Drei Paar olivgrüne Socken, drei Unterhemden, drei Hosen, drei Jacken mit Flecktarnmuster und eine Feldmütze nimmt Christian Zilinski in Empfang. „Ich komme mir vor wie ein Rekrut bei der Ersteinkleidung“, sagt er und muss schmunzeln. Dabei hat sich der 31-Jährige aus triftigem Grund bei der Bundeswehr zurückgemeldet. Der Stabsunteroffizier aus Dornstadt-Temmenhausen ist einer von mehr als 1000 Reservisten mit medizinischer Ausbildung, die sich bereit erklärt haben, in der Corona-Krise auszuhelfen. Vor zwei Wochen hatte das Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr den entsprechenden Aufruf veröffentlicht. Reservisten sollten sich freiwillig melden, um das Stammpersonal der fünf Bundeswehrkrankenhäuser zu entlasten.

80 Reservisten werden erwartet

Im Bundeswehrkrankenhaus (BWK) in Ulm sollen etwa 160 dieser Freiwilligen mitarbeiten. Die ersten knapp 80 sind am Mittwoch und Donnerstag in der Rommel-Kaserne in Dornstadt eingetroffen. Dort ist das Sanitätsregiment 3 „Alb-Donau“ stationiert, das die so genannte Einschleusung der Männer und Frauen aus Baden-Württemberg, Bayern und dem Saarland übernimmt. Etwa 80 weitere Reservisten werden laut Presseoffizier Hauptmann Daniel Lamparska in der nächsten Woche erwartet.
Zuerst müssen die Freiwilligen im Alter von Anfang 20 bis Ende 50 einigen Papierkram erledigen, bevor es mit dem Bus zum Bundeswehr-Dienstleistungszentrum auf dem Gelände der Bleidorn-Kaserne nach Ulm geht. Dort erhalten die Freiwilligen ihre Uniform und Stiefel. Danach geht es zurück in die Rommel-Kaserne, wo Kommandeur Oberstarzt Dr. Ingo Weisel die Männer und Frauen im Dienstgrad Gefreiter bis Oberstarzt begrüßt. Er bedankt sich für die Solidarität und die Entscheidung, auf Zeit wieder in der Bundeswehr zu dienen: „Jetzt werden wir schauen, wo Sie am besten ins Puzzle passen.“ Die meisten haben sich dazu verpflichtet, die Uniform für vier Wochen anzuziehen, mit der Option, zu verlängern, wenn weiterhin Bedarf besteht.

Vom Arbeitgeber freigestellt

Einer der Freiwilligen ist Dr. Klaus Locke aus Wernau im Kreis Esslingen. Der 57-Jährige, Dienstgrad Gefreiter, hatte Anfang der 1980er-Jahre Pershing-Raketen in Lagerlechfeld bei Augsburg bewacht, nun möchte der promovierte Chemiker das BWK unterstützen. Sein Arbeitgeber in Reutlingen habe ihn dafür freigestellt: „Wenn ich mich für die Allgemeinheit einsetzen kann, helfe ich gerne.“
Stabsunteroffizier Christian Wolf aus Singen (Keis Konstanz) war bis vor zehn Jahren bei den Fernmeldern in Sigmaringen stationiert und hilft nun als Krankenpfleger aus. Eine entsprechende Ausbildung hat er während seiner Zeit bei der Bundeswehr absolviert. „Ich bin inzwischen im IT-Bereich tätig. Jetzt freue ich mich, dass ich wieder als Pfleger arbeiten kann“, sagt er.
Mike Brunner war bei der Bundeswehr in Calw als Rettungssanitäter eingesetzt. Inzwischen arbeitet der Stabsunteroffizier der Reserve als Fahrlehrer. Zur Zeit darf aber nicht geschult werden, „und zu Hause nur rumsitzen ist nicht meine Sache“. Deshalb habe er beschlossen, sich in den Dienst der guten Sache zu stellen.
Auch Christian Zilinski war als Rettungssanitäter bei der Bundeswehr. Er betritt in Dornstadt bekanntes Terrain, denn bis vergangenes Jahr war er in der Rommel-Kaserne beim Sanitätsregiment 3 stationiert. Inzwischen studiert der 31-Jähige und will die Zeit ohne Vorlesungen sinnvoll überbrücken.

Hotelzimmer statt Stube in der Kaserne

In der Rommel-Kaserne sind zur Zeit keine Betten frei, daher beziehen die meisten Freiwilligen Einzelzimmer in einem Hotel. Mit einem Bundeswehr-Bus werden sie täglich zu ihrem Dienstort auf dem Oberen Eselsberg gebracht.
Das Dornstadter Sanitätsregiment selbst hat etwa 30 Soldaten zur Unterstützung ans Ulmer BWK abgestellt und der Intensivstation sieben Beatmungsgeräte überlassen.

Bundeswehr hofft auf weitere Freiwillige

Aufruf Das Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr sucht weiterhin Reservisten aus dem Sanitätsdienst für die personelle Verstärkung der fünf Bundeswehrkrankenhäuser Ulm, Koblenz, Hamburg, Berlin und Westerstede. Gesucht werden: Fachkräfte für die Intensivpflege, die Krankenpflege, den Notfallsanitätsdienst sowie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in medizinischen Laboren und in der Pharmazie. Interessenten können sich unter Angabe des gewünschten Einsatzortes und des möglichen Zeitraumes per E-Mail unter kdosandstbwr[email protected] oder unter Tel. (0261) 89 63 24 44 melden.