kommt Oberdorfer auf sein schalenfreies Hanf-Proteinpulver zu sprechen, auf das Leistungssportler gerne zurückgreifen. 100 Gramm dieses grünlichen Pulvers enthalten fast 50 Gramm Eiweiß, haben einen Energiewert von 351 Kilokalorien und enthalten nur 4 Prozent Kohlehydrate, schwärmt er. Mit zwei Esslöffeln Pulver am Tag sei man fit. Erst kürzlich habe er wieder 25 Kilogramm Proteinpulver an Muskelmänner in Kroatien verschickt.
Die Hanfsamen kauft Oberdorfer möglichst in Deutschland, etwa von  Vollerwerbslandwirten aus dem Fränkischen. „Selbst anbauen darf ich Hanf nicht.“ Geschält werden die kleinen Samen in Spezialmühlen in Österreich, gemahlen in Mühlen in Köln. Diese Rohstoffe packt Oberdorfer in Ulm ab und klebt seine Etiketten drauf. Oder sein Koch Alexis Reißmüller bereitet daraus unter anderem Dinkel-Hanf-Pfannkuchen her, gefüllt mit Sahne (siehe unten stehendes Rezept). Unter die Sahne mischt der Koch noch Hanfnüsschen, die im Kupferkessel karamellisiert wurden und solo auch als Knusper-Snack gut schmecken. Geschälte und ganze Samen findet man ebenso in Bio-Hanf-Schokolade, genannt Canalade, die Oberdorfer zukauft.
Jetzt aber zum herzhaften Hanf-Burger: Diese Bezeichnung hat  sich Oberdorfer rechtlich schützen lassen seit dem Jahr 2000, betont er. Die Grundsubstanz besteht aus Grünkernschrot, Hafermehl, Haferflocken und etwas Hanfmehl, sonst wird der Burger zu teuer. Stecken noch Kichererbsen drin, kostet dieser Falafel-Burger 3,20 Euro. Die Burger-Brötchen mit Hanfmehlanteil backt ein Ulmer Bäcker.
Werden die Hanfsamen, die naturgemäß so gut wie kein THC enthalten, kalt gepresst, erhält man ein hochwertiges Speiseöl. „Es enthält mehr als 70 Prozent mehrfach ungesättigte Fettsäuren, insbesondere Linolsäure und Alpha-Linolensäure“, erklärt der Experte. Bloß: Dieses Öl eigne sich nur für den Salat, jedoch nicht zum Braten, sonst werden die wertvollen Fettsäuren zerstört.
Nach so viel Gesundem noch ein Blick in den Kühlschrank. Dort stehen verschiedene süffige, malzig schmeckende Hanf-Biere. Die dürfen wegen des Reinheitsgebots nur so bezeichnet werden. Dazu Bier zu sagen, wäre nicht korrekt. Denn zu dem Gebräu aus Wasser, Malz, Hefe und Hopfen, dem nahen Verwandten des Hanfs, wird der Saft des Hanfblattes zugefügt. Brauen lässt Oberdorfer das Hanfbier vom Bärenwirt in Neuhausen bei Holzheim. Und: Eine Sorte heißt sogar Hanf-Lager! Alkoholfrei ist dagegen die Limettenlimo mit Hanfsaft.
Aber wie ist der heute 46-jährige Oberdorfer eigentlich auf den Hanf gekommen? „In der Schule wollte ich mal einen Bericht über Drogen schreiben und habe mich eingelesen“, erzählt der Mann mit den rotblonden Rastalocken. Dabei sei er auf „diese Wunderpflanze“ gestoßen, die viel mehr ist als nur Vogelfutter. Seinen später erlernten Beruf als Maler und Lackierer musste er wegen einer Hautallergie an den Händen aufgeben. Die trockenen, rissigen Stellen habe er dann erfolgreich mit rückfettender Hanfseife behandelt.
Seine Lager betreibt Oberdorfer seit 1993. „Als ich dann so viele Hanf-Lebensmittel beieinander hatte, kam mir die Idee mit der Kneipe“, sagt der dreifache Familienvater. Seit 2002 betreibt er das Hemperium mit Biergarten. Obwohl es dort auch andere Biere gibt, könnte man auf dem Schild im Kneipenfenster ebenso schreiben: „Hanf-Biergarten geöffnet.“

Pfannkuchen mit Hanfmehlanteil machen gut satt

Rezept mit Hanf  Alexis Reißmüller ist Koch im Hemperium in der Zinglerstraße und ist begeistert vom Hanf, „weil man die knackigen oder karamellisierten Samen überall reinmischen kann und Spätzle und Nudeln so eine schöne Struktur bekommen“. Das gilt auch bei den Hanf-Pfannkuchen. Die Zutaten für vier Personen: 4 Eier, 0,5 l Milch, 150 g Weizenmehl, 150 g Dinkelmehl, 1 Esslöffel Hanfmehl, etwas Salz, Zucker nach Belieben, 1 Esslöffel Speiseöl zum Braten (kein Hanföl). Zubereitung: Alle Zutaten mit einem Handmixer zu einem flüssigen Teig glattrühren. Dann jeweils eine kleine Schöpfkelle voll Teig in eine gut erhitzte Pfanne mit etwas Öl geben und auf beiden Seiten goldbraun braten. Die leicht abgekühlten Pfannkuchen mit steif geschlagener Sahne oder Eis füllen und mit Knusper-Hanfsamen garnieren. Die Samen kann man auch unter die Sahne mischen. Auf dem Teller den Nachtisch mit Obst garnieren.
Inhaltsstoffe Hanfsamen enthalten reichlich Mikro-Nährstoffe, zudem hochwertiges Eiweiß, Fettsäuren und Ballaststoffe. Für THC in hanfhaltigen Lebensmitteln gelten in Deutschland, Belgien und der Schweiz Richtwerte; in der Regel würden sie eingehalten, teilt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg mit. Aber Vorsicht bei Produkten aus dem übrigen Ausland. In Deutschland sind hanfhaltige Lebensmittel im Trend – selbst in Super- und Getränkemärkten.