Völlig überspitzt wäre die Feststellung, das Gaildorfer Rathaus platze aus allen Nähten, weil sich dort immer mehr Aktenordner mit Unterlagen zur Planung einer Umgehungsstraße stapeln würden. Und doch steckt ein wahrer Kern in der Geschichte: Seit einem halben Jahrhundert bestimmt das Ziel, die Innenstadt durch eine wie auch immer geartete Umgehung zu entlasten, die kommunalpolitische Arbeit.
Erster Hoffnungsschimmer
Sämtliche Bemühungen vor Ort, ungezählte Debatten über eine Trassenführung, Verkehrszählungen und -gutachten oder Konzeptvorschläge seitens des Gemeinderats oder der Stadtverwaltung schienen dem Versuch zu gleichen, die Quadratur des Kreises hinzubekommen. Durch hartnäckiges Nachhaken von Bürgermeister Frank Zimmermann konnte vor fast zwei Jahren etwas Hoffnung aufkeimen.
Erstmals in der unendlich wirkenden Geschichte der Umgehungsstraße nannte das Regierungspräsidium Stuttgart eine Jahreszahl: 2027 könnte, wenn alles glatt läuft, der Verkehr auf der neuen Straße rollen. Das wurde sogar mehrmals bestätigt. Weshalb Gaildorf – parallel zur weiteren Stadtsanierung – auch die vermeintliche Gunst der Stunde nutzte, um sich als Ausrichter einer kleinen Gartenschau 2027 oder 2029 zu bewerben.
Eine der wichtigsten Bedingungen war erfüllt: Die Stadt hat viel Potenzial, um sich im Wortsinn als grüne Kommune weiterentwickeln zu können. Letztlich ausschlaggebend für eine negative Entscheidung des Landes war der Konjunktiv – also die Formulierung, die Ortsumgehung, der durch den aktuellen Bundesverkehrswegeplan ein „vordringlicher Bedarf“ attestiert wird, „könnte“ bis 2027 fertig sein.
In diesem Frühjahr nun wollte das Regierungspräsidium ans Eingemachte gehen und die bisherigen Planungen mit Variantenuntersuchung vorstellen. Dieser Zeitpunkt konnte nicht gehalten werden. Die Behörde leidet dem Vernehmen nach unter akuter Personalnot. Aber auch der Sommer wird vollends verstreichen, bis es weitere Informationen vom Regierungspräsidium gibt – außer dieser, die die Erste Beigeordnete, Tanja Ritter, unlängst an den Gemeinderat weiterleiten musste: Die Vorplanung werde sich um zwei Jahre verzögern.
Längere Variante im Gespräch
Hintergrund: Die neue Straße soll nun nicht, wie ursprünglich vorgesehen, bereits auf Höhe des früheren Jugendhauses in die Bahnhofstraße einmünden, sondern weiter stadtauswärts beim Wertstoffhof. Diese Lösung entspräche einem früheren Wunsch der Stadt. Sorgen indes bereitet allen Beteiligten vor Ort aber eine Variante, die neben der Tunnellösung nördlich des Kochers ebenfalls untersucht wird: eine oberirdische Verkehrsführung auf dem engen Kocherdamm zwischen Fluss und Sportgelände.
Käme diese Lösung zum Tragen, wären sämtliche städtebaulichen Überlegungen für diesen Bereich Makulatur; dann würde der starke Durchgangsverkehr die Innenstadt weiterhin über Gebühr belasten und mit einem Lärmteppich überziehen. Konkret: Die Verkehrsprobleme würden durch die Damm-Lösung nur ein wenig in Richtung Norden verlagert, eine Straße die Innenstadt weiterhin „zerschneiden“.
Warten auf die Vorplanung
Die Hoffnung der Kommunalpolitik konzentriert sich nun auf die Ergebnisse der laufenden Untersuchungen und der „faunistischen“ Erkundung des Geländes, also der Erfassung der Tierarten. Und vor allem darauf, dass die oberirdische Variante – lediglich der (späteren) Rechtssicherheit wegen – mit ins planerische Kalkül gezogen wurde.
Ob nun der Fertigstellungstermin 2027 gehalten werden kann, steht gegenwärtig in den Sternen. Erst nach Abschluss der Voruntersuchung, so das RP Anfang des Monats, könne der Zeitplan aktualisiert werden. Bis dahin will die Behörde keine Aussage treffen.