Aus einem Leben nach Plan wurde erst ein planloses Leben, um dann ein Leben nach einem ganz anderen Plan zu werden. So lässt sich das Leben von Elisabeth Haugg zusammenfassen: Es ist die Geschichte einer Frau, die mit ihrem bürgerlichen Dasein und der Schulmedizin brach, die in der Südsee beinahe Häuptlingsgattin wurde und inzwischen in Ulm als Ärztin praktiziert – nach homöopathischer Lehre.
Elisabeth Haugg hat nach dem Abitur 1969 Psychologie in Heidelberg studiert, danach in München ein Medizinstudium draufgesattelt mit dem Schwerpunkt Innere Medizin, und dieses 1980 mit einer Promotion abgeschlossen. Doch trotzdem war sie nicht zufrieden, die Realität der Arbeit im Krankenhaus sah anders aus, als sie sich das vorgestellt hatte. Der Klinikalltag frustrierte sie.
Eines Abends hat sie im Freundeskreis aus Scherz gesagt: „Ich gehe nach Tonga.“ Der Inselstaat im Südpazifik, der zu Polynesien gehört, war zunächst ein Hirngespinst. Doch eines Tages machte sie ernst und kündigte ihren Job. Ihre Freunde hielten sie für verrückt. Elisabeth Haugg verkaufte ihr Auto und löste die Wohnung auf. Mit 10.000 Mark im Geldbeutel ging sie zum Flughafen und nahm den nächsten freien Flug. Sie hatte kein festes Ziel; wenn es ihr irgendwo nicht mehr gefiel, zog sie einfach weiter. Nach Stationen in London, USA und Hawaii landete sie schließlich in Rarotonga im Südpazifik.
Mitten in der Nacht kam sie in dort an und wurde überraschend mit der Frage begrüßt, ob sie Ärztin sei. Warum sie so empfangen wurde, klärte sich bald: Ein englischer Professor hatte eigentlich einen Arzt erwartet. Der kam aber nicht – und so bekam Elisabeth Haugg völlig überraschend ein Stellenangebot von der Weltgesundheitsorganisation WHO. Sie arbeitete an einer Studie über Diabetes mit und fand den erträumten Kontakt zu den Einheimischen. Bei Festen war die Deutsche immer dabei, ein Häuptling machte ihr sogar einen Heiratsantrag, den sie aber ablehnte.
Das WHO-Projekt war befristet, sie bekam ein weiteres Projekt in Kiribati angeboten. Obwohl diese Insel als „Mörderinsel“ verschrieen war, nahm sie die Stelle an. Und es wurde nicht schlimm: Wieder wurde sie herzlich aufgenommen. Das Einzige, was die Bewohner störte, war, dass Haugg lediglich einen Namen hatte. Nach den dortigen Traditionen hat jeder Mensch zusätzlich zum Namen noch einen eigenen Tanz. Also bekam sie einen Lehrer zugewiesen, der mir ihr einen persönlichen Tanz erarbeitete. „Mir fiel auf, dass die Gesellschaft anders, aber gut funktionierte. Die Menschen nahmen alle mit, auch Außenseiter“, berichtet sie im Rückblick.
Nach einem Jahr in der Südsee kehrte Elisabeth Haugg nach Deutschland zurück und arbeitete wieder als Ärztin. Doch die Erfahrungen, die sie im Südpazifik gemacht hatte, hatten ihrem Denken eine Wende gegeben. „Als Medizinstudentin hatte ich die Homöopathie belächelt, aber nun interessierte mich das Thema.“
Sie arbeitete sich ins Thema ein, eröffnete am Starnberger See eine eigene Praxis, arbeitete nebenberuflich als Klinikärztin. Allerdings ging das nicht lange gut, da ihre homöopathischen Ansätze wurden von den Kollegen nicht akzeptiert.
Seit 1991 hat Elisabeth Haugg ihre Praxis in Ulm. Sie behandelt ihre Patienten konventionell und homöopathisch nach Samuel Hahnemann. Sie will nicht einzelne Symptome behandeln, sondern den Menschen als Ganzes erfassen, als „Einheit von Geist, Körper und Seele“.
Die 67-Jährige hat diesen Schritt nicht bereut. „Wäre ich auf meinem beruflichen Weg geblieben, hätte ich einen Porsche vor der Tür und einen Swimmingpool hinterm Haus.“ Aber sie ist zufrieden mit ihrem Kleinwagen und dem Reihenhaus. An Rente denkt sie nicht: „Ich habe einen Schatz von 30 Jahren Erfahrung, da mag ich doch nicht aufhören.“ Dazulernen will sie aber immer noch: Darum hat sie vor drei Jahren eine Ausbildung zur Notfallseelsorgerin begonnen.
Homöopathischer Arzt ist ein „Heilkünstler“
Definition Homöopathie ist eine alternativmedizinische Behandlungsmethode, die auf den ab 1796 veröffentlichten Konzept des deutschen Arzts Samuel Hahnemann beruht. Für ihn ist Krankheit eine „krankhafte Verstimmung des Lebensprinzips“, die der Arzt als „Heilkünstler“ anhand der Symptome erkennt und beseitigt. Seine Grundannahme ist das Ähnlichkeitsprinzip: Ein homöopathisches Arzneimittel wird so ausgewählt, dass die Inhaltsstoffe der Grundsubstanz unverdünnt an Gesunden ähnliche Symptome hervorrufen wie die, an denen der Kranke leidet.
Arzneimittel Zur Herstellung der homöopathischen Arzneimittel werden die Grundsubstanzen einer Verdünnung, der so Potenzierung, unterzogen. Sie werden werden wiederholt (meist im Verhältnis 1:10 oder 1:100) mit Wasser oder Alkohol verschüttelt oder mit Milchzucker verrieben.