FRIZZ: Flotte Lotte, was ist das eigentlich für ein Name?
Lotte: Unser Name kommt vom altschwäbischen Küchenhelfer „Flotte Lotte“, welchen wir noch von unseren Großeltern kennen.
Timo: Das hat gepasst wie Arsch auf Eimer! Lotte als Chefin und Flotte Lotte als Namensspiel zum Küchengerät.
Zuerst Foodtruck, jetzt noch ein Traditionsbiergarten. Wie kam es dazu und wie bekommt ihr das alles unter einen Hut?
Timo: Wir haben eine Eventlocation gesucht. Eines Tages kam ein Anruf vom Barfüßer. Drei Wochen hatten wir Zeit, darüber nachzudenken, ob wir das Wirtshaus im Butzental übernehmen. Eine Woche vor der Neueröffnung bekamen wir den Schlüssel. Natürlich war das alles sehr kurzfristig, aber hey: Manche Chancen fahren vorbei wie ein D-Zug, wenn du nicht aufspringst. Derzeit haben wir eine Sieben-Tage-Woche. Jetzt suchen wir Leute für Küche und Service, die Lust auf die Gastronomie haben. Vorkenntnisse im Service sind nicht notwendig. Als Koch braucht man etwas Küchenerfahrung. Den Rest bringen wir bei.
Ihr seid verheiratet. Habt ihr euch beim Kochen kennengelernt?
Timo: Nein, auf der Fasnet. Es gab viele Drinks. Ich bin irgendwann einfach umgefallen und traf Lotte erst nach langer Zeit wieder. Seither sind wir zusammen ...
Wie läuft das mit eurem Foodtruck?
Timo: Dienstags sind wir im Ulmer Norden und mittwochs im Science-Park. Es muss schnell gehen, da die Leute in der Mittagspause vielleicht eine halbe Stunde Zeit zum Essen haben. Ich nehme die Bestellungen an, Daniel bereitet sie zu und Lotte bringt’s. Das klappt meistens gut, es sei denn, einer bestellt direkt zehn Schwabendöner … (grinst) Daniel, ein volles Mitglied unserer Food-Truck-Familie, ist so wie ich gelernter Koch. Und – nennen wir es mal: „Fleischpianist“. Heißt: Er drückt auf den Steaks rum und erkennt sofort die Garstufe.
Flotte Lottes Aushängeschild ist der Schwabendöner.
Timo: Die Idee hatten wir noch vor dem Foodtruck. Wenn wir abends nach dem Trödler an der Dönerbude vorbeikamen, sagten wir: Einen Schwabendöner sollte es geben. So was wie Omas Sonntagsbraten auf die Hand. Man nehme einen Wasserwecken, gezupften Schweinebraten „Sous-vide“, mit Kartoffelsalat, Salaten und Sauerrahm, voilà!
„Sous-vide“ ist eine französische Variante des Vakuum-Garens. Musste ich nachschlagen …
Timo: Genau! Wir garen unser Fleisch zwischen 24 und 72 Stunden im eigenen Saft, die Marinade zieht dann schön ein. Wenn es durchgegart ist, hast du nicht nur den unfassbar leckeren Geschmack, sondern es ist auch hygienischer.
Gibt es eine kulinarische Ulmer Identität? Kässpätzle und Schweinebraten vielleicht?
Timo: Der Schwabe isst gern das, was er kennt. Obwohl ... so sollte ich das nicht verallgemeinern. Wir haben jede Woche neue Tagesgerichte auf der Mittagskarte. Viele Gäste freuen sich Woche für Woche auf unsere Kreationen.
Das Schwabenherz geht auf bei Variationen aus dem Flotte-Lotte-Shop, wie dem „Maultaschen-Griller“: der ersten Bratwurst aus Maultaschen und Knödeln aus dem Glas. Wie kommt ihr auf solche Ideen?
Timo: Während Corona haben wir überlegt, wie wir uns ein zweites Standbein erschließen und zudem glutenfreie Maultaschen hinbekommen. Das wurde dann der Maultaschengriller.
Glutenfrei?
Timo: Immer mehr Menschen wünschen sich glutenfreies Essen, aber auch die Nachfrage nach vegetarisch und vegan steigt.
Gibt’s denn die Maultaschen-Griller auch vegetarisch oder vegan?
Timo: Nein, unmöglich. Die heißen doch schon „Herrgottsbscheißerle“ weil eben Fleisch drin ist! (lacht laut los)
Stimmt es, dass Köche zuhause einen leeren Kühlschrank haben? Und abends wird gegessen, was der Lieferdienst so bringt …?
Timo: Kann ich aus alten Zeiten bestätigen. Aber Lotte kocht abends meistens Pasta – in sämtlichen Variationen!
Eure Expertise: Welches Highlight bringt man zur Grillparty mit?
Timo: Feta mit karamellisierten Nüssen und Feigen. Die Nüsse im Zucker karamellisieren und mit Apfelessig ablöschen. Salz, Peffer, Knoblauch und getrocknete Feigen dazu. Zu einer dickflüssigen Masse mit marmelade-artiger Konsitzenz aufkochen. Ein paar gesalzene Nüsse hinzu und alles auf den Feta geben. Frische Kräuter und Olivenöl dazugeben, in ein Alupäckchen wickeln und ab auf den Grill. Wichtig: Der Feta muss einen hohen Fettanteil haben, dann wird er schön cremig.
Welches Gericht für ein erstes romantisches Dinner?
Lotte: Spaghetti Napoli! Zwiebel und Knoblauch schmelzen und frischen Basilikum dazu.
Timo: Schön al dente muss die Pasta sein! Die Nudeln müssen an der Wand kleben ...
Das Geheimnis einer guten Tomatensoße?
Lotte: Eine Prise Zucker, Salz und Olivenöl.
Anthony Bourdain hat in seiner Autobiografie „Geständnisse eines Küchenchefs“ von seiner Angst vor Austern und seiner Abneigung gegenüber Vegetariern erzählt. Was wären eure Geständnisse?
Timo: Das Buch nehme ich mir schon lange vor zu lesen! Wir sind mit allen „per Du“. Bei uns am Stand sind alle gleich: Geschäftsführer, Arbeiter, Polizisten. Und wir haben ein geheimes Gericht – ein Insider. Ein Stammgast meinte eines Tages: ,Make me happy‘. Er hat es immer wieder bestellt, andere Stammgäste haben das mitbekommen. Seither gibt es „Make me happy“, das Gericht, das auf keiner Karte steht.
Hot Dog mit Kässpätzle?
Timo: Das bleibt ein Geheimnis. Wir wollen doch den Spannungsbogen aufrecht erhalten ... (lacht)
Die Presse beschreibt euer Street Food als „Mittagessen mit Festivalcharakter“.
Timo: Ein super Vergleich! Viele Leute verabreden sich am Foodtruck. Es läuft Reggae oder Partyrock, Offspring zum Beispiel. Lotte ist ein bisschen wie ein Marktschreier aus Hamburg. Wir machen Späße und die Leute schauen uns gern bei der Arbeit zu.
Was gibt’s im Butzental?
Timo: Wir schauen, dass wir alle Generationen ansprechen. Es gibt zum Beispiel Wildschweinbraten. Das Wild stammt vom Jäger hier vor der Tür. Und Butzentalbrot mit Speck und Schmand oder vegan.
Butzentalbrot?
Timo: Halb Hefe-, halb Sauerteig, mit etwas Soja- und Reismehl – kross und fluffig. Außerdem, was die Älteren lieben und die Jüngeren noch von Oma und Opa kennen: die Besenwirtschaft mit Schlachtplatten.
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