Isabella Uhl-Hädicke von der Universität Salzburg hatte einen langen Tag hinter sich. Am Vormittag im Radio bei Wolfgang Heim in der Sendung „SWR 1 Leute“ zu Gast, verbreitete sie am Abend im Gschwender Bilderhaus erneut irritierende Erkenntnisse aus der Umweltpsychologie. Die Disziplin beschäftigt sich mit dem Wechselspiel zwischen dem Individuum und seiner Umwelt – welche Einflüsse übt die Umwelt auf den Menschen aus, wie wirkt sich im Gegenzug das Verhalten des Menschen auf die Umwelt aus.
Es war auffallend häufig von Ohnmachtsgefühlen und Hilflosigkeit die Rede, wenn es um die Beschäftigung mit bedrohlichen Umweltthemen ging. Aber schon bei der Wahrnehmung von Risiken zeigte Uhl-Hädicke Unterschiede auf. So würden Menschen in den USA die globalen Konsequenzen des Klimawandels schlimmer einschätzen als die lokalen. Grundsätzlich folgte nach solchen Bedrohungslagen eine Schockstarre mit Vermeidungshaltung, lautete die klare Diagnose der promovierten Umweltpsychologin.
Es gibt verschiedene Reaktionen auf Umweltbedrohungen
Die nachfolgend eintretenden Konsequenzen ließen aufhorchen. Als direkte Reaktion auf die Bedrohung sei entweder mit einem klimafreundlichen Verhalten zu rechnen oder mit einem Ethnozentrismus, der Leute und Kulturen mit anderen Ansichten und Haltungen ablehnt. Uhl-Hädicke gab dazu als würzende Dreingabe Handfestes zum Besten. So hätten bei einem Testversuch ethnozentrierte Personen in Fällen einer gefühlten Bedrohung die Möglichkeit ergriffen, Andersdenkende durch besonders intensive Tabasco-Gaben ins vorbereitete Essen aufs Schärfste zu bestrafen. Umweltfreundliche Menschen würden angesichts der Bedrohung in der Regel auf direktem Weg ein klimafreundliches Verhalten an den Tag legen. Die Psychologin konnte aus diesen Mechanismen ableiten, dass bei bedrohlichen Klimawandelerfahrungen die eigentliche Handlungsebene verlassen wird, was zu politisch-sozialen Spannungen führen kann.
In systematischer Analyse nahm sie diverse Werteeinstellungen beim Umgang mit bedrohlichen Umweltthemen aufs Korn, die zu berücksichtigen seien. Die Menschen hätten die Wahl, egoistisch, hedonistisch, altruistisch oder biosphäristisch zu handeln, um ihr Bedrohungsdilemma zu lösen. Die sich daraus ergebenden Handlungsmöglichkeiten ließ die Referentin in einer Reihe von Tipps für den praktischen Gebrauch münden. So warnte sie davor, bedrohliche Informationen über den Klimawandel unreflektiert über sich ergehen zu lassen, weil dies Ohnmachtsgefühle erzeuge. Besser sei es, mit konkreten Handlungen die Selbstwirksamkeit zu stärken und sich mit den realen Umweltthemen praktisch auseinanderzusetzen. Grundsätzlich müssten nach ihrer Einschätzung die Umweltwerte noch mehr gestärkt werden. Finanzielle Anreize für verbessertes Umweltverhalten würden nur Wirkung zeigen, wenn sie hoch genug angesetzt seien.
Isabella Uhl-Hädicke plädiert für positive Emotionen
„Soziale Normen sind sehr einflussreich“, warnte die Psychologin ihr Publikum. Die Werteeinstellungen der Leute müssten immer mitgedacht werden. Man habe herausgefunden, dass der Verhaltensabgleich des Einzelnen mit dem Nachbarn oder der Umgebung in der Regel zu unerwarteten Verhaltensänderungen führt. In schmuddeliger Umgebung würden 69 Prozent der Leute Müll auf die Straße werfen. Ist es hingegen sauber, seien es nur 33 Prozent. Sie empfahl dazu die Lektüre von „Psychology for a Better World“ von Niki Harré. Zur Abrundung der umfangreichen und gut strukturierten Tipp-Liste empfahl Isabella Uhl-Hädicke, sich auch in Öko-Bedrohungslagen auf die Wirksamkeit positiver Emotionen zu verlassen. Diese seien wichtig, weil wir so offener, belastbarer und kreativer mit Problemen umgehen könnten.
Das Publikum brachte am Ende psychologische Winkelzüge ins Gespräch. Es wurde vermutet, dass der negative Grundton von Greta Thunberg oder die abschreckenden Aufdrucke auf der Zigarettenpackung eher kontraproduktiv seien und das Gegenteil des Gewünschten auslösten. Vor allem Gesetze blieben der beste Hebel, um Veränderungen herbeizuführen, meinte die Psychologin.