Es ist 15.43 Uhr am vergangenen Samstag im Gottlieb-Daimler-Stadion in Stuttgart: VfB-Spieler Erik Thommy  bekreuzigt sich, dann nimmt er einen imaginären Pfeil aus dem Köcher und feuert ihn in Richtung Cannstatter Kurve. Mit dem Pfeil-Torjubel, den er sich als Jugendlicher beim ehemaligen kroatischen Fußballstar Mladen Petric abgeschaut hat, feiert der 23-Jährige seinen ersten Bundesligatreffer.
70 Kilometer entfernt in Nellingen registriert auch Bruno Wanderer freudig das Tor. Wanderer ist als Scout im Nachwuchsbereich des FC  Bayern München tätig. Dass er ein Näschen für talentierte Jungfußballer hat, zeigt auch der Fall Erik Thommy. In der Winterpause vom FC Augsburg zum VfB Stuttgart gekommen, hat sich der gebürtige Ulmer mit seinen erfrischenden Auftritten in die Stamm­elf von Trainer Tayfun Korkut gespielt. Der Flügelspieler ist für alle Freistöße und Eckbälle zuständig.  Mit seinem Treffer am Samstag  gegen Eintracht Frankfurt avancierte Thommy zum Matchwinner und schoss sich ins Blickfeld der Medien – das SWR interviewte ihn für „Sport im Dritten“, die Bild-Zeitung und der Kicker schrieben Aufmacher über ihn.
Bruno Wanderer holte Erik Thommy 2002 vom SV Klein­beuren zum SSV Ulm 1846 – „den Tipp gaben mir seine Großeltern, die auf dem Ulmer Eselsberg wohnen“.  Und in der Tat: Der kleine Erik verstärkte auf Anhieb das von Wanderer trainierte Nachwuchsteam der Ulmer. Unter Beweis stellte der bei Burgau wohnende Thommy seine fußballerischen Fähigkeiten auch in der Heimatgemeinde seines Trainers – in Nellingen.
Dort etablierte Wanderer in den Jahren 2005 bis 2010 ein U-12 Turnier in der damals neuen Sporthalle. Dank seiner Kontakte kamen Mannschaften wie Bayer Leverkusen, Eintracht Frankfurt oder der VfB Stuttgart mit ihren Jungspielern auf die Schwäbische Alb.  Darunter waren auch einige, die heute jeder kennt: Timo Werner, Rani Khedira und Matthias Ginter.

Hochkarätige Turniere

Erik Thommy kann sich noch gut an Nellingen erinnern, wo er mehrere Jahre hintereinander mit dem SSV Ulm zu Gast war. „Das waren immer hochkarätig besetzte Turniere.“  In Nellingen konnte man sich gegen die Nachwuchsspieler der Profimannschaften messen – für den damaligen Ulmer eine ganz besondere Erfahrung. Auch die lockere, fast familiäre Atmosphäre, in der man auch mit den anderen Spielern in Kontakt kam, sind Thommy noch in guter Erinnerung.
Wanderer lobt seinen einstigen Zögling, mit dem er nach wie vor in Kontakt steht. „Der ist immer bodenständig geblieben. Ein toller Junge, der seinen Weg machen wird.“

Bundesligadebüt schon mit 19 Jahren

Erik Thommy  spielte von 2002 bis 2009 beim SSV Ulm. Mit 15 Jahren wechselte er über den SV Thannhausen in die Jugendabteilung des FC Augsburg. Im Februar 2014 machte er – inzwischen 19 Jahre alt – sein erstes Bundesligaspiel für die Augsburger. Beim 0:1 gegen den 1. FC Nürnberg wurde Erik Thommy in der 82. Minute eingewechselt und hatte kurz vor dem Ab­pfiff mit einem Freistoß sogar die Chance zum Ausgleich. Nur eine Großtat von Club-Keeper Raphael Schäfer verhinderte Thommys ersten Bundesligatreffer. Dieser fiel erst vier Jahre später. Von 2015 bis 2017 wurde Thommy ausgeliehen – zuerst nach Kaiserslautern, dann zu Jahn Regensburg. Zu Beginn der Saison kehrte er nach Augsburg zurück und lief sechsmal für die Fuggerstädter auf.
In der Winterpause kam er zum VfB Stuttgart. Den Wechsel bezeichnet Thommy als einen „Schritt in eine neue Umgebung und eine große Herausforderung, auf die ich mich riesig freue“. Nicht erst seit Samstag freuen sich auch die VfB-Fans über den technisch versierten Winterzugang.