Wenn man am frühen Nachmittag mit Blick auf die Europastraße im Pfuhler Ried steht, dann braucht man die vorbeifahrenden Autos und Laster nicht zu zählen: Man sieht auch so, dass die B 10 nicht gerade überlastet ist. Das haben am Montag vor Ort Mitglieder der Bürgerinitiative für das Pfuhler Ried und Grüne rund um den Vorsitzenden der bayerischen Landtagsfraktion Ludwig Hartmann festgestellt. Weil die Europastraße aber vor allem zu den Stoßzeiten stark befahren ist, soll sie zwischen dem Autobahnanschluss Nersingen und der Breitenhofstraße in Neu-Ulm autobahnähnlich ausgebaut werden, wogegen der BUND Naturschutz klagt (wir berichteten).
Von der Verbreiterung betroffen ist auch Landwirt Siegfried Miller. „Wenn der Kollege (Landwirt Armin Nusser, Anm. d. Red.) nicht mitgeklagt hätte, dann hätte ich selbst geklagt.“ Gegen den Maximal-Ausbau auf 31 Meter Breite ist er so oder so. 40 Hektar Fläche würden versiegelt.

„Wir sind nicht in München“

Zwar geht es bei Miller nur um rund 600 Quadratmeter Land. Doch weil er mit seinem Traktor nicht mehr auf der B 10 fahren dürfte, müsste er in Zukunft viele Kilometer Umwege in Kauf nehmen. Miller ist der festen Überzeugung, dass eine Ertüchtigung des Autobahnanschlusses in Nersingen ausreichen würde, um den Stau zur Rush-Hour in den Griff zu kriegen. „Wir sind hier in Neu-Ulm und nicht in München.“ Eines stößt ihm besonders auf: Vom zuständigen Staatlichen Bauamt Krumbach habe noch niemand die Bauern auch nur gefragt, ob sie ihr Land überhaupt verkaufen wollen.
Hartmann will, dass in Bayern weniger Flächen verbraucht, also für Gewerbe, Industrie und Parkplätze weniger Felder und Wiesen zubetoniert werden. Weil seine Partei in München aber nicht mitregiert, soll per Volksbegehren eine Obergrenze errungen werden: Höchstens 5 Hektar Flächenverbrauch am Tag – derzeit sind es mehr als 13 Hektar. An der Spitze steht dabei die Regierung von Schwaben mit allein beinahe 3 Hektar. Der Umgang mit Flächen spiele auch deshalb eine entscheidende Rolle, weil mehr als die Hälfte aller Tier- und Pflanzenarten in Bayern vom Aussterben bedroht seien. Hartmann will deshalb „eine Politik, die denkt, bevor der Bagger kommt“.
Vielleicht würden dann auch weniger Felder unter Wasser stehen, so wie am Montag, als die Politiker sich nasse Füße holten. Siegfried Miller ist sicher: „Die Situation wird nicht besser, wenn die Straße gebaut wird. Dann sickert noch weniger ab.“ Dabei brauche man bei immer mehr Starkregen-Ereignissen ausreichend Flächen, um Wasser zurückhalten zu können, sagt auch Hartmann. Ganz abgesehen davon, dass zum Land Landwirte gehörten, die Nahrungsmittel produzieren sollen – „die brauchen auch Fläche“.
So einig sind sich Grüne und Landwirte sonst eher selten. Hartmann und Miller winken ab: „Bei manchen Sachen diskutieren wir noch...“, sagt Hartmann, und Miller beendet den Satz: „...aber beim Flächenverbrauch sind wir uns einig.“