Ein festlich geschmückter Weihnachtsbaum steht im Wohnzimmer. Im ganzen Haus duftet es nach Plätzchen, dazwischen mischt sich der Geruch von Kartoffelsalat und Würstchen. Am Abend wird gemeinsam mit der Familie gegessen, davor oder danach steht der Besuch des Gottesdienstes an. Es wird gemeinsam gesungen. Am Abend bringt das Christkind, das sich mit einem Klingeln ankündigt, die Geschenke. Die Kids packen aus und der Tag klingt langsam aus – ein typisch deutscher Heiligabend.
Italien: Fisch statt Fleisch
Ähnlich wird auch in Italien gefeiert, berichtet Giuseppe Cuviello. Der 52-Jährige wohnt in Igersheim, kommt aber ursprünglich aus Basilikata in Süditalien. „Bei uns trifft sich die Familie auch bereits am 24. Dezember. Das große Weihnachtsfest steigt allerdings erst am 25. Dezember“, erzählt er. Doch während in Deutschland oft fleischhaltige Speisen auf den Tisch kommen, verzichten die Italiener an diesem Tag komplett auf Fleisch – stattdessen gibt es Fisch. „Meine Mutter macht sich deshalb schon früh morgens auf den Weg zum Fischhändler. Abends gibt es dann eine große Auswahl an Gerichten, wie beispielsweise Suppe, Gemüse oder Meeresfrüchte.“ Gegen 23 Uhr steht dann der Besuch in der Kirche an. An Weihnachten selbst kommt die ganze Familie zusammen: Eltern, Großeltern, Tanten, Onkel, Nichten und Neffen. Zum Mittagessen wird bei Giuseppe oft Lamm serviert. „Als ersten Gang gibt es bei uns aber immer Lasagne“, sagt er. Käse, Nüsse, Trauben und natürlich Wein stehen ebenfalls auf der Speisekarte. „Als Nachtisch gibt es immer ,Panettone‘, einen Kuchen. Das ist in ganz Italien Tradition.“
Wichtig ist für Italiener auch die Krippe, sie werde oft lange vor dem Fest aufgebaut und bleibt bis zum 6. Januar stehen, erzählt der 52-Jährige. „Das Christuskind wird allerdings erst am 25. Dezember in die Krippe gelegt.“ Geschenke gibt es ebenfalls erst an diesem Tag, sie werden vom Christkind gebracht. „In manchen Familien kommt auch ,Babbo natale‘, der Weihnachtsmann. Außerdem gibt es in Italien noch die Hexe ,Befana‘. Sie bringt am Dreikönigstag die Geschenke.“ Für Giuseppe ist das Weihnachtsfest immer wieder eine große Freude. Er reist jedes Jahr nach Italien, um bei seiner Familie zu sein. „Es kommen alle zusammen, lachen und essen zusammen und genießen eine gute Zeit. Das ist einfach schön.“
Venezuela: Feuerwerk und Eierlikör
Auch in Venezuela dreht sich an Weihnachten alles um die Familie, wie Fares Rivas erzählt. Der Spanisch-Dozent kommt ursprünglich aus Monagas in Venezuela und lebt seit etwa einem Jahr in Crailsheim. „In meinem Heimatland trifft man sich am 24. Dezember und feiert bis in die Nacht hinein. An Mitternacht wird auch ein Feuerwerk veranstaltet, um die Ankunft des Christkindes zu feiern“, erzählt der 29-Jährige. Die Geschenke bringt „niño jesus“, das Christkind. Unter den Erwachsenen wird gewichtelt.
Wenn Fares vom Weihnachtsfest in Venezuela erzählt, läuft ihm schon das Wasser im Mund zusammen. Denn auch in Südamerika kommen allerlei Leckereien auf den Tisch. „Ein Muss an Weihnachten sind Hallacas. Das Gericht besteht aus einer Füllung aus Fleisch, Gemüse und einem Teig aus Maismehl, die in ein Bananenblatt gewickelt und in Wasser gekocht wird.“ Daneben dürfe auch das „pan de jamón“, ein Schinkenbrot, sowie der „ensalada de gallina“, ein Salat mit Hähnchenfleisch beim Weihnachtsessen nicht fehlen. Typisch venezolanisch ist auch ein Eierlikör namens „ponche de crema“.
