Viel Hirnschmalz haben alle Beteiligten investiert: Die 81. Auflage des Gaildorfer Pferdemarkts sollte gut werden, richtig gut. Viele Besucher bestätigten am Ende diesen Anspruch. Auch Bürgermeister Frank Zimmermann und Martin Zecha, Vorsitzender des Pferdemarktausschusses, waren sehr zufrieden: Was in den vier Veranstaltungstagen geboten war, hat landesweit für Aufsehen gesorgt – im positiven Sinn. Allein am Montag waren mehr als 25 000 Besucher gekommen, um die Vielfalt im Programm zu erleben.
„Der Umzug war sehr gut. Ich glaube, den Leuten hat’s richtig gut gefallen.“
- Raimund Horbas, Leiter des städtischen Ordnungs- und Kulturamts
- Raimund Horbas, Leiter des städtischen Ordnungs- und Kulturamts
Nun wollen die Verantwortlichen Bilanz ziehen, Anspruch und Wirklichkeit miteinander vergleichen und gegebenenfalls nachsteuern, wo Bedarf besteht und wo es Sinn macht. Dies soll am kommenden Dienstag geschehen. Dann werden sich Vertreter von Stadtverwaltung und Pferdemarktausschuss zusammensetzen – nicht nur um sich gegenseitig auf die Schulter zu klopfen, sondern auch selbstkritisch das, was nicht so „rundlief“, genau analysieren.
Thema wird mit Sicherheit der in diesem Jahr auf 7.30 Uhr vorgezogene Zeitpunkt für die Stutenprämierung sein. Diese Neuerung dürfte kaum Bestand haben: Zum Leidwesen der vielen Pferdezüchter gab es kurz nach Sonnenaufgang kaum Publikum auf der Kocherwiese.
Anders beim Umzug, der laut Umfrage unserer Zeitung wieder vielfältiger, bunter und – was die satirische Komponente der Themenwagen anbelangt – auch erneut pfiffiger daherkam. Eine Besucherin aus Fornsbach, die nach eigenem Bekunden seit fast 40 Jahren den Gaildorfer Pferdemarkt besucht, geriet gar ins Schwärmen: Das Ganze habe wieder „mehr Pep“. Sehr zufrieden äußerte sich gestern auch Ordnungs- und Kulturamtsleiter Raimund Horbas: „Der Umzug war sehr gut.“ Und er habe den Eindruck gewonnen: „Den Leuten hat’s richtig gut gefallen!“
Mit Abstrichen versteht sich: Viele kritische Stimmen klagten etwa über die viel zu laute Musik, die von einem Vereinswagen aus die Umgebung beschallte und selbst die eine oder andere Musikkapelle übertönte. Nachhaltigen Ärger verursachte eine Gruppe, die von ihrem Wagen aus Konfetti und Unmengen gehäckseltes Stroh ins Publikum blies. Viele Anlieger, die gestern Vormittag mit Besen und gar Staubsauger dabei waren, die unliebsame Hinterlassenschaft, in der sich auch Einwegbecher, Getränkedosen und anderer Verpackungsmüll fanden, vor ihrer Haustür zu beseitigen, machten ihrem Ärger Luft: „Das ist einfach nur dumm“, bedauerte eine Geschäftsfrau. Und doch: Schön sei er wieder gewesen, der Pferdemarkt.
Den Löwenanteil an Arbeit freilich hatte gestern das Team von Steffen Munz, Leiter des städtischen Baubetriebshofs, zu leisten: Absperrungen aufräumen, die Kocherwiese vom Sägemehl befreien, das den „Laufsteg“ der Stuten markierte, und vor allem die Straßen, Gehwege und Plätze säubern. Besonders von den gepflasterten Flächen ließen sich die Konfetti-Reste nur mit Mühe entfernen.
Tageseinnahmen gestohlen
Aufgegangen zu sein scheint das in Zusammenarbeit mit Polizei, Feuerwehr und Rotem Kreuz erarbeitete städtische Sicherheitskonzept. Neben den üblichen alkoholbedingten Rangeleien rund um die Körhalle und einigen Blockaden durch Falschparker gab es kaum Zwischenfälle während der Veranstaltungstage. Zwei Unfälle mit Blechschaden, zwei angezeigte Diebstähle – ein Markthändler wurde kurz vor Schluss um seine Tageseinnahmen erleichtert – und kleinere Sachbeschädigungen sind bislang bekannt geworden.
Dass spätestens zum großen Umzug die Innenstadt mit großen Fahrzeugen abgeriegelt und nicht mehr angefahren werden konnte, ist letztlich Teil der Lehren, die aus dem Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin gezogen wurden. Verständnis hatte das Gros der Besucher auch dafür, dass ein Sicherheitsdienst vor und in der Körhalle das vor allem in der Schlussphase ausgelassene Treiben im Auge behielt.
Anno dazumal: Manöverkritik beim Kirchenmetzger
Einst und heute Bilanz ziehen, das Positive hervorheben, aber auch das Negative beim Namen nennen – das ist seit Bestehen des Gaildorfer Pferdemarkts, der 1928 aus der Taufe gehoben wurde, obligatorisch. Am kommenden Dienstag wollen sich Stadtverwaltung und Pferdemarktausschuss zusammensetzen und kritisch die 81. Auflage des größten Volksfestes im Limpurger Land analysieren. Das war früher, als der organisatorische Rahmen des Pferdemarkts noch überschaubarer war und sich das Geschehen hauptsächlich auf den Montag konzentrierte, nicht anders. Aber vielleicht unverbindlicher: Diejenigen, die das Sagen hatten, trafen sich bis Ende der 1980er-Jahre gleich am „Tag danach“ mit weiteren Honoratioren beim Kirchenmetzger zur Manöverkritik. Traditionell gab es dazu saure Kutteln und Selbstgebranntes. Nicht selten entwickelte sich aus einer solchen Sitzung eine spontane, den ganzen Tag ausfüllende Fortsetzung des Pferdemarkts in geselliger Runde. Später war dann der Gasthof Löwen Treffpunkt. kmo