Der Laden ist klein und die Ware ist bunt und farbenfroh. Das ist der erste Eindruck, wenn man die Boutique „Töchter Ulms“ in der Hafengasse betritt. Und dann bleibt der Blick gleich am „floralen Strick“ hängen. Die Blumenmuster bei den Kleidern oder Jacken sind jedoch nicht aufgedruckt, sondern eingestrickt. Man solle ruhig Farbe tragen im mitunter nebligen Herbst und erst recht im Winter, findet Inhaberin Beate Berroth.
Aber zuerst die Frage: Woher kommt der Name des Ladens, „Töchter Ulms“? Ganz einfach: Beate Berroth stammt aus Heidelberg und hat dort damals von den „Söhnen Mannheims“ gehört. Was ihre Ware betrifft, hat die 67-Jährige 32 Jahre Berufserfahrung in der Modebranche, die Hälfte davon war sie selbstständig. Angefangen hat ihre Ulmer Zeit 1985 mit einem Geschäft am Münsterplatz, das sie 15 Jahre lang führte. Später war sie angestellt im „Argo“ und danach im „Frauenzimmer“. Mit den „Töchtern Ulms“ war sie zuerst in der Fischergasse und im Mai diesen Jahres zog sie in die Hafengasse um.
Beate Berroth rät Kundinnen auch mal von dem Kleidungsstück ab, das sie sich ausgesucht haben. Denn sie möchte, dass die Mode zum Kunden passt, er sich gut darin fühlt und wiederkommt. Die Geschäftsfrau setzt auf die Intuition ihrer Kundinnen: „Ich beobachte sie, schaue, wohin sie zuerst greifen. Das passt meist halbwegs, und es erklärt mir viel über ihren Typ.“ Aus dieser Mischung aus Psychologie und Bauchgefühl heraus gestaltet sie ihre Beratung, die mehr ein persönliches Gespräch, manchmal sogar ein längeres Schwätzchen ist.
Denn ein Laden in der Hafengasse lebt bekanntlich nicht unbedingt von Laufkundschaft. „Sondern er lebt von zufriedenen Kundinnen, die mich weiterempfehlen und zu Stammkundinnen werden.“ Das sind beileibe nicht nur Ulmerinnen, sondern auch Touristen, die einen Stopp in Ulm eingelegt haben – und sogar eines Tages wiederkommen.
Die Kleidungsstücke sind unterschiedlich, denn für Berroth ist es wichtig, dass man sie kombinieren kann. Deshalb bietet sie nicht nur Blusen, Röcke, Jacken oder Mäntel an, sondern auch Tücher, Schmuck, Hüte oder manchmal sogar Schuhe. Sie ist quasi ein Vollsortimenter, inklusive Accessoires. Und sie ist nicht an Labels gebunden. Die Inhaberin hat keinen festen Zulieferer, sondern lässt sich auf Bekleidungsmessen wie der Innatex (Internationale Naturtextilienmesse) inspirieren. So hat sie Kleidung aus Schweden, Deutschland oder Serbien da. Wichtig ist für sie nicht nur, dass ihr die Mode selbst gefällt, sondern dass die Näherinnen der Kleidung auch fair bezahlt werden.
„Ich kaufe mit dem Bauch ein und rechne mit dem Kopf“, beschreibt sie ihre Einkaufsgewohnheit. Sie achtet darauf, dass die Stoffe perfekt fallen und sich gut auf der Haut anfühlen. Die Kleidung soll zeitbewusst sein und zugleich moderne Schnitte aufweisen. Komfort und Langlebigkeit spielten bei der Auswahl ebenfalls eine große Rolle. „Es soll nicht gleich ein Knopf abfallen oder eine Naht aufgehen“, erklärt Berroth.
Kleidung sollte trotz aller Originalität immer tragbar und alltagstauglich sein, bequem, lässig, ausdrucksstark und zur Persönlichkeit der Trägerin passen. Berroth motiviert ihre Kundinnen, auch mal etwas Neues zu wagen oder die vorhandenen Kleidungstücke, die schon im Schrank hängen, zu ergänzen.
Ein Dauerrenner bei ihr ist der florale Strick aus einem Familienbetrieb in Belgrad. „Das wird immer gerne gekauft.“ Und ein Kleidungsstück könne auch mit nicht dazu passenden Farben kombiniert werden. Die klassische Farbenlehre lehnt sie daher ab. Für sie harmonieren Lila und Rot. Colour-Blocking nennt man das.
Sie alleine schmeißt die „Töchter Ulms“, von Montag bis Samstag, von 11 bis 18 Uhr. Aber alleine ist eine Boutiquenbesitzerin eigentlich nie. Denn da sind ja die „Mädels“, die älteren und jüngeren, die zu ihr finden. Berroth kann sich kein Leben ohne Menschen vorstellen. Sie genießt den Kundenkontakt und wagt das Gespräch. Ja, man sollte es nicht eilig haben, wenn man die „Töchter Ulms“ besucht. „Ich freue mich jeden Tag, das Geschäft aufzuschließen und bin neugierig, welche spannenden Begegnungen und Gespräche der Tag bringt.“
Fast alles ist käuflich, auch das, was im ersten Moment wie Dekoration aussieht. Im Schaufenster stehen antiquarische Pressgläser und Pflanzen. Und dann ist da noch der Holzdackel, mindestens antiquarisch, wenn nicht schon historisch. Den hat Beate Berroth 1974 in Berlin, wo sie ein Jahr lang Lehrerin war, vor dem Müll gerettet und seither ist er ihr Begleiter. So oft wurde sie gefragt, ob der Holzhund zu haben sei, aber sie konnte sich davon nicht trennen. Nun hatte sie eine Idee: Sie lässt den Holzdackel kopieren.
Demnächst wird in ihrem Laden sogar eine Bilderausstellung stattfinden. Es handelt sich um Werke eines Maltreffs für körperlich und geistig behinderte Erwachsene aus dem Haus „Antonius“ in Laupheim.