Dieses Jahr kann Fares zum zweiten Mal in Folge Weihnachten nicht mit seiner Familie in Venezuela verbringen. Stattdessen reist er mit seiner Schwester an den Feiertagen nach Istanbul und besucht Freunde. „Es wird nicht das Gleiche sein ohne meine ganze Familie und die Bräuche. Aber ich habe schon mit meiner Schwester ausgemacht, dass wir am 25. Dezember Hallacas zubereiten. So kommt bei uns definitiv Weihnachtsstimmung auf!“
Griechenland: Späte Bescherung
„Dass wirklich die ganze Familie zusammenkommt – von den Großeltern bis hin zu den Enkeln und Urenkeln–, das ist für mich immer das Allerschönste an Weihnachten“, sagt Georgios Karpouchtsis. Das gemeinsam gegessen wird, ist auch in Griechenland am 24. Dezember fest verankert. „Aber erst, nachdem man den Gottesdienst besucht hat“, unterstreicht er. Im Heimatland seiner Familie spielt die Religion eine große Rolle an Weihnachten. „Es ist das zweitwichtigste religiöse Fest.“ Zu den typischen Bräuchen in Griechenland gehört eine 40-tägige Fastenzeit. „Die beginnt traditionell am 15. November und endet nach dem Gottesdienst am 24. Dezember“, berichtet der Künzelsauer. Und was kommt Heiligabend auf den Tisch? „Eine traditionelle Suppe mit Innereien.“
Während in Deutschland die Kinder an diesem Abend gespannt aufs Glöckchen des Christkinds warten, müssen sich die Kinder in Griechenland noch etwas länger gedulden. Erst in der Silvesternacht bringt der Heilige Basilius die Geschenke. Ausgepackt wird am 1. Januar, dem Namenstag des Heiligen. „Wobei mittlerweile die Geschenke oft schon am 25. Dezember aufgemacht werden.“ Und auch das Festessen wurde um deutsche Spezialitäten erweitert. „Neben der Suppe gibt‘s bei uns gefüllte Gans mit Beilagen wie Reis und Kartoffeln“, so Georgios. In diesem Jahr wird Weihnachten für ihn und seine Ehefrau Sabrina aus einem weiteren Grund ganz besonders sein: Es ist das erste Fest mit ihrem kleinen Sohn Michail.
Brasilien: Mitternachts in den Pool
Zwar nicht typisch brasilianisch, dafür aber inzwischen schon Tradition in der Familie von Thaís Federsoni, ist es um Mitternacht in den Pool zu springen. „Es ist an Weihnachten einfach immer sehr warm in Brasilien“, erklärt sie. „Der Sprung ins kühle Nass war für mich dann immer der Höhepunkt. Meine Geschwister, Cousins und ich haben regelrecht auf Mitternacht hingefiebert.“ Der übrige Tag unterscheidete sich hingegen nur wenig von dem anderer Familien in Brasilien.
Schon am Nachmittag treffen sich dort Familie, Freunde und Nachbarn zum Kochen und Schmücken. „Weihnachten bedeutet bei uns immer, dass sehr viele Menschen zusammenkommen“, so Thaís. Gegessen werde in manchen Familien kurz vor Mitternacht. Zu diesem späten Zeitpunkt findet auch erst die Bescherung statt. „Die Geschenke bringt der Weihnachtsmann“, erinnert sich die Crailsheimerin. Die legt er aber nicht etwa unter einen Tannenbaum. „Manche Familien haben zwar einen echten Baum, viele schmücken aber auch einfach eine Palme“, berichtet Thaís. Den Mitternachtsgottesdienst zu besuchen, ist für viele religiöse Brasilianer ebenfalls fester Bestandteil am Heiligen Abend. „In meiner Familie ist das nicht üblich. Wir genießen es dafür, den ganzen Tag zusammen verbringen zu dürfen.“ Und dabei natürlich besondere Spezialitäten zu vertilgen: Meist gibt es Pute, den Geflügelsalat „Salpicão“ mit Äpfeln, Reis mit Rosinen und zum Nachtisch Panettone und die brasilianischen Süßigkeiten „Docinhos“.
Inzwischen kennt Thaís auch die deutschen Traditionen. Die Capoeira-Trainerin des TSV Crailsheims hat die Festtage schon häufig bei den Schwiegereltern verbracht. Da gehe es dann so zu: „Das Christkind bringt die Geschenke und am ersten Feiertag essen wir Ente mit Blaukraut und Kartoffelknödeln.“
Georgien: Sehr bescheidenes Fest
Rinderroulade, Gans, Blaukraut, Knödel – das ist es auch, wovon Manoni Tsiklauri und Irma Weiss schwärmen, wenn sie über das deutsche Weihnachten sprechen. Beide kamen vor rund fünfzehn Jahren als Au-Pairs nach Deutschland. „Mein erstes Weihnachten in der Familie hat mich geschockt – aber im positiven Sinne“, erinnert sich Manoni, die ein Café in Hessental betreibt. Und Irma, ihre Freundin aus Kindheitstagen, bekräftigt: „Das hat mich bis heute geprägt, weil einfach alles so schön war.“ Für die beiden Frauen waren allen voran der opulente Schmuck sowie die Bescherung ein echter Kulturschock. „Wir kommen aus Georgien. Dort wird Weihnachten sehr viel bescheidener gefeiert“, so Manoni. Da dort zudem der julianische Kalender Anwendung findet, wird erst am 7. Januar das Weihnachtsfest begangen. „Alle gehen gemeinsam in die Kirche und es gibt ein besonderes Essen. Manchmal bekommen die Kinder außerdem Süßigkeiten“, berichtet Irma. Gemeinsam mit der Familie zusammenzusitzen, das ist in Georgien nicht üblich. „Genauso wenig wie die Bescherung“, erinnert sich Manoni.
Seit sie in Deutschland leben, verbringen die Freundinnen die Festtage zusammen. „Wir feiern dann schon moderner. Mein Sohn soll die deutschen Traditionen mitbekommen“, erläutert Manoni. Am 7. Januar kommen sie dann aber auch nochmal zusammen, um gemeinsam georgisch zu kochen. Wie „richtiges Weihnachten“ fühlt sich dieser Tag für die beiden jedoch nicht mehr unbedingt an. „Meist erlebt man die Feiertage dann doch so, wie sie im jeweiligen Land zelebriert werden“, findet Irma.
USA: Thanksgiving ist wichtiger
Für Frank Kraft wird Weihnachten 2022 hingegen ganz anders als in den vergangenen Jahren. In den zurückliegenden 18 Jahren feierten er und seine Familie das Fest in Kentucky. 2004 wanderten Frank und seine Frau Petra in die USA aus. In diesem Sommer kehrten sie wieder zurück nach Deutschland, um näher bei ihren Familien zu sein. „Natürlich wird Weihnachten auch in Amerika gefeiert, allerdings zählt es zu den kleineren Festen. Thanksgiving oder der vierte Juli sind bedeutend größer“, weiß der 47-Jährige. Gefeiert werde meist nur im kleineren Kreis, ein typisches Weihnachtsessen gebe es nicht. In den USA bringt der Weihnachtsmann, „Santa Clause“, bekanntlich die Geschenke. Er steigt in der Nacht zum 25. Dezember über den Kamin ins Haus und legt sie unter den Baum. Die Kinder richten ihm, bevor sie zu Bett gehen, einen Teller Kekse und ein Glas Milch hin, beides ist am nächsten Morgen geleert.
„Die amerikanischen Traditionen sind uns bekannt, wir haben das Weihnachtsfest mit unseren Kindern aber immer auf die deutsche Art und Weise gefeiert“, berichtet der Familienvater aus Honhardt. Da Frank ein Ferienhäuschen in Kalifornien besitzt, nutzte die Familie die Weihnachtszeit oft für eine Reise dorthin. „Aber wir haben am Fest auch schon Urlaub in Mexiko oder Costa Rica gemacht.“ Da Weihnachten in den Staaten kein großes Fest ist, sei es auch schwer, am Jahresende abzuschalten. „Es herrscht sehr viel Trubel und viele müssen auch ab dem 26. Dezember wieder arbeiten.“ Generell findet er es schade, dass das Fest in Amerika so kommerzialisiert ist. „Deswegen freue ich mich auch richtig darauf, Weihnachten wieder in Deutschland zu feiern. Hier ist alles sehr besinnlich. Und man kann am Jahresende runterkommen“, schließt er.
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Weihnachtsgrüße mal anders
Wie wünscht man den Protagonisten in unserer Reportage in ihrer Heimatsprache „Frohe Weihnachten?“ Hier sind einige Übersetzungshilfen:
Italienisch: Buon Natale! [buɔn naˈtaːle]
Spanisch: Feliz Navidad! [feˈliθ naβiˈðað]
Englisch: Merry Christmas! [ˈmeri ˈkrɪs(t)məs]
Portugiesisch: Feliz Natal! [feˈliz naˈtau]
Griechisch: καλά Χριστούγεννα (kalá Christoúgenna) [ˈkɑlɑ xrisˈtujena]
Georgisch: შობას გილოცავთ (shobas gilotsavt)